In mancherlei Hinsicht fühlte sich die diesjährige Amsterdam-Wochenendreise an wie eine Neuauflage der letztjährigen - nicht zuletzt, weil wir letztes Jahr überhaupt wegen der Vermeer-Ausstellung im Rijksmuseum nach Amsterdam gekommen waren. Dass dieses Mal zu unserer Besuchszeit im selben Museum (und auch denselben Räumen) ebenfalls eine international beachtete Ausstellung eines heimischen Künstlers stattfand, war dagegen Zufall. Nichtsdestotrotz wollten wir uns die Ausstellung gerne ansehen.
Wir waren zunächst etwas bestürzt darüber, dass wir uns bereits online reguläre Tickets für das Museum gesichert hatten. Tatsächlich konnte man aber beim Erwerb von Eintrittskarten für die Sonderausstellung - die auch dieses Mal zeitgebunden waren - einfach angeben, dass man bereits Karten für das Museum besaß und zusätzlich für 0 Euro einen Zeitslot buchen.
Der Beginn unseres Ausstellungsbesuchs war somit für den Montag zwischen 11 Uhr und 11 Uhr 15 fest eingeplant. Am Vortag hatten wir auf dem Weg zum Van Gogh-Museum bereits lange Schlangen vor dem Rijksmuseum gesehen. Die Wartezeit am Einlass kam uns aber letztlich zugute, denn aus irgendeinem Grund hatten wir uns bei der benötigten Reisezeit vom Hotel verschätzt, so dass wir uns erst in die Schlange einreihten, als auch 11 Uhr 15 bereits verstrichen war.
Durch das Anstehen erst draußen und dann nochmals an der Garderobe im Inneren sowie den längeren Weg zum Ausstellungsbereich verloren wir aber zusätzlich so viel Zeit, dass die Einlasskontrolleure beim Betreten der Sonderausstellung an unserer Ankunftszeit nichts auszusetzen hatten - diesen Weg schafft vermutlich niemand pünktlich. Auch die Besucher direkt hinter uns, die offenbar noch später dran waren als wir, wurden nur freundlich und ohne Konsequenzen darauf hingewiesen, dass ihr gebuchtes Zeitfenster ja schon eine Weile vorbei sei.
Frans Hals also. Der niederländische Maler lebte - wie Vermeer - im 16. Jahrhundert und ist vor allem für seine Portraits bekannt. Die Organisatoren sind besonders stolz darauf, dass sie sich Werke sichern konnten, die normalerweise nicht verliehen werden - zum Beispiel ist "Holländischer Kavalier" normalerweise als Teil der Londoner Wallace Collection zu sehen, das Gemälde einer Stadtwache kann man sonst nur in Hals' Heimatstadt Haarlem besuchen.
Hals lebte und malte in einer Zeit, in der in der Malerei vor allem Präzision gefragt war - er selbst hatte daran aber wenig Freude und entwickelte einen für seine Zeit ungewöhnlichen, eher spontan und verwischt wirkenden Stil, der dem viel späteren Impressionismus voraus griff. Dabei gelang es ihm häufig, mit spontanen Pinselstrichen den Charakter einer Person zu übermitteln.
Eine weitere Besonderheit seines Werkes ist, dass er nicht nur Auftragsarbeiten für reiche Kunden anfertigte, sondern auch einfache Menschen von der Straße sowie auch soziale Außenseiter porträtierte, was dem damaligen, aber auch dem heutigen Publikum einen Blick auf sonst selten gezeigten Mitglieder der damaligen Gesellschaft ermöglicht. Vielfach lächeln oder lachen die von ihm festgehaltenen Personen, ohne, dass es aufgesetzt wirkt.
Trotz aller Originalität mangelt es in der Ausstellung auch nicht an Bildern von schwarz gekleideten Männern und Frauen mit Spitzenkrägen oder Mühlstein-artigen Halskrausen - Auftragsarbeiten, die zweifellos hervorragend ausgeführt wurden, aber aus heutiger (Banausen-) Sicht nicht die spannendsten sind.
Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Rijksmuseum, der Berliner Gemäldegalerie und der Londoner National Gallery - alle drei zeigen hintereinander selbst kuratierte (und somit nicht identische) Zusammenstellungrn von Hals' Werken: Die Londoner Ausgabe fand von September bis Januar statt, die in Amsterdam von Februar bis Juni, die Berliner Station kann man nun von Juli bis September besuchen.
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