Gesehen: Oktober 2020
Schon vor einer Weile erreichte mich die überraschende Information, dass es Nick Hornbys Roman High Fidelity nun auch als Fernsehserie gibt. High Fidelity stammt aus dem Jahr 1995 und spielt unter Musiknerds in London, die Geschichte wurde fünf Jahre später mit John Cusack verfilmt - die Filmversion wurde dabei nach Chicago umgesiedelt. Das neueste High Fidelity spielt jetzt in Brooklyn, der Protagonist Rob ist nun eine Protagonistin und wird von Zoë Kravitz gespielt - Tochter von Lisa Bonet, die übrigens im Film High Fidelity eine kleine Rolle hatte.
Ansonsten ist alles weitgehend beim Alten: Rob besitzt einen Plattenladen, hat schwer an der Trennung von ihrem Freund zu knabbern und nutzt diese Lebenskrise dafür, ihre bisherigen Beziehungen zu analysieren, um heraus zu finden, was mit ihr nicht stimmt. Parallel erfahren die Zuschauer diverse Anekdoten rund um den Plattenladen, in dem außer Rob noch zwei Aushilfen arbeiten. Eine davon, Barry (in der Filmversion von Jack Black verkörpert), ist nun ebenfalls eine schwarze Frau, Cherise, der ruhige Dick heißt hier Simon und ist sowohl schwul als auch Robs Exfreund. Von der Erstverfilmung übernommen wurde die Technik, dass Rob des öfteren die "vierte Wand" zum Zuschauer durchbricht und diesen direkt anspricht.
Die Liebesgeschichte, also der Rückblick auf die nun (erst einmal) beendete Beziehung, die der eigentliche Aufhänger von Buch und Film ist, gerät hier zu Gunsten anderer Handlungsstränge eher in den Hintergrund. Rob und ihr Expartner Mac sind zu Beginn der Handlung auch bereits ein Jahr getrennt. Mehr Raum bekommt stattdessen eine Handlung um ihren Bruder sowie um einen potenziellen neuen Partner für Rob, Clyde.
Rob, Simon und Cherise fachsimpeln aber natürlich weiterhin untereinander viel über Musik und stellen gelegentlich, aber nicht so häufig wie in den anderen Versionen des Stoffs, persönliche Top 5-Listen auf - eines der Kernthemen der Romanvorlage. Ansonsten nutzt die Serie das Mehr an Zeit, das ihr verglichen mit Buch und Film zur Verfügung steht für... gar nicht mal so viel. Ich habe noch nicht alle Folgen angesehen, aber bis einschließlich Folge 8 erschließt sich für mich noch nicht, warum genau diese Geschichte genau so neu erzählt werden musste. Die weibliche Perspektive, die Zoë Kravitz auf die Handlung bringen könnte, verpufft weitestgehend ungenutzt.
Zu erwähnen wären noch zwei Gastauftritte: In einer Folge erscheint Rob Debbie Harry als Vision, in einer anderen spielt der Produzent Jack Antonoff sich selbst.
Speziell auf die Filmversion des Stoffs nimmt diese neue Variante übrigens einmal explizit Bezug, als eine kleine Plattenladen-Szene daraus quasi wiederholt wird - Rob kündigt den Kollegen gegenüber flüsternd an, nun fünf Exemplare eines Albums zu verkaufen, legt es auf, und tatsächlich fragen sofort mehrere Kunden nach, von wem denn diese tolle Musik sei. In der Serie handelt es sich um die Band Swamp Dogg, aber die im Film verwendete Beta Band wird kurz danach in derselben Folge ebenfalls angespielt.
Unterhaltsam ist High Fidelity auch in dieser Reinkarnation allemal, die Neuausrichtung der Rollen stört aus meiner Sicht auch gar nicht, aber leider hat die Serie sonst eben nichts Spannendes zu erzählen - vielleicht auch, weil die Liebesgeschichte so blass bleibt. Vielleicht wurde dieses High Fidelity deshalb nach einer Staffel eingestellt.
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