Ganz aufmerksamen Personen mag aufgefallen sein, dass es für den Juni kein "Gelesen" gab, was viel damit zu tun hatte, dass für mich der Juli mit einer Dienstreise begann, auf die unmittelbar unser tolles Wohnzimmerkonzert und der nicht weniger tolle Islandurlaub folgten. Dadurch hatte ich schlicht keine Zeit.
Nun bin ich aber zurück im Alltag angekommen, weshalb ich zumindest für den Juli die gewohnten Kategorien betrachten möchte. Mein letztes "gelesenes" (da in Wirklichkeit gehörtes) Buch ist The Last Devil To Die von Richard Osmond, allerdings finde ich die Romane zum Thursday Murder Club zwar immer noch sehr gut, habe dazu aber absolut nichts Neues mehr zu sagen.
Dann schreibe ich stattdessen eben über Die Isländer, die Elfen und ich: Unterwegs in einem sagenhaften Land von Thilo Mischke. Mischke? Ja, genau - der Journalist wurde vor einigen Monaten zunächst groß als neuer Moderator der Kultur-Fernsehsendung Titel, Thesen, Temperamente angekündigt, daraufhin gab es einen kleinen Shitstorm, da viele Kulturschaffende ihn als für diese Position komplett unpassend einstuften. Grund war vor allem Mischkes Buch In 80 Frauen um die Welt, in dem sich der Autor, nun ja, durch die Welt schläft, weil ihm seine Freunde die Reise bezahlen, wenn er es schafft, unterwegs die besagten 80 Frauen zu verführen.
Ich muss gestehen, dass ich mich nicht erinnern kann, die besagte Kultursendung jemals gesehen zu haben, weshalb mir ein eigenes Urteil dazu, wer für ihre Moderation geeignet ist, schwer fällt. Die Beschreibung des (laut Mischke weitestgehend fiktiven) Frauenbuchs liest sich zugegebenermaßen eher unsympathisch, zur Zeit der Debatte wurden auch Screenshots aus dem Werk veröffentlicht, die diesen Eindruck unterstützen.
Ich hatte somit eigentlich nicht vor, in naher Zukunft etwas von Thilo Mischke zu lesen, mein Freund hatte aber gehört, dass dessen Island-Buch lesenswert sei, und besorgte es sich. Tatsächlich hat Mischke Island schon sehr oft bereist und fasst in dem Sachbuch seiner Erfahrungen zusammen. Einige Kapitel sind dabei Artikel, die bereits in Zeitschriften veröffentlicht wurden.
Eine Reiseführer sollte man nicht erwarten, wenn man Die Isländer, die Elfen und ich: Unterwegs in einem sagenhaften Land liest, Mischkes Perspektiven sind sehr persönlich und nicht selten auch sehr überspitzt geschildert - etwa, wenn er behauptet, dass Skyr wie Kitt sei, dass es im Supermarkt als einzige Süßigkeiten Lakritze und Schaumküsse gebe und dass ansonsten alles in Island erhältliche Essen dem Niveau von "Heiße Hexe"-Gerichten an deutschen Kiosken der 1980er Jahre entpreche.
Manches war beim ersten Erscheinen des Buches 2017 vermutlich auch einfach noch anders als heute - Mischke erwähnt in seinem Kapitel zur Halbinsel Snæfellsnes, er habe dort viel Zeit damit verbracht, im Städtchen Borgarnes an der Tankstelle zu sitzen, Kaffee zu trinken und in den Laptop zu schreiben - einsam und mit Blick in die Landschaft. Als wir im Rahmen unserer Rundreise Borgarnes erreichten, stellte sich heraus, dass hier mittlerweile mindestens vier Tankstellenketten über unmittelbar benachbarte Filialen verfügen, die auch alle reichlich Publikumsverkehr haben. Hier kann niemand mehr sitzen und in Ruhe in die Landschaft schauen.
Unterhaltsam fand ich das Island-Buch allemal, und es war während unseres Urlaubs mehrmals Gesprächsthema - insofern ist mein abschließendes Urteil: "Kann man lesen, aber man sollte nicht seine komplette Reisevorbereitung darauf stützen".
0 Kommentare