Als mein Freund vorschlug, gemeinsam ein Konzert der aktuellen Tournee von The Slow Show zu besuchen, musste er mich nicht lange überreden: The Slow Show hatte ich einmalig beim A Summer's Tale 2016 gesehen und war durchaus beeindruckt gewesen. Damals stand die Veröffentlichung des zweiten Albums der Band aus Manchester unmittelbar bevor, mittlerweile gibt es sogar schon drei Alben. Am liebsten hätten wir den Tourstop in Köln wahrgenommen, leider hatte ich an besagtem Abend aber eine berufliche Veranstaltung. Also wurde es eben Mainz, was mit sich zog, dass wir nicht die Gelegenheit bekamen, die von uns ebenfalls sehr geschätzten Honig als Vorband zu erleben - schade.
In Mainz angekommen mussten wir zunächst über die angekündigte Einlasszeit hinaus im Regen Schlange stehen. Offensichtlich gab es im KUZ irgendeine grundsätzliche Verzögerung, denn auch die per Facebook vorab mitgeteilten Auftrittszeiten verschoben sich um 15 bis 20 Minuten nach hinten.
Der musikalische Teil des Abends begann statt mit Honig mit Cosma Joy, einer 17jährigen Sängerin aus München, die allein mit ihrer Gitarre auftrat. Zu zwei Liedern begleitete sie sich auch auf der Ukulele. Ihr Musikstil erinnerte mich stark an Norah Jones, und zu fast jedem Lied gab es eine Geschichte, die erklärte, worum es darin ging. Selbige Geschichten waren an sich nicht schlimm, wirkten aber so alltäglich ("meine beste Freundin mach ein FSJ und ich vermisse sie"), dass sie aus unserer Sicht leicht verzichtbar gewesen wären.
Die Musik an sich wirkte auch ein bisschen sehr gefällig und jazzig, so dass wir am Ende des Sets eher freundlich als begeistert applaudierten - wie auch die anderen Gäste.
Setliste:
Anyone
The good things
Will I still know you
Mr. Bean
Baby I’m a dreamer
With you I was easy
Talking is easy (?)
I’m gonna be all right
Stichwort die anderen Besucher: Wir sind ja nun selbst nicht mehr im ganz jugendlichen Alter, bei diesem Konzert überraschte uns aber der generell recht hohe Altersdurchschnitt. Direkt vorne an der Bühne standen drei weißhaarige Damen, und diese Haarfarbe war auch sonst im Publikum häufig zu finden. Irgendetwas müssen The Slow Show wohl unternommen haben, um nicht nur besonders die Deutschen (anscheinend ist die Band hier erfolgreicher als in ihrem Heimatland und hat auch mit Haldern Pop ein deutsches Label) sondern auch speziell die ältere Generation anzusprechen.
Mit leichter Verspätung begann dann auch der Auftritt der Hauptband. Neben dem Sänger Rob Goodwin gab es einen Pianisten, einen Gitarristen, einen Schlagzeuger und eine Trompeterin, die auch Flügelhorn (?) spielte. So ganz war damit der Instrumentebedarf der Band für ihr Set nicht abgedeckt, bei manchen Songs kamen deshalb Streicher und auch zusätzliche Gesangsstimmen vom Band. Auch die Trompeterin sang an manchen Stellen mit, beispielsweise den weiblichen Gesangspart von "St Louis".
Das erste Lied "Amend" war ein Instrumentalsong, danach folgten die ersten paar Lieder direkt hintereinander, so dass wir zunächst gar nicht viel applaudieren konnten. Erst nach drei Liedern gab es eine kleine Pause, in der wir auch begrüßt wurden. Goodwin entschuldigte sich für die Wartezeit im Regen und meinte, die Band habe uns "the full Manchester experience" bieten wollen.
Die Setliste der aktuellen Tour steht relativ fest, sie umfasst sechs Songs vom Debütalbum "White Water", vier von "Dream Darling" und acht von der aktuellen Platte "Lust and Learn". Lediglich zwischen "Sharp Scratch" und "Lucky Me, Lucky You" scheint man gelegentlich zu wechseln. Im Zugabenteil hörten wir zusätzlich das Lied "Hopeless Town", das auf keinem der Alben enthalten ist.
Die sehr getragenen Songs der Band leben stark von der Baritonstimme Goodwins, sind aber untereinander dann doch erstaunlich abwechslungsreich, in Tempo und Instrumentierung gibt es Variationen, so dass sowohl die Trompeterin als auch der Schlagzeuger bei manchen Songs richtig viel zu tun hatten - letzterer vor allem beim allerletzten Song.
"Lucky Me, Lucky You" widmete Goodwin Cosma Joy - bei diesem Lied hatte der Schlagzeuger gar keine Funktion und verließ die Bühne, als der Song ausklang, rief jemand aus dem Publikum "Lucky us!" - und auch sonst bekam man den Eindruck, dass das Set sehr gut ankam. Bei "Bloodline" wollte das Publikum gar mitklatschen und durfte den Refrain "this is the last time, the last time I'll call" mitsingen.
Insgesamt ein schönes Konzert einer talentierten Band, zu dem es nur nicht furchtbar viel zu schreiben gibt.
Setliste:
Amend
Eye To Eye
Strangers Now
Dresden
Hard To Hide
Hurts
Augustine
Vagabond
Paint You Like A Rose
Low
Loser’s Game
Flowers To Burn
St Louis
Lucky Me, Lucky You
Dry My Bones
Bloodline
Places You Go
Breaks Today
Hopeless Town
Ordinary Lives