Nebelmaschine des Grauens: Federico Albanese in der Bonner Bundeskunsthalle

by - April 09, 2022


Die aktuelle Lage ist durch stetigen Wandel gekennzeichnet: Mussten wir vor einigen Wochen für einen Besuch im Kölner Gebäude 9 noch Impfstatus und einen aktuellen Conronatest nachweisen, waren die Zugangskriterien nun, Anfang April und im selben Bundesland, deutlich lockerer: Für Federico Albaneses Konzert am Dienstagabend brauchte man eine Eintrittskarte, sonst nichts. 

Völlig unbekannt war uns bis dato der Veranstaltungsort: Uns war neu, dass die Bundeskunsthalle überhaupt über einen Veranstaltungssaal verfügt, und sogar einen relativ schönen - er fasste um die 300 Personen. Wie schon beim Konzert von M. Walking on the Water Ende März behielten wir unsere Masken freiwillig auf, etwa die Hälfte des Publikums - der Saal mit ansteigenden Sitzplatzreihen war etwa zu 50 Prozent gefüllt - tat es uns gleich.



Federico Albanese ist ein in Berlin lebender Italiener und macht Klaviermusik mit dezenten elektronischen Elementen - mein Freund hatte seine Musik, als er vorschlug, das Konzert gemeinsam zu besuchen, mit der von Ólafur Arnalds verglichen. Wir der Isländer greift auch Albanese in seinen Musikveröffentlichungen manchmal auf Gastmusiker und -sänger zurück. 

Wir hatten eine Ankündigung des Künsters auf Facebook missverstanden, in der dieser mitgeteilt hatte, dass Tara Nome Doyle, mit der er letztes Jahr eine gemeinsame EP veröffentlicht hat, bei dieser Tournee dabei sein würde, außerdem auch eine Cellistin. Aber als wir unsere Sitzplätze eingenommen hatten, wurde aufgrund der Tatsache, dass die Bühne mit ihrem zentral aufgestellten Flügel sichtlich für eine Person vorbereitet war, schnell klar, dass es sich doch um einen Soloauftritt handelte.



Es gibt in dem Saal keine echte, erhöhte Bühne, sondern stattdessen einfach den Boden vor den Sitzreihen. Der Flügel war von Lampen umgeben, der große Vorhang hinter der Bühne wurde in unterschiedlichen Farben angestrahlt, Deckenscheinwerfer warfen manchmal bewegliche Muster auf dem Boden und zu allem erzeugte auch eine Nebelmaschine einen leichten Dunst.

Als Federico Albanese die Bühne betrat, setzte er sich zunächst wortlos an den Flügel und trug das erste Stück vor. Es war allerdings schwer, sich in den Song zu versenken, denn irgendein Geräusch im Saal, ein leises Klicken, störte. Nach Song und Applaus kam ein Techniker auf die Bühne, änderte irgendetwas an dem Flügel und war der Meinung, etwas repariert zu haben. Albanese erklärte - auf Englisch - er versinke normalerweise derart in seine eigene Musik, dass er die begleitenden Umstände nicht wahrnehme. Er gab aber zu, dass er ebenfalls ein Geräusch gehört hatte, und bekräftigte die Beschreibung, dass es wie "coins" geklungen hätte, mit dem deutschen Wort "Münze".



Weiter ging es mit Lied 2, und es zeigte sich schnell, dass das Problem noch nicht behoben war (möglicherweise hatte der Bühnentechniker auch etwas ganz anderes repariert). Als Federico nach dem Lied aufstand und uns nun offiziell begrüßte, rief eine Frau im Publikum, dass Klackern käme von der Nebelmaschine. Und tatsächlich, Albanese bat darum, sie abzuschalten, und der Rest des Konzertes konnte ohne Störungen - allerdings auch ohne Nebel - stattfinden.

Albanese kommentierte dazu, sein aktuelles Album "Before and Now Seems Infinite" drehe sich um Erinnerungen, die an den Beginn des Konzertes gehöre aber zu der Sorte, die man gerne vergessen könne.



Weiter ging es mit den instrumentalen Stücken, wobei er aus verschiedenen Gerätschaften auf dem Notenpult jeweils entweder Klänge einspielte oder auch Musikpassagen live aufnahm und loopte. Für den Song "Feel Again" von seinem letzten Album spielte er auch die Gesangsstimme des britischen Sängers Ghostpoet ein. Er erklärte dazu, die beiden hätten das Lied noch nie gemeinsam live aufgeführt, aber offenbar gefällt es ihm so gut, dass er es in seinem Set haben wollte. Tatsächlich gefiel uns der Song auch sehr, und er hätte wegen uns gerne auch das zweite gesungene Lied des Albums, "Summerside" mit Marika Hackman, spielen dürfen.

Beim Spielen war der Künstler, wie angekündigt, in sich versunken, und auch ich ließ meine Gedanken fließen, folgte den beweglichen Lichtmustern der Scheinwerfer, verlor mich in Träumereien und kehrte dann immer wieder zu der schönen Musik zurück.



Albanese erklärte in einer weiteren Musikpause, was es mit dem Hut auf sich hatte, den er während des Auftritts trug: Ein Freund hatte ihm vor einem Auftritt in der Londoner Queen Elizabeth Hall geraten, einen Hut zu tragen, was er auch getan hatte - und da der Auftritt sehr gut verlaufen sei, fühle er sich nun verpflichtet, alle weiteren Konzerte ebenfalls mit Hut zu absolvieren, dabei würden seine Haare bereits protestieren.

Nach Ende des Auftritts ließ sich der Künstler noch zu zwei separaten Zugaben zurückbitten, die letzte war "Disclosed" von seinem ersten Album "The Houseboat and the Moon", das er nach eigenen Angaben sehr selten spielt - mehr kann ich dieses Mal zum Thema Setliste nicht beitragen. Sowohl der Veranstaltungsort als auch das Publikum (beziehungsweise dessen aufmerksames Schweigen) wurden übrigens vom Künstler sehr gelobt. Auf Facebook schrieb er: "Grazie Bonn. A night to remember".




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