Neulich als ich hoch hinaus wollte: Ein Besuch im Kletterwald Sayn
Mein Freund bekam dieses Jahr zum Geburtstag einen Besuch in einem Kletterwald geschenkt. Eine ungewöhnliche Wahl, nachdem er sich doch am allerliebsten drinnen aufhält. Aber es spricht ja immer viel dafür, den eigenen Horizont zu erweitern. Also ging es vorletztes Wochenende nach Sayn, um den Gutschein einzulösen - die Schenker waren mit von der Partie.
Mir war im Vorfeld das Konzept des Hochseilgartens durchaus bekannt, allerdings eher als Teambuilding-Maßnahme für Betriebsausflüge und weniger als Freizeitvergnügen für Familien. Tatsächlich waren es aber zum Großteil Eltern mit Kindern, die an diesem Sonntagmittag die Bäume unsicher machten, ansonsten auch Gruppen von Freunden.
An der Kasse bezahlte man zunächst (wenn man keinen Gutschein geschenkt bekommen hat, kosten drei Stunden Kletterwald 19 Euro), dann bekommt man Klettergurte angelegt, Helme überreicht und zunächst die beiden an den Gurten befestigten Rollenkarabiner erklärt. Diese kann man nämlich aus Sicherheitsgründen nicht gleichzeitig öffnen, das heißt, dass man, während man klettert, immer mit mindestens einem Haken gesichert ist und bei einem Sturz durch die Gurte aufgefangen würde. Die Karabiner dienen aber auch als "Seilbahnwaggons", wenn man mit ihrer Hilfe längere Strecken an einem Seil herunter rutscht.
All das bekommt man gruppenweise in einem winzigen Testparcours erklärt, in dem man das An- und Abhängen der Haken üben kann und sich langsam und unter Aufsicht daran gewöhnt, sich in einem Baumparcours zu bewegen. Als unsere Vierergruppe so weit gekommen war, hatten wir noch nicht sonderlich großes Vertrauen in unsere Kletterkünste. Während andere Teilnehmer schnurstracks in die Bereiche "Pyrenäen" oder gar den "Himalaya" abmarschierten, zog es uns zunächst nach Deutschland: Uns wurden von der Trainerin die Wege durch das "Erzgebirge" und auch das "Fichtelgebirge" ans Herz gelegt. Man sieht, die einzelnen Wege heißen nach Gebirgen, und man kann den Schwierigkeitsgrad in etwa vom Namen ableiten.
Im Kletterwald ist jeder Parcours am Anfang mit einem Schild gekennzeichnet, das neben dem Schwierigkeitsgrad (in unserem Fall "sehr leicht") auch die Zahl der zu überwindenden Elemente darstellt und weitere Informationen enthält. Die unterschiedlichen Wege kreuzen sich aber und führen über- und untereinander her, so dass zumindest ich es im Vorfeld immer schwierig fand, zu erkennen, wie genau der gewählte Weg verlaufen würde. Sobald man einmal begonnen hatte, waren die nächsten Schritte aber immer völlig klar.
Erz- und Fichtelgebirge ließen sich in der Tat ohne größere Probleme absolvieren, wobei ich die einzelnen Abschnitte - etwa durch ein wackeliges Netz gehen oder von einer an beiden Enden aufgehängten Holzsprosse zur nächsten schreiten - keineswegs trivial fand. Danach fühlten wir uns etwas mutiger und wählten als nächstes einen Weg mit "mittlerem" Schwierigkeitsgrad: Die Alpen.
Hier kletterte man von Anfang an etwas höher und musste sich schon im zweiten "Arbeitsschritt" an einem Seil zur zweiten Station schwingen. Natürlich ist eine solche Aktion völlig gefahrlos, wenn man angeseilt ist, aber zumindest mir fiel es dennoch schwer, den Seilen zu vertrauen. Viele anwesende Kinder waren da um einiges furchtloser und absolvierten die Parcours in rasender Geschwindigkeit.
Auch in den folgenden Aufgaben erwiesen sich die Alpen als durchaus anspruchsvoll. Am anstrengendsten war eine im Grunde einfache Kletterpartie an einem Netz entlang, die meine nicht vorhandenen Armmuskeln arg strapazierte. Am aufregendsten war eine Seilbahnfahrt, für die man mit den Füßen in einen Eimer steigen musste - und dann am anderen Ende rechtzeitig ein Seil hätte erwischen müssen... im zweiten Versuch klappte es dann bei allen. Letztlich waren auch die Alpen also irgendwie schaffbar, aber mir war danach auch völlig klar, dass der Schwierigkeitsgrad "mittel" die absolute Obergrenze meines Klettertalents darstellte.
Also wagten wir uns als nächstes an den ebenfalls als "mittel" ausgezeichneten "Grand Canyon Swing", der nur drei Elemente enthielt, und als Hauptattraktion einen Sprung in die Tiefe. So weit kam ich aber leider gar nicht erst, denn beim an sich einfachen Aufstieg über ein Holzgerüst beschwerten sich meine Armmuskeln so sehr, dass ich aufgab. Die anderen absolvierten dieses Hindernis, rutschten per Seilbahn zur Schaukel und mussten sich dort an einem speziellen Element anseilen, das einen nach einem beherzten Sprung recht sanft auf den Boden herunter ließ. Auch hier war im Grunde klar, dass nichts passieren konnte, aber der Sprung aus mehreren Metern Höhe kostete natürlich dennoch einiges an Überwindung.
Zuletzt suchten wir noch eine der Hauptattraktionen des Kletterwaldes auf, den "Eiger Express". Auch dieser, als "leicht" gekennzeichnete, Parcours wies nur wenige Stationen auf, die nur dazu dienten, den Ausgangspunkt der längsten Seilbahn des Kletterparks zu erreichen. Danach sauste man über eine 160 Meter lange Strecke. Auch hier erforderte der Absprung etwas Mut, erfolgte er doch aus einer recht beträchtlichen Höhe. Die Fahrt über ein großes Gebiet des Kletterwaldes machte dann aber tatsächlich sehr viel Spaß.
Anschließend waren unsere drei Stunden fast vorbei, und so gaben wir unsere Ausrüstung wieder ab und machten uns auf den Heimweg. Tatsächlich hatte mit der Besuch im Hochseilgarten viel mehr Spaß gemacht, als ich erwartet hätte. Man ist eben doch stolz, wenn man es schafft, die einzelnen Kletterelemente zu absolvieren (und dabei nicht zu aufmerksam beachtet, wie leicht das vielen Kindern fällt), und auch, wenn man sich zu einem Sprung überwunden hat.
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