Dieses Jahr entwickelte sich der Pfingssonntag bei mir überraschend zum Take That-Sonntag - das lag zum einen daran, dass ich das Buch Take That von Anja Rützel in etwa zwei Stunden komplett durchlas. Das Bändchen ist im Rahmen einer Reihe des Kiepenheuer & Witsch-Verlags erschienen, in der mehr oder weniger prominente Autoren über Musiker schreiben, die sie beeinflusst haben. Ich kannte bereits Nick Cave von Tino Hanekamp aus derselben Reihe, das mir allerdings nicht sonderlich gut gefallen hatte: Hanekamp ist selbst Romanautor und möchte, so empfand ich es zumindest, in seiner eigenen Geschichte vor allem selbst als cool und unkonventionell dastehen.
Dass die Autoren sich in diese Musikerbücher selbst einbringen ist dabei natürlich durchaus erwünscht, sonst könnten ja gleich routinierte Biographen die Arbeit übernehmen, und wenn in einem anderen Band etwa Thees Uhlmann über die Toten Hosen schreibt, erwartet man selbstverständlich, dass er auch aus seiner Perspektive als erfolgreicher Musiker schreibt. Nichtsdestotrotz, ich fand, dass diese Herangehensweise bei Nick Cave nur halb funktioniert hatte und war nun um so gespannter auf Take That.
Ich selbst bin (wie Anja Rützel selbst) eigentlich zu alt, um Take That unironisch gut zu finden - als deren großer Erfolg begann, war ich schon 20. Bei mir war es das Auslandsstudium in Großbritannien, das mir die Band näher brachte. Meine englischen Mitbewohnerinnen waren allesamt drei bis vier Jahre jünger als ich, und bei den Stundentenparties lief immer mal wieder als "Hit aus der Jugend" "Relight My Fire" von 1993 (das war 1996). Und irgendwann stellte ich fest, dass ich die Coverversion als Tanzflächenfüller durchaus akzeptabel fand, warum auch nicht. Ich mag bis heute den einen oder anderen Take That-Song, und es ist und bleibt die einzige "Boyband", bei der ich sämtliche Mitglieder erkennen würde und darüber hinaus beim Namen nennen kann.
Bei Frau Rützel war es die kleine Schwester, die sie mit in den Boyband-Strudel zog, und sie blieb in diesem auch um einiges ernsthafter verhaftet als ich, hat diverse Konzerte besucht und kann auf Anhieb, so erscheint es zumindest, Texte rezitieren und viel mehr. Wenn sie etwa zum Kinderchor am Anfang der Single "Never Forget" schreibt, dass es sich um den Henllan Boys Choir unter der Leitung von Alistair Stubbs handele - "ich verstehe das als Allgemeinwissen, erwähne es aber vorsichtshalber noch mal", bin ich geneigt, schüchtern zu nicken und zu tun, als hätte ich das selbstverständlich auch gewusst.
Rützel widmet jedem Bandmitglied ein Kapitel, wobei das angesichts des in der Öffentlichkeit vorhandenen Materials bei Gary ziemlich ausufert, zuletzt bei Jason Orange, der Take That 2014 verließ und dessen Wikipedia-Eintrag nur einige Sätze umfasst, muss die Autorin auf (durchaus unterhaltsame) Fiktion zurückgreifen, damit sie es schafft, zumindest fünf kleine Seiten zu füllen.
Für mich als Fast-Fan ein überaus unterhaltsames Buch, das auch viel zu meinem tieferen Verständnis des Ereignisses beigetragen hat, das in Teil 2 folgt.
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