Anders als mein Freund hatte ich in meiner Jugend kein Interesse an M. Walking on the Water, deshalb hatte ich nach einem Konzertbesuch 2011, der durchaus unterhaltsam war, auch keinen direkten Bedarf nach einem Wiedersehen - anders als er, der am Donnerstag die Gelegenheit nutzte, seine Jugendhelden im Kesselhaus des Wiesbadener Schlachthofs zu besuchen. Hier meine Fragen an ihn.
2011 besuchten wir zusammen ein Konzert von M. Walking on the Water, Du nochmals allein 2015. Höchste Zeit, sie noch einmal zu sehen. Gibt es neues Material, oder sind das Reunion-Konzerte?
Nach ihrem Album "File" gab es wohl einen Systemfehler und M. Walking On The Water wurden irgendwie gelöscht. Für 10 Jahre war es still um die Band, 2007 kam es wieder zu ersten Auftritten. Als wir sie 2011 in Weinheim sahen, hatten sie gerade mit "Flowers For The Departed" ihr erstes neues Album seit 1997 veröffentlicht. Der Begriff "Reunion" wäre hier wohl eher angebracht als aktuell. Danach traten sie weiterhin sporadisch auf, so dass ich auch unbedingt ihr Konzert in Wiesbaden 2015 sehen wollte. Zwischen den beiden Auftritten im Wiesbadener Kesselhaus lagen insgesamt nur 15 weitere Konzerte.
Neues Material gibt es nicht, aber eine neue Platte. Auf dieser befinden sich sechs akustische Neuinterpretationen ihrer Klassiker sowie zwei Coverversionen, die sie auch beim Konzert spielten. Das Album trägt den Titel "Dogma 13" und ist auf 300 Schallplatten limitiert.
... Coverversionen?
Eigentlich waren es sogar drei Coverversionen, die gespielt wurden. Neben "Fade To Grey" von Visage, das auch 2015 an gleicher Stelle bereits dargeboten wurde, feierte "Enjoy The Silence" von deiner Lieblingsband Depeche Mode am Donnerstag seine Live Premiere. Am Vorabend in Köln hatte die Band nach der Probe noch entschieden, dass sie es wohl doch noch nicht ins Programm aufnehmen können. Neben diesen beiden Liedern, die sich auch auf "Dogma 13" befinden, hörten wir "Heaven", das Markus Maria Jansen als Song seines Projektes CollieElectric vorstellte. Nachdem ich das Lied dann gehört hatte, wusste ich aber, dass er es bereits 2001, also 6 Jahre zuvor, mit deutschem Text, entschleunigt und Dank Streicher auf über 8 Minuten gestreckt, unter dem Titel "Himmel" als Jansen auf seinem zweiten Soloalbum veröffentlicht hatte.
Sind M. Walking on the Water eigentlich Berufsmusiker, oder was machen die sonst so?
Also von ihren Plattenverkäufen und Konzerteinnahmen können sie sicherlich nicht leben. Von "Dogma 13" können sie nur 300 Exemplare verkaufen, das Album davor liegt bereits 7 Jahre zurück und die aktuelle Tournee hat 9 Stationen. Ich habe gelesen, dass Markus Maria Jansen (Gesang, Gitarre) neben seinen musikalischen Projekten auch Filmmusik komponiert und Mike Pelzer (Gesang, Gitarre, Akkordeon, Keyboard) als Schiffszimmermann arbeitet. Die drei anderen Bandmitglieder, Konrad Mathieu (Bass), Axel Ruland (Geige) und Martell Beigang (Schlagzeug), die seit 1990 zu M. Walking on the Water gehören, arbeiten in den Bereichen Internet, Promotion und sind als Studiomusiker aktiver. Den Schlagzeuger kennt man vielleicht von Dick Brave & The Backbeats oder als Autor ("Zu Gast im eigenen Leben", "Unverarschbar").
Wie voll haben sie den Schlachthof bekommen?
Anfangs dachte ich, einerseits bestürzt, andererseits hoffnungsvoll, dass wir bei einem Wohnzimmerkonzert mit M. Walking on the Water mehr Zuschauer zu bieten hätten. Aber dann hat sich das Kesselhaus doch noch recht ansehnlich mit ca. 100 Zuschauern gefüllt.
Gab es eine Vorband?
Es gab keine Vorband, aber wir wurden vor und nach dem Konzert mit den Beatles beschallt, was ja nicht unbedingt die schlechtere Alternative ist.
Hatten sie die Wackellampen dabei?
Ach, die Wackellampen. Wie soll denn ein M. Walking on the Water Konzert ohne die seit den Frühtagen der Band bestehenden Eigenkreationen authentisch sein? Meinetwegen könnten sie auch ruhig noch einmal die Balkenköpfe ausmotten, die ich irgendwann in den 90ern bei einem Konzert in Köln erlebt hatte. Damals gingen sie mit diesen seltsamen Kopfkonstruktionen, die man auf dem Plattencover ihres Debütalbums sehen kann, vor dem Konzert durchs Publikum. Aber zurück zu den Wackellampen, zu denen ich dir 3 neue Erkenntnisse liefern kann: 1. Die Band nennt die Lampen selbst auch Wackellampen. 2. Durch das Hin- und Herpendeln lösen sich die Glühbirnen langsam aus ihren Fassungen, so dass sie im Verlauf des Konzertes nach und nach ausgingen. 3. Die vier Wackellampen wurden vom Bassisten per Fuß und über eine Steckdosenleiste mit Schalter bedient. Sensationell, oder?
Gab es auch einen Dresscode?
Den gab es tatsächlich, denn das Quintett trug Hemden mit bunten Blumen- oder Paisleymustern. Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann wäre ich mir in meinem Karohemd nicht so "wrong dressed" vorgekommen.
Was wurde so gespielt?
Zu den drei Coverversionen habe ich dir bereits etwas erzählt. Bei deinem einzigen Konzert der Krefelder Band stand damals deren aktuelles Album "Flowers For The Departed" mit 10 Liedern im Mittelpunkt der Setliste. Dieses Mal wurde es nur noch mit "Sing Sally", "Bury Me Upright" und "Love Is On Your Side" bedacht. Insgesamt war es ein guter Querschnitt durch die Bandgeschichte, wobei man besonders die ersten beiden Alben berücksichtigte, die es zusammen auf 9 Lieder brachten.
Im Vergleich zum Auftritt 2011 in Weinheim war die Setliste um 3 Songs kürzer, insgesamt wurden aber 21 Lieder gespielt. Aber Band und Publikum, das bei einigen Liedern laut mitsang ("Day To Day", "Holy Night Of Rosemary") und bei noch mehr heftig mittanzte ("Linda Lee", "Soldier Of Love"), werden auch nicht jünger. Nach "Party In The Cemetry" sagte Jansen auch: "Ist das anstrengend! Jetzt erst einmal etwas Ruhiges."
Besonders gefallen haben mir an diesem Abend "Magical Forest" und "Pink Pinks" sowie die Darbietung meines Lieblingsliedes "Pluto" im Zugabenteil. Leider wurde kein Walzer aus dem Themenalbum "The Waltz" gespielt und auch das abschließende Lied inmitten des Publikums, Platz wäre noch gewesen, fehlte leider.
Was wurde so gesagt?
Ganz witzig war, als Jansen uns fragte, wer denn ursprünglich zu Monster Magnet im benachbarten Schlachthof gehen wollte, dass sich einzig Schlagzeuger Martell Beigang meldete. Oder dass er, als festgestellt wurde, dass die Wackellampen ihren Geist aufgaben, laut nach einem Roadie rief, um dann gespielt ernüchtert zu ergänzen, dass sie keine mehr haben. Der Ruf nach dem Hausmeister aus dem Publikum wurde dann auch belustigt von der Band aufgegriffen.
Möchtest du in drei bis vier Jahren wieder ein Konzert sehen?
Warum denn erst in drei oder vier Jahren? Ich hoffe auf ein richtiges neues Album mit einer längeren Tour und eigentlich wären M. Walking on the Water doch zum Beispiel auch für das A Summer's Tale Festival gut geeignet, oder? Und nachdem wir jetzt mit Loch Lomond bereits eine Band mit vier Musikern in unserem Wohnzimmer hatten...
Hast du mir etwas mitgebracht?
Zählt die Langspielplatte, die ich am Merch gekauft habe? Eigentlich hättest du ein T-Shirt bekommen sollen, denn die Band versprach jedem in der ersten Reihe eins und warf tatsächlich alte Shirts ins Publikum. Leider nicht in meine Richtung. Offensichtlich hat man im Haus M. entrümpelt, denn es gab noch Vinyl-Restbestände von "Pluto" aus dem Jahr 1989 zu kaufen und die T-Shirts stammten noch aus "Split"-Zeiten und waren in Übergröße. Jansen erklärte dazu, dass sie daher nur als Nachthemden geeignet seien und dass man, obwohl sie aus Baumwolle seien, morgens einen viereckigen Schweißfleck unter dem Aufdruck habe.
Hast du außer den schönen Fotos auch an die Setliste gedacht?
Klar:
Melitaah
Adventures And Narrations
Bury Me Upright
Party In The Cemetery
Sing Sally
Fade To Grey (Visage Cover)
Magical Forest
Flowers Of The Gone
Enjoy The Silence (Depeche Mode Cover)
Love Is On Your Side
Day To Day
Heaven (CollieElectric Song)
Holy Night Of Rosemary
Wooden Lady
Pink Pinks
Linda Lee
Anymore
Soldier Of Love
Pluto
Poison
Misery
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