Gesehen: Oktober 2025


Vor etlichen Jahren ging ich einmal durch eine Tatort-Phase, in der ich so gut wie jede Sonntagsausgabe der Krimiserie ansah. Es waren durchaus gut und erinnerungswürdige Episoden dabei, langfristig überwogen jedoch die Enttäuschungen deutlich - und so habe ich dann irgendwann das Interesse komplett verloren.

Nur am Rande bekam ich deshalb mit, dass mein ehemaliger Wohnort (und immer noch Arbeitsort) Frankfurt wieder einmal ein neues Ermittlerduo erhalten hat, das sich (zumindest anfangs) mit "cold cases" beschäftigen würde. Im zugehörigen Spiegel online-Artikel erinnerte mich die Beschreibung - in Ungnade gefallene Polizisten untersuchen in einem unbequemen Kellerraum alte Fälle - recht frappierend an die Serie Dept. Q, die auf Romanen von Jussi Adler-Olsen basiert und seit einigen Monaten auf Netflix zu sehen ist.

Die Sonntagabend-Premiere des Frankfurter Falls im Oktober habe ich dann verpasst, erinnerte mich aber während meines kürzlichen Bildungsurlaubs daran und schaute am Ankunftsabend die Auftaktfolge in der Mediathek. Was ich vorher nicht gewusst hatte: Die Handlung richtet sich stark an zwei realen Frankfurter Fällen aus, dem um den Serienkiller Manfred Seel und dem bislang ungelösten Mordfall Tristan, der zeitweise ebenfalls Seel zugeordnet wurde.

In der Tatort-Version ermittelt zunächst Maryam Azadi, eine iranisch-stämmige Überfliegerin, die von der Polizeichefin als talentierte Konkurrentin um höhere Positionen unschädlich gemacht und in den Keller verbannt wurde. Zu ihr gesellt sich als Kollege Hamza Kulina, der von der Chefin heimlich darauf angesetzt wurde, eventuelles Fehlverhalten seiner neuen Vorgesetzten zu beobachten und nach oben zu melden.

Ausgehend von einem Leichenfund in der Garage eines Verstorbenen entdecken die beiden dessen Doppelleben als Serienmörder und entdecken basierend auf zeitlich und örtlich passenden ungelösten Mordfällen immer mehr Opfer. Dabei wählt die Tatort-Folge den ungewöhnlichen Ansatz, häufig die Perspektive der Opfer beziehungsweise die von deren überlebenden Verwandten einzunehmen. Mehrmals erzählen diese ausführlich davon, wie es damals war, als der geliebte Mensch verschwand und es keinerlei Hinweise gab, was passiert sein könnte. Vielfach bietet die Gewissheit nach Jahrzehnten eine gewisse Erleichterung, teils reißt sie auch alte Wunden auf. Beim ermittelnden Kulina werden zudem die traumatischen Erinnerungen an den in Srebrenica ermordeten Bruder neu geweckt.

Insgesamt erzählt der neue Tatort in seiner Premiere also sehr traurige Geschichten, und wer hier bei der Aufklärung eines Verbrechens mitraten und -fiebern wollte, wurde vermutlich enttäuscht. Mir hat die Fokussierung auf die Opfer als reale und fühlende Menschen, die bei anderen große Lücken hinterlassen haben, aber durchaus gut gefallen. Noch im November treten die neuen Frankfurter Ermittler ein weiteres Mal an - auf die Premiere Dunkelheit folgt dann der zweite Teil Licht.

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