Der Zauberwürfel: The Irrepressibles in Amsterdam

by - Juni 18, 2011

Ich durfte diese Woche geschäftlich nach Amsterdam reisen, und nachdem der offizielle Teil heute beendet war, habe ich noch das Wochenende "drangehängt". Den heutigen Freitagabend nutzten wir für einen Besuch in der sehr schön am Wasser gelegenen "Muziekgebouw", wo im Rahmen des Holland Festivals die Irrepressibles unter dem Motto "Human Music Box" auftraten, und das an zwei Abenden hintereinander jeweils zweimal.



Der Kartenkauf für dieses Konzert hatte mich im Vorfeld bereits einiges an Nerven gekostet, denn ich durchlief den - komplett in niederländischer Sprache gehaltenen - Bestellprozess zweimal erfolglos, landete bei einer Fehlermeldung und erkannte erst beim zweiten Mal, dass der holländische Text besagte, man habe zwar keine Karten für mich buchen können, aber meine Kreditkarte dennoch belastet.

Eine recht verzweifelte E-Mail an die Hallenbetreiber brachte dann das Ergebnis, dass genau das erfolgt war: Ich hatte vier Karten bezahlt und null bekommen. Das wurde vom Kassenpersonal dann aber schnell, kompetent und englischsprachig richtig gestellt.



Das Holland Festival scheint wohl eher eine kulturell etablierte Veranstaltung zu sein, denn das Publikum umfasste wenige typische Indiepop-Konzertbesucher und dafür viele gesetzte Herrschaften mit weißem Haupthaar. Im Konzertsaal erwartete uns eine würfelförmige Bühnenkonstruktion, auf der sich beim Einlass überraschenderweise bereits die Bandmitglieder befanden - plausibel, weil sie die zentrale Bühne, die von allen Seiten von Sitzreihen umgeben war, sonst nur recht unsportlich und vom Publikum beobachtet hätten erklettern können. Gazevorhänge verbargen die recht regungslosen Gestalten, die noch etwa fünfzehn Minuten ausharren mussten, bevor alle saßen und das Konzert begann.



Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich, dass der Würfel zwei Drehbühnen beinhaltete. Auf der oberen drehte sich der singende und Gitarre spielende Jamie McDermott, auf der unteren drehten sich - teils gegengleich, teils parallel - fünf der normalerweise nis zu neun weiteren Bandmitglieder: Zwei Geigen, ein Cello, ein Kontrabass und eine Dame, die in ihrem Bühnenbereich ein Keyboard, ein Schlagzeug, ein Glockenspiel und eine Klarinette beherbergte und spielte. Diese Musiker standen jeweils vor Spiegeln, so dass die Zuschauer immer nur das sich gerade vor ihnen befindende Bühnenviertel sehen konnten. Die Drehgeschwindigkeit variierte dabei erheblich, so dass man sich bei höherem Tempo manchmal besorgt fragte, ob den Damen und Herren nicht übel wird.



Die Gazevorhänge blieben für eine Großteil des Konzertes geschlossen und dienten als Reflektionsfläche für verschiedene Projektionen und Lichteffekte (vorbei ziehende Wolken, flatternde Vögel, wogende Äste), nur einzelne Bahnen wurden zeitweise hochgezogen.

Und die Musik? Meines Erachtens klingt Herr McDermott extrem nach Antony & The Johnsons, und mit der Zeit gehen mir seine hohen Lieder relativ stark auf die Nerven - besonders, wenn er auch noch über weinende Clowns singt - erst später erfuhr ich, dass sie die Bandmitglieder wohl manchmal auch als Harlekine verkleiden. Glücklicherweise heute nicht. "Tanzeinlagen" der Bands, bei denen die Instrumentalisten alles auf dieselbe Art zuckten, erschienen mir auch relativ albern.



Einige der gesetzten Herrschaften sahen das wohl ähnlich und verließen den Konzertsaal während des Auftritts. Mein Begleiter war jedoch höchst begeistert und drohte mir bereits mit dem Entzug seiner Fotos, wenn ich nicht enthusiastischer schreibe.

Aus dem Debütalbum Mirror Mirror wurden einige Lieder gespielt: "I'll maybe let you", "In your eyes", "Knife Song" und natürlich "In this Shirt". Viele Lieder, darunter das mit den weinenden Clowns, waren aber neu und werden wohl erst aufs nächste Album kommen. Es gab zwar wenig Interaktion mit dem Publikum - lediglich ein paar wenige "Thank yous" beim Applaus zwischen den Liedern - nach Beendigung des zugabenlosen Auftritts kamen aber alle aus dem Würfel heraus und umrundeten ihn einmal, um sich vor dem verbleibenden, begeistert applaudierenden Publikum zu verneigen.

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