Gesehen: November 2025


Es kommt nicht allzu häufig vor, dass mein Freund und ich einfach das ansehen, das gerade im linearen Fernsehen kommt. Im November schauten wir aber eines Abends die Tagesschau und blieben nach der Ankündigung eines "Live Krimi Dinners" hängen. Versprochen wurde eine improvisierte Show zum Mitraten, was zumindest ein bisschen interessant klang.

Die Sendung begann in einem Theater mit Zuschauerraum und Live-Publikum. Zunächst wurde diesem - und den Fernsehzuschauern - ein Film gezeigt, in dem diverse Figuren (verkörpert von bekannten Schauspielern wie Uwe Ochenknecht, Martina Hill und Annette Frier) in Autos durch eine Schneelandschaft zu einer abgelegenen Villa fuhren. Die eigentliche Handlung wurde nach diesem Vorspann dann von den Schauspielern live auf der Bühne - die das Innere der Villa darstellte - gespielt.

Zuvor und zwischendurch versorgte die Moderatorin Jessy Wellmer die Zuschauer mit zusätzlichen Informationen - etwa, dass die Schauspieler selbst nicht wüssten, was passieren würde und die Handlung und Dialoge somit weitestgehend improvisieren würden. Lediglich drei Schauspieler - Axel Prahl als Detektiv im Hintergrund, Jan Josef Liefers als Butler und Bill Kaulitz als Eventmanager - waren über die Identitäten des Mörders vorab informiert und konnten die Handlung etwas lenken.

Ach ja, die Handlung: Der reiche Eigentümer einer (offensichtlich erstaunlich erfolgreichen) Brettspielfirma hat seine Familie zum Geburtstag eingeladen - vor kurzer Zeit hat er seine erste Frau verlassen und eine jüngere geheiratet, die er zudem zur Unternehmenschefin ernannt hat. Den erwachsenen Kindern und deren Partnern gefällt das natürlich nicht besonders, ebenfalls anwesend bei der Feier sind (warum auch immer) der Unternehmensanwalt und der Leibwächter. Nach dem ersten gemeinsamen Anstoßen kommt es zu einem unerwarteten Todesfall.

Die Anwesenden können den Tatort - wie es in solchen Geschichten üblich ist - zunächst nicht verlassen, und auch die Polizei kann nicht erreicht werden. So machen die Anwesenden sich selbst an die Untersuchung und versuchen, zu verstehen, was passiert ist.

Das Publikum sollte per Anruf mitraten, und so wurden die Bühnenereignisse immer wieder unterbrochen, um zum einen wichtige Details zu rekapitulieren und zum anderen die neuesten Abstimmungsergebnisse zu präsentieren, hinzu kamen Kurzinterview mit einigen - teils prominenten - Publikumsmitgliedern.

Während der Filmtrailer noch recht hochwertig gewirkt hatte, entwickelte sich das Live-Schauspiel schnell zu einer Art Schülertheater. Überzeugend zu improvisieren ist offensichtlich sehr, sehr schwer, und die Schauspieler schienen die meiste Zeit keine Ahnung zu haben, was sie als nächstes tun sollten. Nachdem die Zuschauer ja etwas zum Raten haben sollten, mussten sie zudem aktiv vermeiden, versehentlich zu früh den Täter aufzudecken.

Geradezu absurd waren die viel zu unaufgeregten Reaktionen auf den Mord, die man keine Sekunde lang ernst nehmen konnte. Ansonsten redeten alle wild und doch auch langweilig durcheinander. Da spielte es kaum noch eine Rolle, dass zeitweise die Stimmen, die offenbar den Schauspielern per Headset Anweisungen gaben, durch deren Mikrophone zu hören waren.

Überraschenderweise war es Bill Kaulitz, der am ehesten damit zurechtkam dass es so wenig zu tun gab: Seine Figur verhielt sich besonders unpassend und war so zumindest witzig.

Endlos schien die Handlung dahin zu dümpeln, und wenn einem Axel Prahl mal wieder etwas erklärte, das man eventuell übersehen haben könnte (nachdem es meist sehr auffällig in der Handlung vorgekommen war), fühlte man sich auch noch für dumm verkauft. Am Ende kam die Erkenntnis, dass die Mehrheit des Publikums den Mörder richtig erraten hatte - und dass ich mich so bald nicht mehr dazu motivieren lasse, öffentlich rechtliche Fernseh-Innovationen anzusehen. Das waren zweieinhalb verschwendete Stunden meines Lebens, die ich nie wieder zurückbekomme.



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