Beide kommen aus Island, beide spielen bei Seabear, beide veröffentlichen ihre Alben über Morr Musik und beide sind wunderbar. Sie (Sóley) vielleicht derzeit noch etwas mehr als er (Sinn Fang). Und beide sollten gemeinsam im Wiesbadener Schlachthof ein Konzert spielen - ausgerechnet zeitgleich zum Finale von Germany‘s Next Top Model, was bei uns zu leichten Diskussionen über die wünschenswerte Abendgestaltung führte. Die Kultur siegte. Also das Konzert.
Nachmittags wurden noch einmal schnell die Rahmenbedingungen per Homepage des Veranstalters überprüft (Konzert von 20 bis 23 Uhr, Eintritt 13 Euro), da wir nicht umsonst durch die sintflutartigen Regenfälle in die hessische Landeshauptstadt fahren wollten. Pünktlich trafen wir in Wiesbaden ein, doch die Türen blieben zunächst verschlossen, und so sammelte sich vor dem Schlachthof eine immer größer werdende Menschenmenge an. Irgendwann, weit nach 20 Uhr, hatte das Warten aber ein Ende, und wir konnten die Konzerthalle betreten. Jedoch erwartete uns an der Kasse ein Schild, das darauf hinwies, dass das Konzert von Sóley krankheitsbedingt ausfallen müsse. Dabei war die Vorfreude auf die Live-Darbietung ihres Solodebüts „We Sink“ doch so groß gewesen! Na ja, zumindest die von einem von uns.
Während einseitig und erfolglos der Vorschlag unterbreitet wurde, zum Public Viewing der Finalübertragung zu gehen, wurden wir in der Schlange weiter nach vorne geschoben, zahlten nahezu automatisch den ermäßigten Eintritt von 10 Euro und bekamen den Stempel verpasst, der unser beider aktuelle Stimmung recht gut wiedergab: Grr!
Innen bekamen wir noch reichlich Zeit, um uns über das Verpassen von Sóley Stefánsdóttir (bzw. Heidi Klum) auszulassen, bis Sin Fang nach 21 Uhr endlich die Bühne betreten sollten.
Sindri Már Sigfússon wurde von einem Sitz- und einem Stehschlagzeuger, einem Bassisten und einem Gitarristen, der sich seine Effektgeräte aus Tunfischdosen selbst zusammengebastelt hatte, begleitet. Sigfússon nutze die drei auf ihn wartenden Mikrofone, spielte Gitarre und streute sehr spärlich Samples und Effekte mit Hilfe seines Macbooks ein, so dass die Liveumsetzung deutlich weniger experimentierfreudig war als auf seinen Alben „Clangour“ (als Sin Fang Bous) und „Summer Echoes“.
Das Konzert wurde mit „Nothings“ und „Always everything“ eröffnet, und auch wenn Sigfússon die meisten Titel vorher höflich nannte, war bei den Ansagen der entscheidende Teil häufig recht unverständlich: The next Song is called „Rgnf“ (oder so ähnlich). Zudem baute er nicht nur Songs seiner noch sehr neuen EP „Half Dreams“ ein, sondern auch bisher unveröffentlichte Lieder, so dass sich zwischendurch auch die Mitmusiker über anstehende Akkorde verständigen mussten.
Eine Verständigung erfolgte dank einer mitfühlenden Freundin auch mit Hilfe der App „WhatsApp“ über die aktuellen Geschehnisse bei GNTM. Die Kommunikationsfrequenz zwischen Sindri Sigfússon und dem Publikum war stellenweise deutlich geringer als die auf meinem iPhone zum Thema Modelfinale. Zwischendurch fragte er jedoch, ob heute ein Feiertag in Deutschland sein und reagierte auf die scherzhaft gemeinte Übersetzung „Happy Kadaver Day“ mit der Rückfrage, ob das wirklich ein christlicher Feiertag sei.
Nach elf Titeln beendeten Sin Fang ihr Set, Sigfússon kam jedoch für zwei Zugabelieder, die er allein am Keyboard bestritt, zurück. Er teilte uns mit, dass er den noch nicht veröffentlichen Titel „Look at the Light“ am Abend zuvor in Paris recht manierlich hinbekommen habe und hoffe, dass ihm dies auch nun gelingen würde. Muss es wohl, denn er und seine Mitstreiter wurden anschließend zu einer weiteren Zugabe auf die Bühne geklatscht.
Bei dieser standen die fünf Musiker jedoch zunächst ein wenig untätig herum und mussten sich erst einmal auf einen Titel einigen. Aus dem Publikum wurde „Cat Piano“ von Seabear gewünscht, jedoch mit dem Hinweis, dass sie den Song nicht mehr spielen könnten, abgelehnt. Da dieses Mal noch nicht einmal eine verhallte und vernuschelte Ansage erfolgte, blieb uns der Titel des letzten Liedes leider verborgen. Nachdem wir als „handsome, wonderful and nice“ bezeichnet worden waren, verließen Sin Fang endgültig die Bühne – vermutlich, um gemeinsam mit Sóley die letzte Stunde von Germany's Next Top Model zu schauen. Uns dagegen blieb nach der Heimfahrt nur noch die doofe Aftershowsendung bei Pro Siebens Red.
Setliste:
Nothings
Always everything
Everything is all right (neu)
Slow lights
Catch the light
Clangour and flutes
Only Eyes
Because of the blood
The Jubilee Choruses
Sea (?)
Sunbeam
Look at the light (neu)
Walk with you
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