Gelesen: Oktober 2023
Vor sechs Jahren besucht ich beim A Summer's Tale-Festival eine Lesung des Journalisten und Schriftstellers Arno Frank. Der damals von ihm vorgestellte Roman, So, und jetzt kommst du war eine Familiengeschichte mit autobiographischen Zügen, mittlerweile gibt es einen zweiten: Seemann vom Siebener. Aufmerksam wurde ich auf das Buch durch den "Apokalypse und Filterkaffee-Podcast", der mir Lust auf die Freibad-Geschichte machte (der Seemann ist nämlich, wie man bei der Lektüre lernt, ein besonderer Kopfsprung).
Die Romanhandlung spielt sich tatsächlich im Rahmen eines einzigen Sommertages in einem Freibad ab, das sich irgendwo in der pfälzischen Provinz befindet. Erzählt wird im Stream of consciousness-Stil aus der Perspektive diverser Figuren: Unter anderem erfährt man nach und nach Auszüge aus den Lebensgeschichten des Bademeisters, der Kassiererin, einer Witwe und einer pensionierten Lehrerin, wobei nur eine Figur, die einer namenlosen Schülerin, tatsächlich aus der Ich-Perspektive erzählt. Erst nach und nach findet man sich in der Geschichte zurecht und erkennt Figuren und Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven wieder.
Ein bisschen ließ mich diese Struktur des Romans an Heinrich Bölls Billard um halb zehn denken, dessen Handlung ebenfalls an einem einzigen Tag spielt, aber letztlich die Geschichte von mehreren Familiengenerationen erzählt. So weit holt Franks Roman nicht aus, und es werden auch nicht alle angedeuteten Geschichten ausgeführt. Die meiste Zeit rechnete ich damit, dass noch etwas "Großes" passiert, die vermeintliche Katastrophe des Tages entpuppt sich aber letztlich nur (Spoiler...) als Bienenstich.
An und für sich hat mir Seemann vom Siebener durchaus gut gefallen: Die meisten Figuren sind interessant und glaubwürdig, außerdem lässt einen der Handlungsort zwangsläufig an eigene Freibaderlebnisse zurückdenken. Allerdings hatte ich, vielleicht wegen meiner Böll-Assoziation, bei den Geschichten dann doch mit etwas mehr "Abschluss" gerechnet.
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