Jonah Matranga hat als Alleinstellungsmerkmal, dass er als bislang einziger Künstler zweimal in unserem Wohnzimmer aufgetreten ist. Ginge es nach ihm, läge die Zahl mittlerweile sogar höher, denn vor einigen Monaten fragte er erneut an, ob wir uns einen weiteren Auftritt vorstellen könnten.
Aus verschiedenen Gründen ließ sich das nicht umsetzen, folglich findet die aktuelle Matranga-Deutschlandtournee ohne Stopp in der Westerwald-Metropole Montabaur statt. Weniger wichtige Orte wie Köln und Frankfurt wurden jedoch mit Auftritten bedacht, und so beschlossen wir am Montagabend recht spontan, das Konzert im Kölner Underground zu besuchen.
Jonah hat dieses Mal sogar einen Support Act dabei, die New Yorkerin Doris Cellar. Diese war bei unserem Eintreffen im Begriff, ihren Auftritt zu starten, dabei befanden sich noch so gut wie alle Gäste in der Bar nebenan. Jonah selbst saß tief in Gedanken versunken an seinem Laptop auf einem der recht mitgenommenen Sofas im kleineren Saal des Underground und übernahm dann, als glücklicherweise doch einige Gäste ins Hinterzimmer strömten, den Merchandise-Stand.
Doris Cellar machte Synthpop zu dem sie selbst sang, während der Großteil der musikalischen Untermalung aus ihrem Macbook kam. Viel anfangen konnte ich damit nicht, die Musik schien auch nicht recht zum Hauptact zu passen, störte aber auch nicht weiter.
Bei Jonah hatte ich zunächst den Eindruck, dass er mit dem Auftrittsbedingungen nicht zufrieden war. Er wirkte sehr ernst, und sein Auftritt begann damit, dass er etwas unentschlossen auf die Bühne kam, dann ein Prince-Lied abspielte und zunächst wieder verschwand.
Doch weit gefehlt - als Jonah nach Ende des Songs die Bühne wieder betrat, zeigte sich schnell, dass er sich vom wenig hübschen Auftrittsort und der überschaubaren Gästezahl, die die Anzahl bei einem Wohnzimmerkonzert nur gering übertraf, nicht negativ beeinflussen ließ. Statt dessen entpuppten sich zahlreiche Zuschauer als Fans und Kenner seiner diversen ehemaligen Bands und Jonah erwähnte gleich zu Beginn, dass er mit dem Underground viele positive Erinnerungen verbindet. Dass gleich zu Beginn Liedwünsche geäußert wurden, steigerte Jonahs Begeisterung nur noch weiter.
Jonahs Konzerte funktionieren wie eine lebende, auf Zuruf funktionierende Jukebox, die gefüllt ist mit Platten von Far, Gratitude, New End Originals, Onelinedrawing und Jonah Matranga. Die einzigen, die sich nicht trauten, ihre Musikwünsche in den Raum zu rufen, waren wie immer wir. Auf der Hinfahrt hatten wir uns nämlich überlegt, dass wir am liebsten "Bitte ein Kuss", "I Really Love Your Company" und "Every Mistake" hören wollten. Nachdem wir das aber nicht äußerten, blieben diese Lieder ungespielt.
Erfüllt wurde dagegen ein Wunsch, der zumindest in unserem Wohnzimmer geäußert worden war: Das krachige "Deafening", dessen akustische Version Jonah 2014 zunächst in der Pause einüben musste, hatte es auch dieses Mal in die Setliste geschafft - der abwesende Ingo hätte sich gefreut.
Insgesamt wies die Setliste viele Lieder auf, die wir trotz drei vorherigen Konzertbesuchen in zwei Jahren noch nicht kannten. Ohne "Lukewarm", das ebenfalls aus dem Publikum gewünscht wurde, findet aber offenbar kein Matranga-Konzert statt. Ebenfalls fest im Programm bleibt, dass Jonah zwischen den Liedern viel erzählt. Am Montag ging es viel um Prince und dessen konsequent ausgelebte Exzentrik, die Jonah zu dem Lied "High" inspirierte. Jonahs anderer musikalischer Held ist Neil Young, der nach eigenen Angaben nur drei verschiedene Songs hat, die er immer wieder schlechter abwandelt. Laut Jonah sind schlechte Neil Young Songs aber immer noch besser als fast alle anderen. Und auch Jonah macht immer wieder Songs zu ähnlichen Themen.
Wie beinahe zu erwarten gewesen war, wurde auch viel über Politik gesprochen, also über Bush, Trump, Rassismus und Schuldzuweisungen an Schwächere.
Nachdem Jonah so viel über Prince gesprochen hatte und das Konzert auch mit einem von dessen Songs aus der Konserve eröffnet hatte, rechneten wir eigentlich fest mit einer Coverversion, da wir bei früheren Gelegenheiten zwischendurch auch Songs von Johnny Cash, Beyoncé oder eben Prince von ihm zu hören bekommen hatteb. Gecovert wurde aber nichts - vielleicht, weil so viele Publikumswünsche vorhanden waren. Mit "Aeroplanes", "Are You Sure", "Yr Letter" und "Mother Mary" spielte er gleich deren vier in Folge.
Beinahe zögerlich kam Jonah nun zum Ende, indem er entschuldigend anmerkte, er müsse noch weitere Konzerte spielen und sollte auch für die kommenden Abende noch ein bisschen Stimme übrig haben. Ab "Mother Mary" war der Auftritt eigentlich zu Ende, aber er ließ sich dann nach Rücksprache mit dem Mann am Mischpult, ob noch Zeit wäre, doch noch zu insgesamt drei weiteren Songs hinreißen, bevor er endgültig Schluss machte und an den Merchandise-Stand wechselte.
Nach einem kurzen Plausch mit dem Sänger machten wir uns auf die Heimreise vom vorletzten Konzert dieses Jahres. Auch den Künstler des letzten 2016er Konzertes habe ich schon mehrfach live gesehen, aber dazu bald mehr.
Setliste:
The Greatest Wonder (Gratitude Song)
Um… (Onelinedrawing Song)
Hostage (New End Original Song)
I Work For Love
This Is Who I’m Gonna Be
Lukewarm (New End Original Song)
Man Overboard (Far Song)
Deafening (Far Song)
#1 Defender (New End Original Song)
Meadow
High
Crush On Everyone (Onelinedrawing Song)
Weirdos Like Me
Aeroplanes
Are You Sure
Yr Letter (Onelinedrawing Song)
Mother Mary (Far Song)
I Don't Know
We Had A Deal (Onelinedrawing Song)
Stay (Onelinedrawing Song)
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