Think Pink: Garbage im Kölner Palladium

by - November 02, 2015


Ach, was war das schön, als ich irgendwann im Jahr 1995 auf MTV erstmals ein Garbage-Video sah. Ich glaube, es war "Vow". Zu dieser Zeit gab es nicht viele Band mit weiblicher Frontfrau, die ich mochte, und plötzlich gab es da diese Band, deren Musik einfach perfekt meinem Geschmack entsprach. Mit "Only happy when it rains" wurde dann endgültig klar, dass diese amerikanische Band mit schottischer Sängerin Aufmerksamkeit verdient hatte - die sie von mir auch mehrere Alben lang bekam.

Dass Garbage zwischenzeitlich in der Versenkung verschwunden sind, kann man eigentlich nicht behaupten, immerhin habe ich die Band noch 2012 zweimal live gesehen, einmal beim Hurricane-Festival und einmal in Manchester. Dennoch war für den Samstagabend in Köln eine Art Erinnerungsabend geplant, denn Garbage feiern mit ihrer aktuellen Tour kein neues Album, sondern den 20. Geburtstag ihrer Debütplatte.


Der Trend bei etwas "älteren" Bands, bei einer Tournee ein früheres, erfolgreiches Album von Anfang bis Ende durchzuspielen, ist ja seit längerem verbreitet, man denke an Kraftwerk, Pixies, The Jesus and Mary Chain, Patty Smith... Garbage nehmen den Ansatz im Vergleich aber geradezu übermäßig ernst, indem sie bei den aktuellen Konzerten nicht nur ihr Debütalbum komplett spielen, sondern zusätzlich noch zahlreiche Non-Album-Singles, B-Seiten und Coverversionen aus der Zeit zwischen 1995 und 1997. Nicht gebunden fühlt man sich dagegen an die Reihenfolge der Songs auf der Platte. Im Zugabenteil erlauben sie sich sogar einen kleinen Regelverstoß, aber dazu später...


Im Kölner Palladium war ich erst kürzlich gewesen, um Morrissey zu sehen, und im Vergleich zum letzten Besuch schien die Halle weniger gut gefüllt zu sein - was sich aber noch ändern sollte, Morrissey-Fans erscheinen anscheinend einfach früher als Garbage-Fans. Wir mussten, obwohl wir eine Weile nach Einlassbeginn angekommen waren, tatsächlich auch ziemlich lange warten, bis auf der Bühne etwas passierte. Obwohl wir im Netz nichts über eine Vorband gelesen hatten, gab es eine: Dutch Uncles aus Manchester. Die vier jungen Männer machten Popmusik mit androgynem Gesang und zahlreichen Xylophonklängen, die vor allem dadurch beeindruckte, dass sie unfassbar laut war. Ich stopfte, so schnell ich konnte, meine Ohrenstöpsel in meine Gehörgänge, und selbst mit Gehörschutz erschien mir die Lautstärke unangenehm.


Nach Ende des kurzen Sets und einer kurzen Umbaupause begann Garbages Auftritt mit einem Film, der, untermal von "Alien Sex Fiend", auf ein riesiges, weißes Tuch, das nun die Sicht auf die Bühne versperrte, projiziert wurde. Schon wieder eine Erinnerung ans Morrissey-Konzert. In Garbages Film ging es allerdings um ihr titelloses Debütalbum und generell die ersten Schritte der Band. Nach Ende der Einspieler betrat die Band hinter dem Tuch die Bühne und spielte den ersten Song "Subhuman" als Schattentheater, wobei die Musiker alle Tiermasken trugen. Anschließend fiel der Vorhang und im Falle von Shirley Manson auch recht schnell die Maske. Unter ihr trug sie nicht die gewohnten langen roten Haare, sondern war offensichtlich extra für die Jubiläumstournee beim Friseur gewesen: Ihre Haare waren genauso rosa wie das Federcover der "Garbage"-Platte - und ebenso wie die Federboa, die ihr Mikrophon zierte.


Die anderen Bandmitglieder ließen die Masken noch ein Lied lang an, und so wurde "Supervixen" unter anderem von einem Dinosaurier und einem Panda gespielt. Shirley trug zur neuen Frisur ein "kleines Schwarzes" mit Faltenrock, wobei in den Falten Nieten saßen, die bei Bewegungen zu sehen waren. Sehr schick. Im Bühnenhintergrund befanden sich vier Bildschirme, auf denen immer wieder etwas zu sehen war (bei "Cherry Lips" etwa Lippen), besonders auffällig waren diese Einspieler jedoch im allgemeinen nicht.


Nach "Queer" wurden wir dann mit "Happy Halloween Cologne" begrüßt (für den Song hatte die Band auch als Intro die Titelmelodie des gleichnamigen Horrorfilms benutzt), allerdings hatte Shirley auch gleich schlechte Nachrichten für uns: Der Monitorsound sei für alle Bandmitglieder ausgefallen, weshalb man gegenwärtig nicht hören könne, was man spiele. Shirley begann bereits spontan, die Setliste umzustellen (wobei mir nicht klar war, warum sich manche Songs für einen "Blindflug" besser eignen sollten als andere), da kam die erleichternde Meldung, dass nun wieder alles funktioniere. Es folgte mit "Driving Lesson" die erste B-Seite des Abends mit dem Hinweis von Shirley, dass man sich mit der Kraft der eigenen Gedanken aus jeder schwierigen Lage befreien könne.


Im anschließenden "As Heaven is Wide" meinte ich, Teile des englischen "Vater unser" zu hören, die im Originalsong nicht vorkommen, thematisch aber ja ganz gut passen würden. Mit "The Butterfly Collector" folgte anschließend ein (ebenfalls einst als B-Seite veröffentlichtes) The Jam Cover, von dem Shirley erzählte, sie habe das erste Mal bei einer drogenumnebelten Orgie mit einigen Punks gehört...


Weiter ging es mit bekannteren Songs vom Debütalbum. Bei "My Lover's Box" griff Shirley, die wir bis dahin nur ohne Instrumente gesehen hatten, überraschenderweise zu einer rosa Gitarre (deren Name angeblich "pink pussy" lautet). Vor "Sleep" stellte sie schnell die Bandmitglieder vor, neben Duke Erikson, Steve Marker und Butch Vig hatte die Band auch, wie bereits 2012, den Bassisten Eric Avery dabei. Das anschließende "#1 Crush" wurde als Liebeslied dem Publium und den Fans gewidmet. Laut meinem Freund hat sich Shirley dazu am Boden herum gewälzt, ich konnte das selbst nicht sehen.


Das in der gespielten Version langsam á capella beginnende und sich dann steigernde "Only Happy When It Rains" bildete gemeinsam mit dem anschließenden "Vow" sicher den Höhepunkt des Sets, das anschließend offiziell beendet war. Garbage hatten nun auch bereits 18 Lieder gespielt und hätten guten Gewissens Feierabend machen können, aber die Band kehrte noch für zwei B-Seiten, "Kick My Ass" und "Girl Don't Come" zurück. Anschließend wurde die Regel, nur Songs vom Debütalbum zu spielen, gebrochen, weil wir als Publikum das laut Shirley verdienten, und so endete das Konzert mit "Cherry Lips (Go Baby Go!)" von 2001 und "Push It"von 1998. Tatsächlich sind diese letzten beiden Lieder die einzigen, die bei dieser Tournee variieren, der Rest ist fest gesetzt, auch wenn die Reihenfolge sich ändert.


Mehrfach während des Sets erklärte Shirley Manson, die Band sei gerade ihrem deutschen Publikum unendlich dankbar, dass dieses die Band nun bereits so lange unterstütze, und gerade zu Köln hat man anscheinend eine besonders enge Verbindung (ein ehemaliges Label der Band befindet sich anscheinend dort). Vielleicht erklärt diese Verbundenheit die Auswahl der Stadt für das einzige Deutschlandkonzert dieser Tour.

Garbages Auftritt hat Spaß gemacht, leider war aber auch das Set der Hauptband viel zu laut und der Sound selbst für Palladium-Verhältnisse unterdurchschnittlich. Laut Shirley hat de Band ein neues Album quasi bereits fertig, insofern wird man die Band 2016 wiedersehen können - hoffentlich nicht wieder im Palladium.


Setliste:

Subhuman
Supervixen
Queer
Driving Lesson
As Heaven Is Wide
The Butterfly Collector (The Jam cover)
Not My Idea
Trip My Wire
Milk
Fix Me Now
My Lover's Box
Sleep
#1 Crush 
Stupid Girl 
Dog New Tricks
A Stroke of Luck
Only Happy When It Rains
Vow 

Kick My Ass (Vic Chesnutt cover) 
Girl Don't Come 
Cherry Lips (Go Baby Go!)
Push It



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