Ihr Kindle-lein kommet
Lange habe ich überlegt, aber letztlich kann ich mich neuem Technik-Kram ja immer eher schlecht entziehen. Deshalb besitze ich nun seit wenigen Tagen einen Kindle, das E-Book-Lesegerät von amazon.
Der Kindle ist zwar auf amazon.de erst seit April erhältlich, er existiert international aber bereits eine ganze Weile. Zunächst hatte er mich nicht interessiert, weil ich dachte, er sei im Vergleich mit „echten“ Tablets wie dem iPad doch sehr eingeschränkt im Funktionsumfang. Wenn man also schon sein Geld verpulvern wollte, warum dann nicht ein Gerät erwerben, das noch viel mehr kann als nur Bücher darstellen?
Mit der Zeit aber ich aber mehr oder weniger die gegenteilige Auffassung angenommen: Erstens habe ich noch keinen vernünftigen Einsatzbereich für iPad & Co. ausmachen können, und zweitens hat die Einseitigkeit des Kindle durchaus ihren Reiz: Er ist im Vergleich zu Tablets relativ preiswert und konzentriert sich recht überzeugend auf seine Hauptaufgabe: Zum Bücherlesen braucht man keinen Touchscreen und auch keinen Internetbrowser (den er in rudimentärer Form übrigens hat), sondern ein angenehmes, nicht flackerndes und nicht reflektierendes Display. Und das war’s eigentlich auch schon fast.
Beim Kauf hat man die Wahl zwischen einem Gerät, das Bücher nur per WLAN beziehen kann und einem, das per UMTS (dessen weltweite Nutzung im Kaufpreis inbegriffen ist) jederzeit Bücher laden kann. Nachdem ich Heim-Internet habe und selten in der U-Bahn spontan Lust bekomme, mir Krieg und Frieden herunter zu laden, entschied ich mich für die 50 Euro günstigere WLAN-Version.
Da ich ein Mädchen bin und damit es der Kindle schön warm und bequem hat, musste anschließend sofort eine attraktive Hülle besorgt werden. Ich bestellte zu diesem Zweck erstmalig etwas auf dem Internet-Handarbeitsmarktplatz Etsy und wurde nicht enttäuscht: Mein „Kindle sleeve“ ist gleichermaßen putzig wie zweckmäßig. Es ist innen mit kuscheligem Fell gepolstert und hat außen eine kleine Tasche für das Ladekabel. Zu den niedlichen Eulen, die darauf abgebildet sind, muss ich nichts sagen.
Der Kindle war bei seiner Ankunft bereits mit meinem amazon-Konto verbunden, und so konnte ich ihn sofort mit Büchern befüllen. Neben dem amazon-E-Book-Shop stehen einem hier übrigens auch etliche Umsonst-Plattformen wie gutenberg.org zur Verfügung, die insbesondere ältere Bücher zum Download anbieten: Sämtliche Sherlock Holmes-Romane, Mark Twain, Jane Austen, Goethe, Schiller - alles völlig legal umsonst erhältlich.
Und so lese ich nun seit einigen Tagen recht begeistert elektronisch und freue mich insbesondere auf den nächsten Urlaub, wenn ich stapelweise Bücher mitnehmen kann und sie dennoch nicht schleppen muss. Insgesamt spricht aus meiner bisherigen Sicht aber sowohl vieles für als auch etliches gegen den Kindle:
Pro
- Das Gerät ist leicht und flach, und man kann damit auch dickere Bücher problemlos mit sich herumtragen – für mich als „in-der-U-Bahn-Leserin“ durchaus ein wichtiges Argument.
- Das Lesen auf dem Gerät macht (bis jetzt) Spaß.
- Es sind englische und deutsche Wörterbücher dabei.
- Man kann einiges machen, was bei echten Büchern nicht geht, zum Beispiel schnell etwas im Buch suchen, Wörter aus dem Text direkt in den vorhandenen Wörterbüchern nachschlagen oder eigene Fußnoten schreiben.
- Der Text ist individuell einstellbar, sowohl in der Größe und Schriftart als auch bezüglich Zeilenabstand und Wortzahl pro Zeile.
- Der Akku scheint ewig zu halten.
- Ältere Titel bekommt man häufig umsonst.
- Das Gerät hat eine große Auswahl hübscher und intellektueller Bildschirmschoner – vor allem Autorenbilder, aber auch alte Grundrisse, Tierillustrationen ... wirklich schön gemacht.
- Uns zuletzt genannt, aber höchst wichtig: Das „electronic ink“ Verfahren, mit dem der Kindle die Seiten darstellt, ist tatsächlich angenehm für die Augen und hat mit regulärem Bildschirmlesen nichts gemeinsam.
Contra
- Das schwarzweiße Display ist im Jahr 2011 etwas antiquiert. Die Tatsache, dass es keinen Touchscreen gibt, stört mich persönlich eher wenig, aber ich selbst und jeder, der den Kindle das erste Mal in die Hand nimmt, tatscht erst einmal erfolglos auf dem Bildschirm herum.
- Die Knöpfe zum Vor- und Zurückblättern sind so angebracht, dass man leicht aus Versehen eine Seite umschlägt.
- Man kann die Schriftgröße und –art individuell einstellen, nicht aber den Kontrast oder die Helligkeit.
- Die Menüführung ist zwar nicht sonderlich schwierig, könnte aber sicherlich intuitiver gestaltet werden.
- Die Menüs sowie der komplette Nutzerguide sind auf Englisch. Mir macht das nichts aus, aber es gibt sicher viele Deutsche, die das anders sehen.
- Wenn man E-Books nicht gerade umsonst oder in einem Sonderangebot bekommt, ist der Preisunterschied zu gedruckten Romanen eher deprimierend: Etwa einen Euro billiger sind sie meist (was übrigens nicht die Schuld von amazon ist, sondern die der Verlage). Zu Sparzwecken ist der Kindle also völlig ungeeignet.
- Während ich es als langjährige amazon-Kundin gewohnt bin, für meine Einkäufe auch amazon.com und amazon.co.uk zu nutzen, muss man sich mit dem Kindle für einen Shop entscheiden und kann in den anderen nichts kaufen.
- Das Kindle-System ist nicht offen – man kann also keine Bücher mit anderen Readern wie dem Oyo (dem Konkurrenzprodukt der Buchhandlungskette Thalia) austauschen.
- Zum Lieferumfang gehört ein USB-Kabel, das auch zum Akku laden verwendet wird. In anderen Ländern ist auch ein Netzstecker für die Steckdose inbegriffen, aber in Deutschland muss man diesen separat für 15 beziehungsweise sogar 20 EUR (wenn man ihn nicht gleichzeitig mit dem Kindle bestellt) erwerben.
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