Der große Schokoladentest (45): Rausch
Wer Ende der 1990er / Anfang der 2000er in Deutschland gelebt und Schokolade gekauft hat, kennt die Marke Rausch vermutlich. Damals gab es die "Plantagenschokoladen" im Supermarkt zu kaufen, und die Rausch-eigene Herangehensweise, Schokoladensorten hinsichtlich des verwendeten Kakaos zu differenzieren, war eine Innovation.
Dass Rausch damals sogar die genauen Plantagen bezeichnete, von denen die jeweiligen für die Schokoladen verwendeten Kakaobohnen stammen sollten, entpuppte sich später als Marketingtrick: So ganz genau konnte der Hersteller die Herkunft seines Kakaos dann doch nicht belegen. Heute ist auf den Schokoladentafeln dann auch nur noch das Herkunftsland angegeben.
Eine weitere große Änderung: Im Supermarkt sucht man Rausch-Schokolade seit 2015 vergeblich, man kann die Tafeln nun nur noch online bestellen oder im Stammgeschäft in Berlin erwerben.
90 Prozent seines Umsatzes macht Rausch ohnehin bei LIDL: Die Schokoladen-Handelsmarken des Discounters J.D. Gross, Mister Choc, Deluxe und Favorina stellt allesamt Rausch her, die J.D. Gross-Produkte erinnern dabei auch stark an die Tafeln, die Rausch unter eigenem Namen verkauft.
Zum Produkt
Im Online-Shop von Rausch kann man aktuell sechs verschiedene Tafelschokoladen mit unterschiedlichem Kakao und Kakaogehalt erwerben, hinzu kommen Darreichungsformen als Sticks oder Mini-Täfelchen. Außerhalb dieses Kernsortiments werden auch aromatisierte Schokoladen und besonders schön gegossene Tafeln verkauft, hinzu kommen noch Berlin-Produkte (etwa eine Schokoladentafel mit geprägtem Brandenburger Tor), die sicherlich hauptsächlich für Touristen gedacht sind, die das Berliner Ladengeschäft besuchen.
Originalität
Hinsichtlich des Designs haben die Rausch-Produkte seit den 90ern eine wohltuende Überarbeitung erfahren (so sahen sie früher aus). Heute sind die Tafeln nüchtern dunkelbraun und haben ein eingestanztes Lochmuster, durch das je nach Sorte eine unterschiedliche Schuberfarbe durchscheint. Das ist sehr hübsch gemacht - komisch finde ich nur, dass manche Tafeln, etwa die von mir ebenfalls getestete Sorte Peru 60% mit Karamell und Meersalz, völlig anders gestaltet sind.
Bei den Plantagen-Tafeln sind außen auf den Pappschubern auch detaillierte Informationen zu den Geschmacksprofilen der einzelnen Sorten zu finden.
Das Sortiment an sich ist groß, aber nicht unüberschaubar, allzu verrückte Geschmacksrichtungen gibt es nicht. 7/10
Nachhaltigkeit
Rausch bezeichnet sich als "Tree to Door"-Hersteller und somit im Bean-to-Bar-Bereich, was für enge Kontakte zu Kakaobauern (und deren faire Bezahlung) spricht. "Wir beziehen unsere Edelkakaos direkt von den Plantagen und pflegen zu allen Partnern – Kakaobauern, Vertretern von Kakao-Kooperativen und Cocoa Board-Mitgliedern der Herkunftsregionen – den persönlichen Kontakt und direkten Austausch". Zu fairem Handel steht hier nichts, dieser wird aber quasi unumgänglich, wenn man qualitativ hochwertige Bohnen vor Ort erwerben möchte. Ein Siegel kann Rausch aber nicht vorweisen. 3/5Zutatenqualität
In den Plantagen-Schokoladen ist außer Kakaomasse, Zucker und Kakaobutter nichts enthalten (auch kein Emulgator), puristischer geht es nicht. Meine Karamell-Meersalz-Schokolade enthält im Karamellanteil natürliche Aromen, was ich etwas enttäuschend (und überflüssig) finde. 8/10
Preis / Leistung
Hier hebt sich Rausch extrem von seiner Bean-to-Bar-Konkurrenz ab, eine 125-Gramm-Tafel der Plantagenschokolade kostet nämlich ganze 3,60 Euro. Im Vergleich zu Milka mag das teuer wirken, aber für die gebotene Qualität ist das geradezu ein Schnäppchenpreis, mit dem hierzulande sonst nur noch die Ritter Sport-Kakaoklasse mithalten kann. 3/5Geschmack
An dieser Schokolade habe ich mir einen Wolf getestet, denn statt der üblichen zwei Tafeln hatte ich gleich fünf. Vier davon stammen aus der Plantagen-Kollektion: 60% Peru, 70% Ecuador, 75% Costa Rica und 80% Trinidad. Wie schon öfter erwähnt, bin ich talentmäßig als Schokoladen-Sommelière nur bedingt geeignet, aber angesichts der unterschiedlichen Kakaogehaltsstufen, die eine Unterscheidung erleichtern sollten, wagte ich mich an eine Blindverkostung - und in der Tat ließen sich die Schokoladen problemlos den vier unterschiedlichen Stärkegraden zuordnen. Sie ließen sich abstufen von "Noch recht süß" bis zu "Ist da überhaupt Zucker drin?". Während mein Freund nur die "Peru" als essbar einstufte, würde ich meine Präferenz in der Mitte bei Ecuador bis hin zu Costa Rica ansiedeln. Die Trinidad ist auch mir zu herb.
Zusätzlich probierten wir auch eine aromatisierte Schokolade, die 60 % Peru gibt es auch mit Karamell und Meersalz. Diese Zutaten waren überraschend sparsam hinzugefügt worden, man muss genau nachschmecken, um sie zu bemerken. Die Schokolade an sich schmeckt mir gut, aber ich wäre durchaus auch mit mehr Salzkaramell einvestanden gewesen.
Als etwas störend beim Probieren empfinde ich übrigens die Tafeln an sich, deren sehr große und dicke Stücke es schwer machen, sie langsam im Mund zergehen zu lassen (was so eigentlich beim Schokolade probieren empfohlen wird). Eine dünnere Tafel fände ich leichter zu handhaben, und 125 Gramm brauche ich eigentlich auch nicht.
Insgesamt schmecken mir alle getesteten Sorten gut, am besten die Peru und die Ecuador, was ich aber allein an der Kräftigkeit festmachen kann. Ich kann nicht behaupten, dass ich die Kakaosorten geschmacklich identifizieren könnte und vergebe:
60% Peru: 12/15
70% Ecuador: 12/15
75% Costa Rica: 10/15
80% Trinidad: 8/15
60% Peru Karamell Meersalz : 10/15
Positiv anmerken muss ich noch, dass mit der Rausch-Schokolade bei mir funktioniert, was ich sonst nur vom Hörensagen kenne: Ein einzelnes Strück, genussvoll gelutscht, reicht hier tatsächlich aus, um zu mir selbst zu sagen: So, das war lecker und reicht mir nun auch erst einmal.
Gesamturteil
Wenn man den Geschmack außer Acht lässt, landet Rausch bei 21 von 30 Punkten. Inklusive Geschmack landen die Peru und die Ecuador je bei 33, die Costa Rica bei 31, die Trinidad bei 29 und die Peru Karamell Meersalz bei 31 von jeweils maximal 45 Punkten.Übrigens: Hier gibt es die Ergebnisse aller bisherigen Schokoladentests als Gesamtranking!
Hinweis: Auf meinem Blog gibt es keinerlei Werbung oder Sponsoring, folglich will ich mit meinen Beiträgen auch keine potenziellen Werbepartner beeindrucken und muss nichts dementsprechend kennzeichnen.
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