Neulich in der Eifel

by - August 16, 2020


Es ist der Sommer 2020, Auslandsreisen sind dank Corona eine komplexe Angelegenheit und viele Deutsche besinnen sich darauf, einmal anzusehen, was das eigene Land so zu bieten hat. So letzte Woche auch mein Freund und ich - schließlich wohnen wir nicht allzu weit von der Eifel entfernt, und sogar Spiegel Online ist der Meinung, dass man diese einmal näher betrachten sollte.

Unser erster Stopp des Ausflugstages war die Burg Eltz, eine quasi prototypische Burg, älteren Mitbürgern vom früheren 500-DM-Schein bekannt. Fun Fact: Mit 14 wollte ich wie alle Teenager gerne überall Poster aufhängen, die Außentür meines Zimmers grenzte aber direkt ans Schlafzimmer meiner Eltern, die deshalb Mitspracherecht hinsichtlich der Türdeko von außen hatten. Wir konnten uns nach harten Verhandlungen dann letztlich auf ein Poster der Burg Eltz einigen.


Da die Burg also sehr bekannt und beliebt ist, und außerdem in diversen Bundesländern Sommerferien sind, bemühten wir uns, früh am Tag anzukommen: Als Corona-Schutzmaßnahme dürfen nämlich immer nur 200 gleichzeitig Besucher in die Burg.

Als wir kurz vor 10 auf dem Parkplatz ankamen, zeigte sich schnell, dass wir uns wohl mehr Mühe hätten geben müssen: Er war schon ordentlich gefüllt. Von einem Aussichtspunkt auf dem Fußweg zwischen Parkplatz und Burg konnte man dann bereits sehen, dass vor dem Burgeingang bereits eine lange Menschenschlange wartete.

Normalerweise kann man das Burggelände anscheinend kostenlos betreten und muss lediglich für eine Besichtigung des Inneren Eintritt bezahlen. Aktuell wird das anders gehandhabt: Man bezahlt gleich am Burgtor für eine Führung und die Schatzkammer und kann nur anschließend überhaupt das Gelände betreten. Man muss zudem überall eine Mund-Nasen-Maske tragen.


All das finde ich richtig und gut, anders wäre es sicherlich nicht möglich, irgendeine Form von Abstand zu gewährleisten. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum es die Betreiber im Jahr 2020 nicht schaffen, Onlinetickets zu verkaufen. Dann könnten alle Besucher vorab bestimmte Zeitfenster buchen und niemand müsste lange anstehen.

Letztlich mussten wir das - zunächst - auch nicht, die lange Schlange vor dem Burgtor bewegte sich erfreulich schnell, und nach 20 Minuten konnten wir bereits das Gelände betreten. Dort bogen wir allerdings um die erste Ecke und standen in der nächsten Schlange, diesmal im Rückstau für die Burgführung. Hier mussten wir deutlich länger warten, da - verständlicherweise - nur Kleingruppen durch die Innenräume geführt werden.

Als wir auch diese Schlange überstanden hatten, führte uns ein recht unenthusiastischer Führer durch die überaus sehenswerte Auswahl von Innenräumen, die für Besucher zugänglich sind. Die auswendig aufgesagten Erklärungen waren aber vor allem für die teilnehmenden Kinder wenig spannend, eines rief schon im ersten Raum enttäuscht „Langweilig!“


Zu sehen bekommt man eine Reihe von Gemächern, die einem das mittelalterliche (Luxus-)Leben recht schmackhaft machen, etwa einen Speisesaal, ein Schlafzimmer mit Bad, einen Sitzungssaal und auch eine Küche. Überall war es erstaunlich bunt, an manchen Wänden hingen auch wertvolle Kunstwerke (beispielsweise Lucas Cranachs „Madonna mit Kind und Weintraube“). Interessant fanden wir auch die Tatsache, dass in der Burg drei Adelsfamilien in getrennten Wohnbereichen lebten, was auch erklärt, dass sie so viele Türme und Anbauten aufweist und viel vertikales Kraxeln erforderte.

Direkt im Anschluss konnte man ohne weiteres Anstehen - und auch ohne Führung - noch den „Schatzkammer“ genannten Bereich besichtigen, in dem es über mehrere Räume verteilt Waffen, Trinkgefäße, Schmuck, Porzellan und auch Uhren zu sehen gab. Da die Beschriftung der diversen Schätze eher spärlich ausfiel, hätte hier eine weitere Führung sicher zu mehr Erkenntnissen verholfen, aber schön anzusehen waren sie in jedem Fall.


Nach knappen zwei Stunden - mehr Aufenthaltszeit ist im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen auch nicht vorgesehen - verließen wir die Burg wieder und stellten fest, dass die Warteschlange vor dem Tor gewaltig angewachsen war - wir waren wohl doch noch vor dem ganz großen Andrang angekommen.
 
Wir fuhren nun weiter nach Monreal. Die Ortsgemeinde mit dem französisch klingenden Namen ist eine ehemalige mittelalterliche Tuchmacherstadt, die in der Neuzeit diverse Preise für ihre Schönheit gewonnen hat. Nach unserem Erlebnis an der Burg Eltz überraschte es mich, dass wir in Monreal zwar  nicht die einzigen Touristen waren, es aber auch alles andere als überfüllt war.


In dem kleinen Ort drängen sich putzige Fachwerkhäuschen um den Fluss Elz, für Besucher weisen viele Schilder auf Besonderheiten der jeweiligen Häuser und ihre Geschichte hin. Die vielen Brücken über den kleinen Fluss machen sich auf Fotos perfekt. Etwas überraschend fand ich - neben der überschaubaren Besucherzahl - dass der Ort Touristen nicht sonderlich viel Infrastruktur bietet: So gibt es insgesamt zwei Cafés, von denen eines geschlossen war, keine Restaurants und auch keine touristischen Geschäfte. Gerade letztere vermisste ich überhaupt nicht, und ihre Abwesenheit lässt das malerische Dörfchen natürlich viel authentischer wirken.


Nachdem wir den historischen Ortskern erforscht hatten, gab es einen weiteren Aufstieg zu bewältigen, denn über Monreal thronen gleich zwei Burgruinen aus dem 13. Jahrhundert, die der Löwenburg und der Philippsburg. Man kann beide Ruinen besichtigen und auch den Bergfried der Löwenburg besteigen und von dort aufs Dorf herabsehen.


Im Anschluss an unsere kleine Wanderung besuchten wir das offene der genannten Cafés und hatten das Glück, einen Tisch zu ergattern - auch wenn Monreal alles andere als überlaufen ist, gab es mehr Interessenten als Plätze (nur der Außenbereich war geöffnet), und manche Besucher wurden weggeschickt. Wir dagegen konnten unter einem dank Hitze dringend erforderlichen Sonnenschirm unseren Durst stillen und zudem Kuchen und Eiskaffee genießen.


Unser vorletztes (Doppel-)Ziel waren das Kloster Maria Laach und der benachbarte Laacher See. Letztgenannten hätte ich unter anderen Umständen gerne zu Fuß umrundet, aber an diesem Tag waren wir schon genug gelaufen, also begnügten wir uns mit einem Spaziergang zum Wasser und genossen die Aussicht. Zwischen See und Kloster konnte man die Hühner und Kühe sehen, die zu den Wirtschaftsbetrieben des Klosters gehören.


Was ich in Monreal an Infrastruktur für Besucher vermisst hatte, bietet die Abtei Maria Laach reichlich: Auf dem weitläufigen Gelände befinden sich neben dem Biobauernhof und Hofladen ein Hotel, in Restaurant, eine Gärtnerei, eine Buchhandlung und sogar ein Möbelgeschäft. Passiert man das alles, erreicht man die riesige romanische Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert. Besonders gut gefielen mir neben dem Kreuzgang die Mosaike im Inneren der Kirche.


Mittlerweile war es später Nachmittag geworden, und eigentlich hatten wir bereits beschlossen, nun wieder nach Hause zu fahren, als direkt vor dem Kloster ein Wegweiser zur laut Navigationssystem angeblich nur 8 Kilometer entfernten Burg Olbrück wies - diese wäre eigentlich unser letztes Ziel des Ausflugstages gewesen, und wir entschieden uns, diesen kleinen Umweg nun doch auch noch mitzunehmen.


Die 8 Kilometer erwiesen sich als Luftlinie, dennoch erreichten wir die Ruine relativ schnell und stellten erleichtert fest, dass das Gelände bis 18 Uhr geöffnet ist. Auch hier läuft dank Corona aktuell einiges anders: Normalerweise kostet die Ruine einer der ältesten Burgen der Eifel Eintritt, aktuell darf man sie umsonst betreten, dafür kann man den Bergfried auch nicht ersteigen, und die vorhandene Gastronomie ist geschlossen. Führungen finden auch nicht statt.


Die Ruine ist gerade für Kinder sehr angenehm gestaltet, denn neben einem Burg-Spielplatz für die ganz Kleinen kann man an verschiedenen Wegstationen Tonaufnahmen (eine Art Hörspiel) rund ums Burgleben hören, der „Startknopf“ ist dabei ein Schwert im Stein - beim Anschalten kann man sich also wie König Artus fühlen. Für Erwachsene gibt es Hinweistafeln, die erklären, wie die Burg früher aussah und genutzt wurde - wie in der Burg Eltz wohnten hier nämlich gleichzeitig mehrere Familien als Erbengemeinschaft. Rechtzeitig vor der Torschließung erreichten wir wieder den Ausgang und fuhren nun wirklich nach Hause.


Mein Freund und ich waren in früheren Jahren bereits zweimal bei extrem heißen Sommertemperaturen in Rom auf Besichtigungstour, was einerseits toll war, einem andererseits aber auch einiges an Durchhaltevermögen abverlangte. Durch Zufall hatten wir für unsere Eifeltour einen ähnlich warmen Tag gewählt und dennoch - laut meinem Handy - zu Fuß 11 Kilometer und 55 Stockwerke zurück gelegt. Aber vielleicht gerade deshalb war es auch ein Tag mit echtem "Urlaubsgefühl". Zusätzlich hatte ich eigentlich auch einen Maar besuchen wollen, und es gäbe auch noch jede Menge weitere Burgen, die Teufelsschlucht und viel mehr putzige Fachwerkdörfer… vielleicht (bestimmt) ein andermal.

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