Was ist das nur dieses Jahr? Ich, die es eigentlich gar nicht mag, dieselbe Band mehrfach auf derselben Tournee zu sehen, scheine dieses Jahr kaum etwas anderes zu tun: Nach CocoRosie, Enno Bunger und Editors sah ich gestern nun auch Sigur Rós ein zweites Mal. Als wir uns entschlossen, im Sommer nach Rom zu fahren und ein Konzert der Isländer zu besuchen, waren die Tickets für Frankfurt nämlich bereits gekauft gewesen.
Anders als in Rom gab es für den Auftritt in Frankfurt eine Vorband, I Break Horses aus Schweden. Von Christoph, der die Bands bereits am Vorabend in Luxemburg gesehen hatte, wussten wir schon, dass der bereits für den Auftritt der Hauptband zwischen Bühne und Zuschauerraum angebrachte durchsichtige Vorhang erst bei deren drittem Song fallen würde, und so kam es dann auch: I Break Horses blieben für ihr kurzes Set also komplett hinter dem Stofftuch und waren so teils nur als Umrisse wahrnehmbar. Man konnte aber auch so sehen, dass die Band aus einer Keyboard spielenden Sängerin, einem weiteren Keyboarder und einem Schlagzeuger bestand. Während die Sängerin ein gewagtes schwarzes Cape trug, das sie auch mehrfach mit gehobenen Armen präsentierte, trugen die Herren Kapuzenpulli.
Die Musik erschien mir passend zum Cape etwas Addams-Family-mäßig düster, wobei sich angesichts der Kürze des Auftritts (fünf Songs in etwa 25 Minuten) von mir nicht allzu viel dazu sagen lässt. Die theatralischen Gesten der Sängerin fand nicht nur ich ein wenig albern (neben mir wurde gekichert), so dass ich insgesamt sagen muss: I Break Horses interessieren mich nicht sonderlich, so dass ich mir das im Januar erscheinende neue Album "Chiaroscuro" wohl nicht anhören werde.
In der nun folgenden Umbauspause lief eine für mich enervierende "Wartemusik", die ich bereits aus Rom kannte und die aus genau zwei langgezogenen, an- und abschwellenden Noten bestand. Zum Glück kamen Sigur Rós dann gegen 21 Uhr auf die Bühne und erlösten uns mit "Yfirborð". Neben den drei verbleibenden Bandmitgliedern hatte sich auch zwei zusätzliche Musiker, die sich an einer Vielzahl von Instrumenten betätigten, eingefunden, außerdem gab es noch drei Streicherinnen und drei Bläserinnen und Bläser im Hintergrund, die ich allerdings im Nebel hinterm Vorhang zunächst kaum ausmachen konnte.
Die dreiköpfige Sigur Rós-Stammbesetzung selbst - Jón Þór „Jónsi“ Birgisson, Georg „Goggi“ Hólm (Bass) und Orri Páll Dýrason (Schlagzeug) - trug einmal mehr Phantasieuniformen, dieses Mal in Hemdform, wobei die Bekleidungsstücke einander zwar stark ähnelten, aber unterschiedliche Farben hatten. Die Bühne wurde wie schon in Rom von einem Meer aus Glühbirnen beleuchtet, die an unterschiedlich hohen Stehfassungen befestigt waren.
Während bei "Yfirborð" Projektionen sowohl auf den Bühnenvorhang als auch auf die in der Höhe verstellbare Leinwand im Hintergrund geworfen worden waren, zeigte beim nun folgenden "Vaka" nur der Vorhang eine Gasmaskenfigur aus dem zugehörigen Video. Nachdem wir über die Vorhangsituation ja wie gesagt bereits bestens informiert worden waren, waren wir nicht sonderlich überrascht, als bei der Single "Brennisteinn" die Sicht auf die Band endlich frei wurde, allerdings erfolgte der Fall des Schleiers perfekt abgestimmt bei einem "Krach" im Lied, was durchaus beeindruckend war.
Die mitgebrachten Extramusiker betätigten sich immer wieder an den verschiedensten Instrumenten, beispielsweise war einer bei "Hrafntinna" an einem Extraschlagzeug auf der linken Bühnenseite mit scheppernden Klängen beschäftigt, während der andere rechts die Becken zusammen schlug. Auch die Streicher- und Bläserinnen hatten mehrere Aufgaben und sangen so auch am Ende von "Varúð" mit.
"Hoppipolla"s Anfang wurde vom Publikum besonders bejubelt, überhaupt war das Album "Takk" - abgesehen natürlich vom aktuellen "Kveikur" - mit den meisten Songs vertreten, "Ágætis byrjun" wurde leider gar nicht berücksichtigt. Mit einer Art Winkegeste forderte der ansonsten selbst für seine eigenen Verhältnisse wortkarge Jónsi das Publikum zum Mitklatschen auf. Währenddessen sprühten auf der Leinwand im Hintergrund Funken.
Nachdem "Kveikur" sich am Ende in eine Krachorgie gesteigert hatte, verließen die anderen Musiker die Bühne und ließen Jónsi zurück, der nun zunächst mit dem Geigenboggen auf seiner Gitarre schrammelte, um dann "Festival" zunächst allein an der Gitarre vorzutragen. Eine auch in der aufgenommenen Version lange Note hielt er live geradezu endlos, was ihm von der anschließend zurückkehrenden Band ein anerkennendes Schulterklopfen einbrachte.
Irritierenderweise entpuppte sich der nun folgende Song als "Popplagið" - das Lied, das traditionell jedes Sigur Rós-Konzert abschließt. Sollte das etwa bedeuten, dass es keine Zugabe geben würde? In der Tat, das hieß es. Nach diesem Lied und rund 90 Minuten kamen alle Musiker noch mehrmals zum Verbeugen zurück, während auf der Leinwand groß "Takk" stand, aber dann war überraschenderweise Schluss.
Nachdem ich mich im Songmaterial von Sigur Rós nur oberflächlich auskenne und auf Isländisch auch keine Textfetzen mitschreiben kann, konnte ich die Frankfurter Setliste erst hinterher per Internet recherchieren. Sie entpuppte sich im Nachhinein als nahezu identisch zu der des Vorabends in Luxemburg, lediglich der Titelsong von "Ágætis byrjun", zu dem Jónsi laut Konzertbericht am Vorabend gesagt hatte, man werde es wahrscheinlich nicht wieder spielen, fehlte tatsächlich. An und für sich bin ich auch gar kein riesiger Fan von Zugaben (beziehungsweise von der Tatsache, dass der ganze Prozess stets so stereotyp abläuft, wenn sie doch fest eingeplant sind), aber in diesem Fall kam das Ende dann doch ein wenig überraschend.
Im Vergleich zum Rom-Auftritt im Sommer fehlten im Frankfurter Set leider auch "Olsen Olsen" und "Svefn-g-englar", was in diesem Fall leider bedeutete, dass der zweite Konzertbesuch des Jahres gegenüber dem ersten eher eine Verschlechterung war.
Setliste:
Yfirborð
Vaka
Brennisteinn
Glósóli
Stormur
Hrafntinna
Sæglópur
Varúð
Hoppípolla
Með Blóðnasir
Rafstraumur
Kveikur
Festival
Popplagið
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