Neulich in der Brauchtumszone: M. Walking On The Water im Kölner Gebäude 9

by - März 27, 2022


Die Pandemie hat ja diverse unerwartete Auswirkungen. Eine speziell auf meinen Haushalt ist, dass in den nächsten Wochen Schlag auf Schlag ein ganzer Haufen Konzerte stattfinden soll, für den wir in manchen Fällen seit zwei Jahren Tickets besitzen - weil die Termine seit Anfang 2020 verschoben und wieder verschoben wurden, es nun aber aussieht, als würden sie in ihrer jüngsten Festlegung stattfinden - wobei andererseits das Konzert von Belle & Sebastian an Ostern in Hamburg, um das herum wir eine komplette Reise mit Zugfahrt und Hotel geplant hatten, nun doch wieder um ein Jahr verschoben wurde. Es bleibt also spannend!



Das Konzert von M. Walking On The Water, das am Dienstag dann tatsächlich im Gebäude 9 stattfand, war ursprünglich für den 12. März 2021 angekündigt gewesen und zunächst auf den 25.11. desselben Jahres verschoben worden. Als wir uns vor etwa 14 Tagen erstmalig mit diesem neuen Termin auseinandersetzten, erschien es noch unwahrscheinlich, dass dieser 3. Versuch stattfinden würde, denn im Online-Kalender des Gebäude 9 schienen alle Termine um ihn herum bereits wieder abgesagt zu sein. Doch es blieb dabei.

Neben der Frage nach dem "Ob" stellte sich auch die nach dem "Wie" - theoretisch sollten in Deutschland zwei Tage zuvor beinahe sämtliche Corona-Maßnahmen fallen, trotz Höchstinzidenzen. Praktisch verlängerte das Land Nordrhein-Westfalen die Auflagen, was im Falle des Konzertes bedeutete: Einlass nur mit Impf- oder Genesenennachweis plus tagesaktuellem Coronatest (dass man zusätzlich auch eine Eintrittskarte benötigte, geriet bei den anderen Anforderungen fast in Vergessenheit...). Dafür entfiel nach dem Einlass die Maskenpflicht - die Kölner Konzertbesucher waren es wohl ohnehin nicht anders gewöhnt, denn die Stadt Köln hatte sich erst kurz zuvor im Karneval zu einer einzigen großen "Brauchtumszone" erklärt, in der auf weiter gehende Corona-Schutzmaßnahmen verzichtet wurde.



Im Oktober bei unserem letzten Konzertbesuch in Mainz bei Wolf & Moon hatten wir das Thema Maskenverzicht nach Zugangskontrolle ähnlich erlebt - nur, dass die Corona-Inzidenzen aktuell so unglaublich hoch sind, dass wir es nun trotz Erlaubnis für klüger hielten, die Maske auch im Innenraum aufzubehalten. Bequem war das so natürlich nicht, und wäre ich mit einer Gruppe da gewesen, in der auch Getränke konsumiert wurden, hätte ich wohl auch nicht durchgehalten. So waren mein Freund und ich neben einem weiteren Besucher die einzigen Maske-tragenden Spaßbremsen im Raum, aber meine Corona-App gibt dieser Vorsichtsmaßnahme Recht: Sie färbte sich kurz nach dem Konzertabend mit Hinweis auf eine Risikobegegnung an selbigem Termin rot.



M. Walking On The Water hatte ich bislang einmal live gesehen, und zwar 2011(!) in Weinheim. Hier im Blog gibt es außerdem zwei Berichte meines Freundes zu Konzerten von 2015 und 2018. Damals, 2011, hatte es ein neues Album gegeben ("Flowers for the Departed"), nun gibt es wieder eines, "Lov", das zu Corona-Bedingungen - also ohne viel Kontakt der Bandmitglieder untereinander - entstanden ist. 

M. Walking On The Water hatten wohl auch nicht wirklich mit dem Stattfinden des Konzertes (das gleichzeitig der Auftakt einer kleinen Tournee war) gerechnet oder waren einfach grundsätzlich etwas aus der Übung: Die sonst für ihre Konzerte typischen Wackellampen waren nicht dabei, und der Merchandise (inklusive des neuen Albums) war von Mike Pelzer in Flensburg vergessen worden.



Wenn ich mir die Bilder des Konzertes 2011 ansehe, erinnere ich mich auch an den damaligen Dresscode "weiß". Wenn es in Köln einen gab. lautete er wohl "schwarz bis dunkel", was aber nicht weiter auffiel. Wie bei Auftritten der Band üblich, stand Mike Pelzer beim Singen mal am Keyboard, mal griff er zur Gitarre (eines seiner Instrumente hatte schon ein Abnutzungsloch), mal zum Akkordeon. Währenddessen beschränkte sich sein Co-Chef Markus Maria Jansen auf Gitarre und Gesang. Die anderen Bandmitglieder wechselten ihre Instrumente jeweils nicht: Axel Ruhland spielte Geige, Konrad Mathieu Kontrabass und Martell Beigang Schlagzeug.

Die Band hatte als Eröffnungssong das Instrumentallied "Mariannes Gedanken" vom aktuellen Album gespielt, von "Lov" sollten wir insgesamt sieben der dreizehn enthaltenen Lieder hören. Den Rest der Setliste füllten alte Favoriten, die das größtenteils etwas ältere Publikum durchaus zu schätzen wusste. Bei "Holy Night of Rosemary" und "Flowers of the gone" wurde auch mitgesungen.



Die Band selbst ist auch etwas älter geworden: Nicht nur hielt man auf der Bühne stiller als sonst üblich, Mike Pelzer gestand auch, die auf den Boden geklebte Setliste nicht wirklich lesen zu können und forderte scherzhaft einen Ausdruck im Format A1.

Mein Freund hatte bereits auf der Autofahrt nach Köln gemutmaßt, dass die Band mit den neuen, bislang wenig gemeinsam gespielten Liedern vielleicht Probleme haben würde. Das passierte dann bei "Pretty", das live nicht ganz gelang - was Markus Maria Jansen mit "Doch, wir haben geprobt!" kommentierte. "Aber nur einmal" ergänzte er scherzhaft. Beim Lied "Too Young" durfte er - erstmalig - das Akkordeon übernehmen, was auch ohne Unfälle gelang, allerdings war sein Spiel - wie die Bandmitglieder ebenfalls kommentierten - auch nicht wirklich gut hörbar.




Neben einem kleinen Konflikt zwischen den Frontmännern um die richtige Positionierung von Kapodastern an ihren Gitarren waren das auch schon fast alle Wortmeldungen der Band. Allerdings gab es noch eine Anmerkung von Markus Maria Jansen, der man entnehmen konnte, dass die Bandmitglieder persönlich sehr vom Krieg in der Ukraine mitgenommen sind und sich Jansen und Konrad Mathieu auch selbst an Hilfseinsätzen an den Außengrenzen des Landes beteiligen. Um hierfür Geld zu sammeln, wurde zum Konzertende hin ein Gitarrenkoffer am Bühnenrand platziert und das Publikum gebeten, hier Spenden zu hinterlassen. Später konnte man im Netz lesen, dass so 600 Euro zusammen gekommen sind.

Die für uns sichtbare Setliste hatte eigentlich eine Zugabe mit vier Songs vorgesehen, die Band ließ aber, als sie nicht ganz unerwartet nach dem letzten regulären Lied zurück auf die Bühne geklatscht worden war, "Melitaah" erst einmal weg und spielte nur "Misery" und "Pluto". Als danach erfolgreich eine weitere Zugabe gefordert wurde, bekamen wir doch noch "Melitaah" zu hören. So ganz hatte Jansen wohl nicht damit gerechnet, denn er bot diesen Song mit der bereits draußen angezündeten Zigarette dar. "Blue Birds" wurde letztlich weggelassen.



Setliste:

Mariannes Gedanken
Adventures
Linda Lee
Fallen off the Moon
Lit by you
Pretty
Sing Sally
Holy Night of Rosemary
Every day on earth
Flowers of the gone
Magic Forest
Love is on your side
Too young
Changing Dome
Wooden Lady
Poison
Party in the cemetery
Soldier of Love

Misery
Pluto

Melitaah


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