Nicht nur Jungle Drums: Emilíana Torrini & The Colorist im Frankfurter Mousonturm

by - Februar 25, 2017


Drei Konzerte in einer Woche! Nachdem ich bereits unser Wochenende mit Konzerten am Freitag (Teenage Fanclub) und Sonntag (The Notwist) recht ambitioniert gefunden hatte, überraschte mein Freund mich mit der Nachricht, er habe Gästelistenplätze für Emilíana Torrini & The Colorist am folgenden Dienstag ergattert. Also biss ich eben die Zähne zusammen und machte weiter mit dem Konzertmarathon. Besondere Sorge hinsichtlich meines Schlafpensums machte mir die Erkenntnis, dass der Konzertbeginn für 21 Uhr angesetzt war.


Tatsächlich begann der Konzertabend auch genau um diese Zeit, und zwar mit dem Support Act Fabrizio Cammarata. Der Sizilianer sang inbrünstig zur Gitarre und auf Englisch (außer bei einem mexikanischen Lied, das er auf Spanisch darbot). Mich konnte seine Musik nicht so recht begeistern, aber das Frankfurter Publikum war recht angetan und applaudierte freundlich. Hinter Cammarata konnte man bereits die komplett mit Instrumenten von The Colorist vollgestellte Bühne erkennen: Vielleicht dauert der Aufbau aller Utensilien so lange, dass ein früherer Beginn nicht schaffbar war?


Emilíana Torrinis Karriere habe ich nie wirklich verfolgt, auch, wenn ich die Künstlerin bereits vor ihrem Hit "Jungle Drum" kannte. Dieser ist nun auch schon acht Jahre her, und aktuell interessiert sich Frau Torrini anscheinend hauptsächlich für Kooperationen mit anderen Musikern: Neben ihrem aktuellen Album mit dem belgischen Duo The Colorist, auf dem hauptsächlich bereits bestehende Torrini-Lieder neu interpretiert werden, ist sie auch mit sieben Liedern auf dem neuen Kid Koala Album vertreten.


The Colorist waren live mit sage und schreibe acht Personen vertreten. Das besondere an der Band (wenn man es so nennen kann) ist der Fokus auf selbst gebastelte Instrumente. So gab es auf der Bühne viel zu sehen, und neben klar erkennbaren Instrumenten wie Geige, Viola, Kontrabass und Klavier konnte man viele Sperrholzkonstruktionen erkennen, deren musikalischer Zweck sich nur erahnen ließ. Lied Nummer 1, ein Instrumental-Intro zu "Jungle Drum", spielten die Musiker allein, dann betrat eine sehr schwangere Emilíana Torrini in einem kurzen, wallenden Kleid inklusive genau passender Strumpfhose die Bühne.


Erst neulich fiel mir beim Konzert von Teenage Fanclub in Köln auf, wie häufig Musiker bei Konzerten erwähnen, besonders gerne in dieser Stadt aufzutreten - und dass man solche Sätze niemals von Frankfurter Bühnen hört. Frau Torrini bildete die löbliche Ausnahme, denn sie begrüßte uns auf Deutsch und erklärte, als Jugendliche viel Zeit im Frankfurter Umland verbracht zu haben - und dass sie besonders froh sei, wieder einmal hier zu sein.

Anschließend verfiel sie zurück ins Englische und erklärte kurz das Projekt. Sie habe eine musikalische Krise gehabt und diese dadurch bekämpft, dass sie für einen gewissen Zeitraum jede Anfrage für musikalische Kooperationen annahm. Das habe sie an ungewöhnliche Orte mit vielfältigen Menschen geführt, und als sie ohne Nachdenken auch das Angebot von The Colorist annahm, hatte sie sich gar nicht mit deren Musik auseinandergesetzt und hörte die Demos, die sie vor dem geplanten gemeinsamen Konzert erhielt, auch gar nicht erst an - und erkannte dann erst vor Ort, dass sie es mit einem Orchester zu tun hatte, das viel Mühe in die Vorbereitung der Arrangements gesteckt hatte.


Offensichtlich funktionierte das gemeinsame Musizieren zum allgemeinen Gefallen, weshalb es nun ein Live-Album und eine internationale Tournee gibt. Zu "When We Dance" erfuhren wir, dass es sich um einen gemeinsam von Torrini und The Colorist komponierten Song handelt und der Text des Refrains von Torrinis Sohn erfunden wurde.


Besonders interessant waren natürlich die ungewöhnlichen Instrumente auf der Bühne. Während die Streicher häufig statt Geigenbögen kleine Stäbe benutzten, die möglicherweise Essstäbchen waren, war das Hauptrhythmusinstrument eine riesige Halbkugel, die auf einem Kissen ruhte. Auch der Herr, der sich im Hintergrund um Glockenspiel und Vibraphon kümmerte, brachte viel Selbstgebasteltes zum Einsatz, etwa eine Sammlung Holzkisten, die auf einer Schaumstoffmatte ruhten.

Ein Großteil der Apparaturen diente der Rhythmuserzeugung, so dass meist zwei bis drei Bandmitglieder irgendeine Form von Percussion beitrugen. Vieles konnte ich gar nicht so genau erkennen, denn direkt vor der Bühne neigte man natürlich dazu, sich auf die Sängerin zu konzentrieren, die noch dazu mit ihrem Wallekleid vieles verdeckte. Unübersehbar war aber die Spielfreude aller Beteiligten, die bei so gut wie jedem Ton von einem Ohr zum anderen grinsten, mitrockten oder auch mal begeistert aufschrieen.


Die dargebotenen Songs gingen ein wenig über das veröffentlichte Album hinaus, offenbar hat man mittlerweile drei weitere Torrini-Lieder  ("Birds", "Animal Games" und "Tookah") neu arrangiert. Auf der Platte veröffentlicht ist dagegen auch "Nightfall (Pale Blue)" das von der erwähnten Kooperation von Emilíana Torrini mit Kid Koala stammt - auf dessen Album ist dieses Lied allerdings instrumental. An diesem Abend war es das einzige Lied ohne Percussion. Hinzu kamen noch zwei Instrumentallieder von The Colorist. Für "Dreamlands" verließ Torrini die Bühne, "Tarantula" eröffnete - ebenfalls ohne die Sängerin - den Zugabenteil.

Insgesamt gefielen uns die Neuinterpretationen sehr gut, lediglich "Today has been ok" verlor durch das jazzige Arrangement eher an Attraktivität. "Jungle Drum", zu dessen Beginn alle wild klatschten, beendete den Hauptteil des Sets.


Der Zugabenteil begann wie erwähnt mit einem weiteren Instrumentalstück und wurde mit "Gun" und dem ruhigen "Bleeder" fortgesetzt, bei dem Percussionist Kobe Proesmans den Rhythmus sehr zart und liebevoll mit einer Plastiktüte vorgab. Als allerletzte Zugabe bei anderen Konzerten war auch schon "Slow", das Torrini einst für Kylie Minogue schrieb, vertreten, doch dieses Lied bekamen wir in Frankfurt nicht mehr zu hören.

Auch so war der Abend mittlerweile spät geworden und ich hatte das Konzert vor allem wegen der spürbaren Begeisterung aller Beteiligten sehr genossen.


Setliste:

Jungle Drum (Intro)
Caterpillar
Serenade
When We Dance
Birds
Nightfall (Pale Blue)
Animal Games
Blood Red
Dreamlands
Thinking Out Loud
Tookah
Speed of Dark
Today Has Been OK
Jungle Drum

Tarantula
Gun
Bleeder



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