Yabba Dabba Doo: Belle & Sebastian im Kölner Gloria

by - Juni 14, 2024


Ein weiterer Sonntagabend in Köln: Belle & Sebastian hatten dankenswerterweise kurz vor dem Geburtstag meines Freundes - der ein sehr großer Fan ist - ein Konzert im Kölner Gloria angekündigt, dafür musste ich natürlich sofort Karten besorgen. Anfang 2023 hatten wir eine fix und fertig gebuchte Hamburgreise stornieren müssen, als die gesamte Tour der Schotten abgesagt wurde - dagegen wirkte Köln geradezu praktisch. Dafür, dass die Band recht bekannt ist, das Gloria aber ganz schön klein, dauerte es letztlich erstaunlich lange, bis das Konzert ausverkauft war.

Den Abend eröffneten Morganway, die ich zunächst für Amerikaner hielt, denn der Sound des von Zwillingsbrüdern mit dem Nachnamen Morgan gegründeten Quartetts ließ mich an Lagerfeuer, Cowboyhüte, Squaredance und manchmal auch an "Cotton Eye Joe" denken. Tatsächlich handelt es sich bei Morganway um Briten, und normalerweise sind sie zu sechst. In der kleineren Besetzung, die wir sahen, gab es kein Schlagzeug, stattdessen stampften einer der Morgans und die Violinistin den Rhythmus.



Musikalisch war nicht alles schlecht, und die Bandmitglieder wirkten ziemlich sympathisch - aber stiltechnisch waren sie dann doch sehr weit von meinem Geschmack entfernt. Nichtsdesotrotz hatten Band und Publikum viel Spaß - weshalb mein Freund sicherheitshalber dem ebenfalls anwesenden Booker des Cologne Popfests per WhatsApp die Bitte schickte, die Vorband bitte nicht zu buchen - und postendend die Antwort bekam, er sei bereits der dritte mit diesem Anliegen.

Setliste:

Devil's Canyon 
Don't Turn The Lights On Yet 
Boy on the Train 
Back  to zero
Let Me Go 
London Life 
Wait For Me



Belle & Sebastian sind als Band zu siebt, aber anders als ihr Support Act hatte man für die Tour aufgestockt und betrat nun sogar zu neunt die Gloria-Bühne. Im Laufe des Konzertes sollte Stuart Murdoch noch anmerken, dass dies wohl die kleinste Bühne sei, auf der man seit langem aufgetreten sei - und dass es hilfreich sei, dass die Band seit fast 30 Jahren zusammen sei, denn man gehe ausgesprochen höflich miteinander um (die Vertrautheit mit kleineren Bühnen könnte hilfreich sein, falls der erwähnte anwesende Booker seinen eigentlichen Buchungswunsch erfüllt bekommt).

Ich hatte die Schotten zuvor erst einmal live erlebt, beim A Summer's Tale Festival vor mittlerweile neun Jahren. An einiges von damals konnte ich mich noch erinnern und erlebte es wieder: Stuart Murdoch als gut gelaunten und redseligen Conferencier, zu den Liedern eingespielte Bilder und Videos und gelegentliche Wechsel im Leadgesang, verbunden mit Tausche der Instrumente und Plätze: Neben Murdoch hatten Stevie Jackson und Sarah Martin ebenfalls manchmal die Hauptrolle.



Mein Freund hatte löblicherweise bereits vor Konzertbeginn ein Bild der Setliste ergattert, doch diese enthielt zum einen an mehreren Stellen Songalternativen, über die Murdoch spontan entschied (in einem Fall auch, doch einfach beide Songs zu spielen, weil er so gerne den Trompeter bei "Dress up in you" hören wollte). Zum anderen gab es auch noch weitere spontane Änderungen, denn ohne, dass wir das gewusst hätten, war es möglich gewesen, via soziale Netzwerke Liedwünsche zu schicken, die ebenfalls eingebaut wurden (unter anderem "Century of Fakers") - auf Murdochs besorgte Frage, ob die Wünschenden denn überhaupt anwesend seien, schien aus dem Publikum immer nur dieselbe Besuchern zu rufen...



Das danach folgende "I want the world to stop" war für viele Besucher ein Highlight, bei dem zum Mitsingen häufig das Mikrophon ins Publikum gehalten wurde. Im Anschluss erzählte Murdoch von seinem - offensichtlich sehr angenehm verlaufenen - Tag in Köln und zeigte sogar von den Bandmitgliedern gemachte Fotos, unter anderem von der kleinen Gondelbahn, die über den Rhein führt. Im Zwiegespräch mit dem Publikum fragte Murdoch, wie lange der letzte Auftritt in Köln her sei. Die gut informierte Frau direkt vor uns rief korrekt "13 Jahre", man einigte sich aber auf die Aussage eines Mannes links vorne, der die Band offenbar weniger gut kannte und auf 15 Jahre tippte.



Eines der Fotos zeigte übrigens auch einen Bus schottischer Fußballfans, die wohl bereits für die EM angereist waren - Murdoch erwähnte den auf dem Bus geschriebenen Songtext "Yabba Dabba Doo, we support the boys in blue" (eine schottische Fußballhymne von 1974) und war begeistert, als jemand im Publikum das Lied kannte und anstimmte. Er entschied salomonisch, dass Schottland und Deutschland im Eröffnungsspiel 2:2 spielen und dann später zusammen ins Finale kommen sollten.

Zu "To be myself completely", einem von Stevie Jackson gesungenen Song, erfuhren wir dann auch, wie dieser den Tag verbracht hatte: offensichtlich verkatert schlafend. Es folgtw "Like Dylan in the Movies", zu dem wir erfuhren, dass es sich um den Film "Don't Look Back" dreht.



Zwischendurch wurden wir zum Tanzen aufgefordert - Murdoch versicherte, wenn er tanzte (was er tatsächlich bei jeder Gelegenheit tat), könne es jeder. Bei "The boy with the arab strap", dem wohl bekanntesten Song der Band (ich kenne ihn übrigens hauptsächlich als Titellied der Serie Teachers) wurde es auf der Bühne noch enger, denn interessierte Konzertbesucher durften nun auf ihr mittanzen, dieses Angebot wurde auch enthusiastisch angenommen. 



Ein bisschen musste ich an ein Gang of Youths-Konzert denken, das mein Freund und ich vor einer Weile in Frankfurt besucht hatten: Damals hatte ebenfalls eine Konzertbesucherin tanzend die Bühne gestürmt, das aber sehr sicher, um auf Instagram zu demonstrieren, wie cool sie war. Hier dagegen wollte sichtlich niemand etwas darstellen, außer, dass man Fan der Musik war - sehr angenehm, und so durften die Tänzer auch gleich noch für "Another sunny day" auf der Bühne bleiben.

Zum Abschluss der sehr abwechslungsreichen Setliste, "Get Me Away From Here, I'm Dying" gab es gleich noch einmal Bilder von Köln zu sehen, diesmal stark verfremdet und aus dem Zug gefilmt. Es folgten noch zwei Zugaben (auf nun noch aus dem Publikum gerufene Wünsche entgegnete Murdoch "Requests were due in the afternoon!") und das Versprechen, nicht wieder 15 Jahre bis zum nächsten Besuch in der Domstadt zu warten. Hoffen wir es mal!



Setliste:

Expectations
What happened to you son? 
So in the moment
She's losing it
Give a little time
Century of fakers
I want the world to stop
Piazza New York catcher
Dress up in you
To be myself completely
Like Dylan in the movies
Do you follow?
A summer wasting
The boy with the arab strap 
Another sunny day
Get me away from here I'm dying

Fox in the snow 
Sleep the clock around

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