Neulich in der Tate Modern (1): Olafur Eliasson - In real life

by - November 26, 2019


Anfang 2004 bekam ich überraschend die Gelegenheit, beruflich nach London zu reisen, und ich nutzte sie dafür, erstmalig die Tate Modern zu besuchen (sie war damals auch noch relativ neu). Mein Ziel war dabei vor allem, die temporäre Installation "The Weather Project" von Ólafur Elíasson anzusehen. Das Museum, das in einem ehemaligen Kraftwerk untergebracht ist, verfügt über eine riesige Halle (Turbine Hall), und diese wird alljährlich für Sonderausstellungen genutzt, die viel Platz benötigen. Im Falle von "The Weather Project" war der ganze Raum mit Nebel gefüllt, und am Raumende leuchtete eine große, trübe, gelbe Sonne. An der Decke befand sich ein riesiger Spiegel, in dem die Besucher, von denen sich viele auf den Boden setzten oder legten, selbst sehen konnten. Das Ganze vermittelte einen unglaublich friedlichen und harmonischen Eindruck, als säße man in einem echten Sonnenuntergang. Ich war schwer begeistert.


Und so war es 15 Jahre später auch keine Überraschung, dass ich, als ich bei der Planung einer weiteren Londonreise (um Adorable zu sehen) erfuhr, dass die Tate Modern eine Ólafur Elíasson-Ausstellung veranstaltete, diese sehr gerne besuchen wollte - obwohl diese als Sonderausstellung einen recht hohen Eintrittspreis kostete. Und wohl wegen dieses hohen Eintrittspreises (er lag um die 20 Pfund) hatte ich wohl auch nicht mit riesigen Andrang gerechnet und darauf verzichtet, im Voraus Eintrittskarten zu sichern. Erst als wir am Ankunftsabend Freunde trafen, die die Ausstellung bereits besucht hatten und berichteten, diese sei normalerweise ausverkauft, wurde uns dieser Fehler bewusst. Im Internet stellten wir zum einen fest, dass tatsächlich alle für uns passenden Zeitfenster des nächsten Tages bereits ausverkauft waren und - immerhin - zum anderen, dass jeden Morgen ein Restkontigent vor Ort verkauft wird.


Und so scheuten wir am nächsten Morgen nicht die unwetterartigen Regenfälle, die ausgerechnet jetzt auf London niedergingen, und kämpften uns rechtzeitig zum Museum durch, wo mein Freund tatsächlich noch zwei Ausstellungs-Tickets für uns ergattern konnte. Wir konnten auch quasi sofort starten.


Die Ausstellung begann mit einigen (im Vergleich) kleineren Exponaten, wobei "klein" im Kontext der Ausstellung bedeutet, dass mehrere in einen Raum passten. So sahen wir eine Wand aus Moos (die ich ohne Erklärung für Schaumstoff gehalten hätte), eine Art Fischauge, durch das man andere Ausstellungsbesucher im Nachbarraum verzerrt sehen konnte und - angesichts des Wetters sehr passend - ein Exponat namens "Regenfenster": ein echtes Fenster nach draußen, durch das man, völlig korrekt, strömenden Regen beobachten konnte. Erst nach und nach wurde uns bewusst, dass es beim Blick durch dieses Fenster aber immer gießt.


Schon bald erreichten wir den Teil der Ausstellung, über den wir vorab am meisten gehört hatten. Unter dem Titel "Din blinde Passager" hatte Elíasson einen 45 Meter langen Tunnel gestaltet, den die Ausstellunsgesucher komplett durchschreiten - ein Aufseher stellt sicher, dass dabei gewisse zeitliche Abstände eingehalten werden und es kein Gedränge gibt, außerdem beruhigt er die Besucher und versichert ihnen, dass noch niemand unterwegs verschwunden sei. In dem Tunnel herrscht nämlich ein ausgesprochen dichter Nebel, der alles, das nicht in unmittelbarer Nähe ist, verschwinden lässt. Ähnlich wie bei "The Weather Project" ist es dabei aber durchaus hell, die Lichtfarbe wechselte unterwegs von weiß nach gelb und wieder zurück. Auch wenn mir bewusst war, dass wir einen eher schmalen Gang durchschritten, konnte ich die Seitenwände nur erahnen, so dass der Raum unendlich und auch unüberblickbar erschien. Ein bisschen erinnerte mich die Erfahrung daran, wie ich es mir vorstelle, dass es einem in einem Floating Tank ergehen würde. Das Ganze war sehr schön und ein bisschen unheimlich.


Auch andere Kunstwerke leben von der Interaktivität, so erwartete uns im nächsten Raum ein begehbares Kaleidoskop, in einem weiteren ermöglichte ein Werk namens "Your uncertain shadow" den Besuchern, den eigenen Schatten in verschiedenen Farben zu sehen. Besonders spannend fanden wir auch "Big Bang Fountain", einen Springbrunnen in einem komplett dunklen Raum, der immer wieder für Sekundenbruchteile angestrahlt wurde. Das Ergebnis war eine Art vergängliche Wasserskulptur, weil die Lichtblitze einen immer nur ein "Standbild" sehen ließen.


Viele andere Besucher hatten kleine Kinder dabei, und auch, wenn das unseren ungestörten Ausstellungsgenuss zeitweise ein wenig trübte, muss ich auch anerkennen, dass die Ausstellung sehr geeignet dafür ist, sie auch mit recht kleinen Kindern zu besuchen - diesen macht es natürlich auch Spaß, durch den Nebel zu wandeln oder den eigenen bunten Schatten zu verfolgen. Am Ende der Ausstellung gab es im übrigen für die kleinen Besucher auch die Möglichkeit, zu basteln.


Andere Exponate machten deutlich, dass Umweltschutz ein für den Künstler sehr wichtiges Thema ist, so sahen wir auch Fotos von isländischen Gletschern im Wandel der Zeit. Auch eine Wand mit Artikel und Nachrichten im letzten Ausstellungssaal nahm an vielen Stellen Bezug auf Umweltthemen. Und zuletzt bietet die Tate als Begleitung zur Ausstellung auch ein gemeinsam mit Elíassons Atelier gestaltetes veganes Menü an.



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