Gelesen: Januar 2017
Im Januar konsumierte ich nicht weniger als drei Krimis, zwei als Hörbücher und einen via Kindle.
Krimi Nummer 1, ein Hörbuch, war Eisenberg von Andreas Föhr. Föhr ist bereits recht bekannt für seine Regionalkrimiserie um Kommissar Wallner aus Miesbach im bayerischen Voralpenland - deren ersten Teil ich sehr empfehlen kann, die mir aber mit der Zeit etwas zu repetitiv wurde. Herrn Föhr vielleicht auch, und so begann er etwas Neues, denn auch Eisenberg scheint der Beginn einer Reihe zu sein. Deren Hauptfigur Rachel Eisenberg ist eine erfolgreiche Anwältin aus München.
Eher aus Prestigegründen als aus echtem Mitleid bemüht sie sich als Pflichtverteidigerin um einen medienbekannten Fall, in dem ein Obdachloser eine Studentin ermordet haben soll. Erstaunt muss sie feststellen, dass sie den Tatverdächtigen von früher kennt - er war früher Physikprofessor und mehrere Jahre lang ihr Freund. Trotz erdrückender Beweislage inklusive DNA-Spuren bemüht sich Rachel um einen Freispruch, erkennt Zusammenhänge zum längst vergessenen Verschwinden einer Albanerin in Rosenheim und wird beinahe selbst ermordet.
Eisenberg ließ mich gespalten zurück, denn mir gefiel das Geschehen um die teils mehr, teils weniger sympathische Anwältin sowie die - soweit ich das beurteilen kann - realistisch und auch interessant geschilderten Alltagsereignisse in der Kanzlei und vor Gericht eigentlich sehr gut. Der Fall wies allerdings größere Löcher auf, sowohl was die (Un-)Wahrscheinlichkeit einiger Zufälle betraf als auch manche technische Details, die so einfach schlicht nicht funktionieren können. Dennoch würde ich einem zweiten Teil definitiv eine Chance geben. Gelesen wurde das Ganze wie immer sehr gut von Michael Schwarzmaier.
Parallel las ich einen weiteren Krimi, nämlich The Likeness (deutsch: Totengleich) von Tana French. Nachdem mir ihr Debütkrimi In The Woods im Oktober so gut gefallen hatte, wollte ich unbedingt wissen, wie es mit der Reihe um das Dublin Murder Squad weiter geht. Das Konzept scheint hier zu sein, dass die Hauptfiguren von Teil zu Teil variieren - so war die Protagonistin und Erzählerin von Teil 2, Cassie Maddox, im ersten Band nicht die Hauptfigur, kam aber vor.
Auch The Likeness kann ich nur mit Einschränkungen empfehlen, da die Prämisse der Geschichte einfach unmöglich erscheint: Im ländlichen Umland von Dublin wird eine tote Studentin gefunden, die Cassie bis aufs Haar gleicht. Die Tote starb offenbar allein, an den Folgen einer Stichwunde, weshalb der Leiter der Undercover-Abteilung vorschlägt, man könne so tun, als sei die Wunde nicht tödlich gewesen, und Cassie in die Rolle der Toten schlüpfen lassen, um den Mord aufzuklären.
Nun erscheint es mir im Grunde schon unmöglich, dass ein Mensch einem Nichtverwandten so sehr ähneln kann, dass engen Freunden wirklich kein Unterschied auffällt. Dann noch dessen Leben zu übernehmen, ohne bereits in den ersten Stunden durch einen Fehler aufzufliegen, erscheint beinahe noch absurder. Ein bisschen thematisiert der Roman dieses Problem auch, aber basiert letztlich darauf, dass es eben doch möglich ist. Was mir die Geschichte ein wenig verdirbt.
Die Handlung an sich darum, wie Cassie mit vier Freunden der Studentin ein Haus teilt, diesen vieles vorspielen muss, sie aber mehr mag als sie möchte, und langsam und unauffällig herausbekommen muss, was ihrer Doppelgängerin passiert ist, fand ich dann inklusive der Figuren durchaus spannend und wie schon Teil 1 sehr gut erzählt.
Krimi Nummer 3 des Monats war wieder ein Hörbuch, und zwar Die Chemie des Todes (englisch: The Chemistry of Death) von Simon Beckett. Irgendwann hatte ich den zweiten Teil der Reihe bei Spotify gehört und anschließend noch den dritten sowie ein anderes, nicht sonderlich gutes, Hörbuch, das ebenfalls von Johannes Steck gelesen worden war. Danach hatte ich von Steck und auch von Beckett gründlich die Nase voll, weshalb ich den ersten Teil der Reihe mehrere Jahre nach den anderen hörte.
Insofern war ich schon fast gespannt, ob ich nach gebührender Pause auch Die Chemie des Todes ablehnen würde, immerhin handelt es sich bei Becketts Krimis ja um Bestseller, die so gut wie jedem gefallen. Um es kurz zu machen: Auch dieses Buch ging mir gewaltig auf die Nerven. Der Protagonist David Hunter hat einen spannenden Beruf und ein interessantes Leben - aber so, wie Beckett ihn beschreibt und agieren lässt, erscheint er dennoch als der langweiligste Mensch der Welt. Er ist durch und durch moralisch untadelig und hat keinen einzigen originellen oder gar humorvollen Gedanken, nicht einmal die Trauer um seine verstorbene Frau und Tochter konnte ich ernst nehmen. Die anderen Figuren des Romans sind noch dünner angelegt, und so war mir auch völlig egal, was mit ihnen passiert.
Die Handlung, nämlich die Suche nach einem Frauenmörder in einem beschaulichen englischen Ort, war, das muss ich zugeben, spannend. Allerdings werden als faules Stilmittel zum einen Hunters platte Träume eingesetzt, in denen ihm (und dem Leser/Hörer) entweder klar wird, dass er etwas übersieht, oder ihm aber die verstorbene Frau praktischerweise mitteilt, dass sie ihm die neue Freundin verzeiht. Zum anderen wird in einer Penetranz auf bevorstehende grausige Ereignisse verwiesen (in Stil von "Hätte ich an diesem Abend schon gewusst, was mir bevor stand, wäre ich verzweifelt."), dass es auf mich ziemlich albern wirkt.
Also, Simon Beckett und ich werden wohl keine Freunde mehr, auch wenn ich mit meiner Abneigung anscheinend ziemlich allein dastehe.
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