Neulich beim dritten Mal: Loch Lomond in Montabaur


Auch dritte Male können eine Premiere sein - dann, wenn es noch nie ein drittes Mal gab! Bereits im September 2024 kontaktierte uns Brooke von Loch Lomond, die bereits 2018 und 2019 in unserem Wohnzimmer aufgetreten waren. Sie war gerade dabei, eine Tour für den Sommer 2025 zusammenzustellen und fragte, ob wir daran Interesse hätten, Loch Lomond nochmals einzuladen. 

Selbstverständlich waren wir interessiert, 2019 ist schließlich lange her, und dieses Mal schien auch die angekündigte Personenzahl  (fünf Erwachsene) leichter zu bewältigen zu sein als beim letzten Mal (sieben Erwachsene, eine Oma, ein Kleinkind), allerdings sollte auch bei dieser Tour wieder ein Kleinkind mit von der Partie sein (Brookes eigenes). Wir legten den Termin fest und buchten eine ausreichend große Ferienwohnung für die Band. 



Die Station bei uns sollte die letzte vor dem Rückflug nach Portland werden, ich bekam die Band dann aber bereits drei Wochen früher zu sehen: Man war mit viel Gepäck aus den USA angereist, um zunächst in den Niederlanden und dann Österreich aufzutreten. Allerdings war es in dem gemieteten Bus schwierig, alle Instrumente und Koffer unterzubringen, weshalb die Musiker kurzerhand einen Sitz ausbauten und bei uns (die wir relativ nahe am Frankfurter Flughafen wohnen) zwischenlagerten. Zusätzlich bekamen wir einen aus den USA mitgebrachten, aber für den Bus nicht passenden Kindersitz zur Verwahrung.

In den kommenden drei Wochen sah ich auf Instagram, dass die Band von einem außergewöhnlich schönen Auftrittsort zum nächsten reiste, bis auch unser Konzert quasi vor der Tür stand. Zwischenzeitlich hatte auch mein Freund die Gelegenheit, die Musiker vorab schon einmal wiederzusehen, als er ihren Auftritt in Offenbach besuchte.



Einen Tag vor dem Auftritt holten wir unsere Anlage vom Speicher und stellten dabei mit Entsetzen fest, dass wir über deutlich weniger Kabel verfügten, als wir gedacht hatten. Außerdem erwiesen sich auch noch zwei ausgeliehene Mikrophonkabel als nicht nutzbar. Mein Freund bestellte am Sonntagabend via Amazon Prime einige neue Audiokabel, die am nächsten Tag eintreffen sollten - wir machten uns aber natürlich Sorgen, dass das nicht rechtzeitig funktionieren würde - letztlich klappte es aber.

Am Veranstaltungstag selbst benötigten wir mehr Zeit als erwartet für die Zubereitung diverser Speisen und waren gerade annähernd fertig, als gegen 16 Uhr die Band eintraf. Mit all ihren Taschen und Instrumenten sah unser Wohnzimmer in kürzester Zeit aus, als sei hier vor längerer Zeit eine größere Reisegruppe gestrandet, zwischen allem rannte ein gut gelauntes und sehr aufgeregtes Kleinkind umher. 




Der Aufbau verlief erfreulich problemlos, die Band verbrachte aber noch viel Zeit damit, Diverses auszuprobieren und zu proben, so dass letztlich Aufbau, Essen und das Eintreffen der ersten Gäste nahtlos ineinander übergingen.

Ach ja, die Gäste: Die Anmeldungen waren dieses Mal relativ schleppend verlaufen (eventuell wegen dem Montag als Konzerttermin), und wir hatten uns eine Woche vor dem Konzert schon damit abgefunden, dass der Auftritt in sehr kleinem Rahmen stattfinden würde. Aber wie schon einige Male zuvor wurden wir von einer letzten "Zusagewelle" überrascht, so dass es letztlich ganz schön voll wurde - mit etwa 30 Besuchern, die unser Wohnzimmer füllten (hinzu kamen ja noch die Bands und wir selbst), einige davon waren das erste Mal dabei.



Loch Lomond waren dieses Mal mit einer Vorband unterwegs, Completions, die aus Brookes Ehemann Shawn, Brooke selbst und dem gemeinsamen Freund Tré besteht - wobei Brooke auch Mitglied des Hauptacts war und Shawn diesen zumindest zeitweise ebenfalls unterstützte - es gab also große Übereinstimmungen zwischen den Bands. Shawn spielte dabei sowohl Cello als auch Gitarre, während Brooke im Verlauf des Abends ein Glockenspiel, eine Autoharp sowie sehr interessant aussehende Hand Bells bediente. 

Die Lieder von Completions drehen sich um Shawns Erlebnisse, etwa eine unglückliche Lebensphase in San Francisco ("Past Tense") und den Prozess der Namensgebung bei seiner und Brookes Tochter Marlowe ("Marvel"): Die werdenden Eltern hatten Karten mit potenziellen Namen vorbereitet und legten diese dann nacheinander neben das neugeborene Baby, um zu überlegen, wie sie sich anfühlten. Brooke ergänzte, ihre Großmutter habe nach Erklärung des Vorgangs ungläubig gefragt "And she felt like a Marlowe to you?" und damit durchblicken lassen, dass sie nicht viel von der Entscheidung hielt.



Besagte Marlowe ist mittlerweile ein Kleinkind und war wie erwähnt bei der Tournee ebenfalls mit dabei - vor Konzertbeginn war sie im ersten Stock unseres Hauses schlafen gelegt worden. Die Eltern berichteten während des Auftritts, das Touren mit ihr sei nicht immer leicht, sie habe sich aber während der vergangenen Wochen zu einer extrovertierten Persönlichkeit entwickelt, die am besten alle und jeden kennenlernen wolle (bei unseren Katzen wurde dieser Wunsch übrigens nicht erwidert). Das Wohlergehen Marlowes wurde auch während des Auftritts via Video-Babyphon überwacht.

Das kurze, ruhige und emotionale Set endete mit dem Hinweis auf die gemeinsame Schallplatte von Completions und Loch Lomond, die Interessenten direkt erwerben konnten.



Ritchie von Loch Lomond hatte uns vorab gefragt, wie wir uns den Auftritt vorstellten. Mein Freund regte an, etwas mehr als die in Offenbach vorgetragenen 12 Songs zu spielen, gerne auch mit einer Unterbrechung. Damit war der Musiker auch einverstanden.

Loch Lomond haben kürzlich zumindest ein halbes neues Album veröffentlicht, aus dem wir nun insgesamt vier Lieder hörten, nämlich "Small Hearts", "Driving Gloves", "Lost vampire" sowie das Paul McCartney-Cover "Waterfalls". Ritchie erwähnte, bei McCartney sei der Song eine Single-B-Seite gewesen. Mein Freund stand zu diesem Zeitpunkt neben Shaun und erwähnte ihm gegenüber, dass das so nicht stimme: Bei McCartney war "Waterfalls" eine Single. Shaun entgegnete lächelnd, alle Bandmitglieder wüssten das, er wisse auch nicht, warum Ritchie das immer so erzähle.

Auch alte Favoriten kamen natürlich zum Zug, wie gleich der erste Song, "Violins & Tea". Auf der "Bühne" standen Ritchie als Sänger (gelegentlich mit Gitarre  oder Ukulele), Brooke in ihrer vorherigen Position (also mit Glockenspiel, Hand Bells, Autoharp und viel Gesang) und neu, am Keyboard, Rebecca, die ebenfalls mitsang. Ein weiteres Mal konnten wir den für Loch Lomond typischen Harmoniegesang genießen.



Ritchie erzählte weniger ausführlich als in Offenbach, aber auch hier mit wahrnehmbarer Kritik an der politischen Situation, dass man leider am nächsten Tag ganz früh in die USA zurückkehren werde - das Bedauern bezog sich offenkundig sowohl auf die Uhrzeit als auch das Reiseziel. Beim Singen hatte er vor sich einen kleinen Notenständer mit den Texten, die er jeweils nach Vollendung des Songs auf den Boden warf - hier sammelte sich im Laufe des Konzerts ein kleiner Papierberg an.

Zu "Bird and a Bear" erzählte Ritchie von der Inspiration zu dem Lied, nämlich seinen weißen, "chickeny" Beinen - er war vor vielen Jahren draußen herumgelaufen und hatte nicht verstanden, warum ihn die Leute komisch ansahen, bis er bei einem Blick in ein Schaufenster erkannte, dass seine Kleidung die weißen dünnen Beine besonders betonte.



Nach der Pause kehrten Shaun und sein Cello ins Lineup zurück. Zu "Elephants & little girls" gab es einen kurzen Austausch zwischen Rebecca und Ritchie - sie meinte, er erzähle immer eine langweilige Geschichte zu dem Lied, es gebe aber eine viel bessere. Anlässlich des letzten Konzertabends gab Ritchie nach und erzählte, dass der Song auf einem Traum beruht, in dem er gemeinsam mit einem Elefanten ein kleines Mädchen sein ganzes Leben lang beschützte.

Nach weiteren vier Songs endete das Set zunächst, anders als Offenbach bekam Montabaur aber noch zwei Zugaben (wieder ohne Shaun), so dass wir insgesamt auf 14 Lieder kamen.

Die Gäste blieben noch ein wenig, unterhielten sich mit den Musikern und kauften die eine oder andere Platte, bevor sich der Abend langsam auflöste. Wir hatten mehr Essen zubereitet als eigentlich geplant, was sich als richtig erwiesen hatte - fast alles war verbraucht worden. Das Publikum hatte sich auch als sehr spendabel gezeigt, die Spendenbox enthielt deutlich mehr als die von uns vorgeschlagenen 15 Euro pro Gast.



Natürlich mussten die Musiker nun all die Dinge, die sie ausgepackt hatten, wieder verstauen, was einiges an Zeit in Anspruch nahm. Hinzu kam, dass im Ausblick auf den Rückflug Diverses aussortiert werden musste, das keinen Platz im Gepäck fand - so erbten wir unter anderem eine Pastasauce, aber auch einen Kinder-Autositz (dieses Mal die europäische Version), Keyboardständer, sowie vor allem zahlreiche Vinylplatten (letztgenannte nur zur Lagerung bis zum nächsten Europabesuch). 

Tatsächlich erwähnte Ritchie eine weitere Europatour im nächsten Jahr, wir können uns also vielleicht darauf freuen, Loch Lomond schon bald wieder in unserem Wohnzimmer zu haben, dann zum vierten Mal.


Setliste:

Violins and Tea
Ghost Of An Earthworm
We are the same 
Small Hearts
Field report
Driving Gloves 
Waterfalls (Paul McCartney-Cover)
Bird and a Bear 

Blood bank 
Lost vampire 
Elephants & little girls  
Wax & Wire
?
Egg Song

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