30 Jahre später: Depeche Mode im Kölner RheinEnergieStadion

by - Juni 06, 2017


Dieses Jahr feiere ich mein 30jähriges Konzertjubiläum: Am 6. November 1987 sah ich als erstes Konzert meines Lebens Depeche Mode in der Kölner Sporthalle. Also war es nur konsequent, auch das Jubiläumskonzert in Köln zu besuchen.

So richtig geplant war der Besuch aber zumindest von meiner Seite aus nicht. Ich hatte, als die Stadiontournee zum aktuellen Album "Spirit" angekündigt wurde, nämlich eigentlich gesagt, dass ich keine Lust habe, die Band winzig klein auf der Bühne der Commerzbank-Arena zu sehen. Folglich wurden auch keine Tickets erworben. Später stellte ich fest, dass das aktuelle Album der Band, "Spirit" deutlich interessanter klingt als seine drei Vorgänger, aber da war das Thema schon durch (und die Konzerte ausverkauft).


Dann kam das Pfingstwochenende, und mein Freund überraschte mich mit der Tatsache, dass er uns heimlich doch Tickets besorgt hatte, für das Kölner Konzert am Pfingstmontag. In Erinnerung an unser letztes Konzert der Band legte ich dieses Mal großen Wert auf eine frühzeitige Anreise: Damals in Düsseldorf hatten wir vor dem Konzert eine Stunde im Stau gestanden und, bis wir endlich ankamen, die gesamte Vorband sowie das erste Lied von Depeche Mode verpasst. Darüber hinaus hatte der Kölner Veranstalter im Vorfeld bekannt gegeben, besonders strenge Sicherheitsmaßnahmen anwenden zu wollen, weshalb Besucher angehalten wurden, sich auf ausführliche Kontrollen inklusive Metalldetektoren gefasst zu machen.


Wie man es macht, macht man es bekanntermaßen falsch, das galt auch am Pfingstmontag. Ohne Staus kamen wir gut durch zum Fußballstadion, und die Einlasskontrolle war lascher als viele andere, die ich bereits erlebt hatte. So hatten wir, als wir uns schon im "Front of Stage"-Bereich befanden, noch über zwei Stunden zu warten. Während die Ränge des Stadions noch annähernd leer waren, war allerdings der Bereich vor der Bühne bereits gut mit anderen Wahnsinnigen gefüllt, denen mehrere Stunden Wartezeit nichts ausmachten, wenn sie im Gegenzug eine besonders gute Sicht auf Dave Gahan & Co. haben konnten. Um uns herum wurde viel Bier getrunken, Freundschaften entwickelten sich, allerdings ging man sehr streng mit Besuchern um, die sich an Plätze drängeln wollten, die sie sich nicht "erwartet" hatten. Das hatte ich so noch bei keinem anderen Konzert erlebt. Auch die Dichte an Band-T-Shirts aller Altersklassen war erstaunlich.


Irgendwann war es dann endlich Zeit zumindest für die Vorband "The Horrors". Die "Global Spirit Tour" hatte als bisherige Support Acts die Raveonettes, F.O.X. und eben The Horros, bei weiteren Terminen wird Algiers mit von der Partie sein. Uns hätten bei freier Auswahl die Raveonettes am meisten interessiert, aber vielleicht ist es gut, dass es anders kam: Die bierseligen Freundschaften um uns herum hatten noch so viel Gesprächsbedarf, dass es extrem schwierig war, das Set der jungen Band aufmerksam zu verfolgen. Deren wilde Frisuren und Make-up mochten auch nicht recht zu der Tatsache passen, dass noch  strahlender Sonnenschein herrschte - immerhin wurde die Band auf den Videoleinwänden links und rechts der Bühne schwarzweiß gezeigt, was atmosphärisch etwas besser passte.


In der im Anschluss folgenden Wartezeit wurden um uns herum einige Joints angezündet, die Einlasskontrollen waren also definitiv sehr lasch gewesen. Eine Konzertbesucherin verteilte fotokopierte Zettel, auf denen "Heroes - ever and ever" stand und die man in der zweiten Zugabe hochhalten sollte. Und dann war das Warten endlich vorbei: Vorne wurde "Revolution" von den Beatles angespielt, das in eine Instrumentalversion der aktuellen Depeche Mode-Single "Where's The Revolution" überging. Dann standen Dave, Martin und Fletch auf der Bühne und mit ihnen ein Schlagzeuger (Christian Eigner) und ein Keyboarder (Peter Gordeno) - beide sind seit Uhrzeiten Mitglieder der Liveband.


Die Setliste der gesamten Tournee ist stets gleich, weshalb wir bereits wussten, was uns erwartete. Der erste Song "Going Backwards" ist einer der stärkeren von "Spirit" und entpuppte sich als toller Opener. Dave und Martin trugen beide rote Sakkos, die allerdings angesichts hoher Temperaturen schnell abgelegt wurden. Beide Herren trugen "drunter" Weste, Dave zum ansonsten schwarzen Outfit Glitzer-Stiefeletten. Im Bühnenhintergrund befand sich (natürlich) eine riesige LED-Wand, die zwei Teile hatte: In etwa zwei Metern Höhe befand sich ein Steg, auf dem Dave quasi durchs Bild spazieren konnte. Für weitere Bewegungsaktivitäten stand ihm ein Steg ins Publikum zur Verfügung.

"Barrel of a Gun" von "Ultra" endete mit einigen Sätzen aus Grandmaster Flashs "The Message", dann ging es weiter mit einer ausgesprochen unschönen Version von "A Pain That I'm Used To" dem einzigen Lied von "Playing The Angel", das aktuell noch live vorgetragen wird.


Die Videoleinwand kam nicht bei jedem Lied zum Einsatz, für einige Songs gab es aber regelrecht Filme, die sicherlich vom Haus-und Hofkünstler der Band, Anton Corbijn, stammen. So konnte man zu "So Much Love" ein Schwarzweißvideo mit der Band sehen, zu "In Your Room" den wild choreographierten Tanz eines Paares.

Einen ersten Höhepunkt des Sets stellten die beiden Balladen dar, die Martin Gore allein vortrug, "A Question of Lust" und "Home". Viele im Publikum konnten jedes Wort mitsingen, während Martin angesichts der Begeisterung zu "Home" sogar Daves Publikumssteg testete. Noch lange nach dem Ausklingen des Liedes, und auch, als die restliche Band inklusive Dave bereits zurückgekehrt war, wiederholte das Publikum die Melodie, die normalerweise die Gitarre spielt.


Weiter ging es mit zwei Songs des aktuellen Albums, darunter der Single "Where's The Revolution" (mit zum Albumcover passender Animation auf der LED-Wand) und anschließend "Wrong", einer weiteren der auffälligeren neueren Singles. Dann kamen wir zum Oldie-Teil: "Everything Counts" von 1983, "Stripped" von 1986, "Enjoy the Silence" von 1990 und mein persönliches Lieblingslied "Never Let Me Down Again" von 1987. Eine derartige Fülle toller Hits der Band aus den 80er Jahren hatte das Konzert von 2013 nicht zu bieten gehabt.

Der fest eingeplante Zugabenteil begann mit einer weiteren Solonummer für Martin, "Somebody", und wie bereits zuvor zeigte sich, dass Herr Gore zwar aktuell nicht sonderlich gesund aussieht, aber ganz hervorragend bei Stimme ist.  Im ganzen Stadion wurden leuchtende Handys geschwenkt. Es folgte eine David Bowie-Coverversion, "Heroes", für die viele brav die vorab verteilten Zettel hoch hielten. Mit erschloss sich nicht ganz, warum die Band David Bowie ehren wollte - ein paar erklärende Worte wären gut gewesen.


Zu "Walking In My Shoes" gab es wieder einen kurzen Film zu sehen - er handelte von einem Drag-Künstler und zeigte, wie dieser sich für einen Auftritt fertig machte - inklusive sehr hoher Absatzschuhe, die gut zum Refrain des Songs passten. Nach "I Feel You" und "Personal Jesus" war die sehr gut gelungene Setliste vollendet und das Konzert vorbei.

Letztlich war ich doch froh, Depeche Mode bei einem Stadionkonzert gesehen zu haben. Natürlich ist Dave Gahans Bühnenshow mit ihren Tänzen, Hüftschwüngen, Drehungen und dem Stolzieren mit den Jahren recht vorhersehbar geworden, aber Konzerte dieser Größenordnung lassen ja ohnehin wenig Spielraum für Improvisation. Ich hörte viele großartige Songs und freute mich dieses Mal insbesondere an denen von Martin.


Setliste:

Going Backwards
So Much Love
Barrel of a Gun (with a snippet of Grandmaster Flash's "The Message" )
A Pain That I'm Used To ('Jacques Lu Cont's Remix' version)
Corrupt
In Your Room
World in My Eyes
Cover Me
A Question of Lust (Acoustic)
Home
Poison Heart
Where's the Revolution
Wrong
Everything Counts
Stripped
Enjoy the Silence
Never Let Me Down Again

Somebody
Walking in My Shoes
"Heroes" (David Bowie cover)
I Feel You
Personal Jesus

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