Der große Schokoladentest (62): Green & Black's

by - September 01, 2021


Als ich vor vielen, vielen Jahren als Au Pair-Mädchen in London weilte, bestand die britische Schokoladenwelt aus Cadbury's und Importware. Die Firma Green & Black's war damals (wie ich eben las) bereits gegründet, aber noch nicht sonderlich verbreitet. In späteren Jahren konnte man diese hochwertigeren Schokoladentafeln in jedem größeren Supermarkt erwerben, und bei gelegentlichen Besuchen im Vereinigten Königreich tat ich das auch. Gerade im Vergleich zu den für den deutschen Gaumen wirklich nicht sonderlich schmackhaften Cadbury-Tafeln war Green & Black's ein echter Genuss, hinzu kam die un-deutsche Sortenauswahl mit Geschmäckern wie Ingwer und Butterscotch. 

In Deutschland haben es die Produkte nach wie vor nicht in den regulären Handel geschafft - dabei wurde die Marke zunächst an Cadbury verkauft und gehört mittlerweile gemeinsam mit Cadbury und auch beispielsweise Milka zum Konzern Mondelez International. Letztes Jahr im Sommerurlaub lachten mich die britischen Tafeln allerdings an der Kasse eines dänischen Supermarkts an und durften mit - obwohl in meinem Hinterkopf der Gedanke aufkam, dass Georg Bernardini in seinem hier oft erwähnten Werk Der Schokoladentester meines Wissens zu der Marke nicht viel Positives zu sagen hatte.


Zum Produkt

Wie gesagt, Green & Black's existiert schon seit den frühen 1990ern, die Gründer sind ein Ehepaar, Craig Sams and Josephine Fairley, das auch heute nach diversen Verkäufen noch die Verantwortung für Green & Black's trägt. "Green" stand dabei für den Versuch, eine ökologische Schokolade mit nachhaltigen Zutaten anzubieten, "Black" wies auf die gute Qualität des verwendeten Kakaos hin.

Die eigentliche Schokolade wird in Kanada, Italien und Polen hergestellt und ist heutzutage in vielen Ländern erhältlich. Zusätzlich zur Hauptlinie "Green & Black's Organic" existiert seit 2017 auch "Green & Black's Velvet", wobei diese Tafeln weder das Fair Trade Siegel tragen noch Bioqualität haben - eine seltsame Entscheidung, sich so genau entgegengesetzt zu den eigenen Gründungsprinzipien zu entwickeln!

Schokoladentafeln bleiben auch heute das Kerngeschäft von Green & Black's, zusätzlich gibt es noch Geschenksets mit Minitafeln und Schokolade und Kakao zum Kochen und Backen und Saisonware wie Ostereier.



Originalität

Heute fallen einem die Tafeln nicht mehr sonderlich ins Auge, vor 20 Jahren war das sicherlich anders. Ebenso ist es mit der Fair Trade und Bio-Idee: Früher hätte man solche Schokoladen hauptsächlich in Biomärkten á la Alnatura (oder bei Wholefoods in den USA) gesucht, heute findet man sicherlich Vergleichbares in fast jedem Supermarkt.

Hinsichtlich Sortenvielfalt ist das Sortiment auch eher klein aber fein: Die ursprüngliche Produktkategorie "Green & Black's Organic" umfasst 11 Geschmacksrichtungen, darunter je eine Tafel mit "reiner" Milchschokolade, dunkler und weißer Schokolade, und zusätzlich aromatisierte Sortren, darunter die nach wie vor erste erhältliche Sorte "Maya Gold" (mit Orangengeschmack) und Meersalz, Haselnuss mit Rosinen, Toffee und so weiter. "Green & Black's Velvet" wartet dann noch mit weiteren 14 Geschmacksrichtungen auf, darunter etwas gewagtere Kombinationen wie "Raspberry & Hazelnut" und "Orange & Almond". 6/10


Nachhaltigkeit

Ein schwieriges Thema. Zunächst würde man denken, dass wir es wieder einmal mit einer Schokoladenfirma zu tun haben, die extra gegründet wurde, weil man ein ökologisches Fair Trade-Produkt anbieten wollte. Nur: Zumindest in der neuen Produktlinie "Velvet" steht wohl nur noch das "Green" im Namen für ein Versprechen, das so nicht mehr eingehalten wird. Auf diesen Tafeln findet man nur noch das Siegel von "Cocoa Life", dem Sustainability-Programm von (man kann es sich denken) Mondelez, "bio" ist ohnehin gar nichts. Folglich entwickelt sich die Marke aus einer ursprünglich starken Richtung ganz klar Richtung Lippenbekenntnis. Natürlich hat es auch einen Wert, dass ein Konzern wie Mondelez daran arbeitet, seine Kakaobeschaffungsquellen ethischer zu machen. Aber gleichwertig mit dem Ursprungsgedanken des Unternehmens sind diese Ansprüche für mich keineswegs, zumal es ja einen Grund geben muss, warum die neuen Tafeln nicht einfach auch das Fair Trade-Siegel tragen.

Was Transparenz angeht, scheint Green & Black's übrigens noch nie ein leuchtendes Vorbild gewesen zu sein: In Der Schokoladentester schreibt Georg Bernardini nämlich schon 2011 über eine irreführende Beschreibung des Herstellungsprozesses. Einerseits war offen erkennbar, dass die Schokoladen (damals) in Italien produziert wurden, dennoch erweckte die Website den Eindruck, dass die "Hersteller" höchstpersönlich Kakaobohnen mahlten. 3/5


Zutatenqualität

Ignorieren wir hier die "Velvet"-Linie, denn meine beiden Tafeln stammen aus dem "Green & Black's Organic"-Sortiment, in dem die Welt noch in Ordnung ist... beide Tafeln enthalten somit ausschließlich Bio-Zutaten und Kakao aus fairem Handel. Meckern kann man aber dennoch ein bisschen: Die Sorte "Butterscotch" enthält nämlich sowohl (Bio-)Palmöl als auch natürliche Aromen. 8/10


Preis / Leistung

Eine Tafel "Green & Black's Organic" wiegt 90 Gramm und kostet um die 2 Pfund. Die "Velvet"-Edition kostet bei geringerer Leistung genau dasselbe, aber es ist mittlerweile wohl durchgekommen, dass ich von dieser nicht viel halte... Um die 3 Euro für 100 Gramm sind nicht gerade ein Schnäppchen, aber zumindest für die "Organic"-Produktlinie auch völlig in Ordnung. 3/5

 


Geschmack

Jetzt können wir alle "Leider geil" von Deichkind anstimmen... es zeigt sich nämlich zu meinem Bedauern, dass ich einfach keine sonderlich gute Schokoladentesterin bin, sondern mich Produkte für den Massenmarkt (wenn auch ganz bestimmt nicht alle) durchaus begeistern können. Ich testete zunächst die Sorte "Ginger", eine dunkle Schokolade mit 60 Prozent Kakao und kandierten Ingwerstückchen. Diese Variante einer Ingwerschokolade schmeckt mir deutlich besser als andere, die ich bereits probiert hatte, was sicherlich an der Süße des Ingwers liegt - die nicht nur Freunde gefunden hat. "Mehr Ingwer und weniger Zucker wäre besser" schreibt Herr Bernardini in seinem Buch. 10/15

Noch deutlich besser gefällt mir die Sorte "Butterscotch", eine Milchschokolade mit nur 37 Prozent Kakaoanteil und Butterkaramell-Stückchen. Bernardini hat sie zum Glück gar nicht erst probiert, sie wäre ihm sicher viel zu süß. Süß finde ich sie auch, aber eben auch sehr schmackhaft. Mist. 12/15


Gesamturteil

Eine echte Empfehlung kann ich für Green & Black's wegen der oben geschilderten Umstände nicht abgeben, aber wenn ich irgendwann wieder ins Ausland verreisen kann und mich in irgendeinem Regal die "Butterscotch" anlacht, werde ich sie vielleicht dennoch kaufen... 

In den objektiven Kategorien schafft Green & Black's dank verwirrender Angaben eher schmale 21 von 35 Punkten, inklusive Geschmack schafft "Ginger" dennoch 31 und "Butterscotch" 33 von maximal 45 Punkten.

Übrigens: Hier gibt es die Ergebnisse aller bisherigen Schokoladentests als Gesamtranking!     


Hinweis: Auf meinem Blog gibt es keinerlei Werbung oder Sponsoring, folglich will ich mit meinen Beiträgen auch keine potenziellen Werbepartner beeindrucken und muss nichts dementsprechend kennzeichnen.

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