Am Samstagnachmittag reisten wir also an zum letzten Ritt des Maifeld Derbys. Wir gelangten sehr zügig aufs Gelände, besorgten uns das für Speisen und Getränke benötigte Zahlungsmittel Derby Dollar und gingen dann sofort zum Parcour d'Amour, wo Polar Noir den ersten Slot um 16 Uhr bekommen hatte. Für den Tag hatte es bereits längerfristig eine großräumige Gewitterwarnung gegeben, die sich auf die gesamte Mitte Deutschlands bezog - aber noch war es hauptsächlich sehr, sehr heiß. Im Parcours fanden wir immerhin ein wenig Schatten, dennoch lief der Schweiß an allen Besuchern herunter.
Polar Noir heißt im echten Leben Sandra Gern, die sonst bei Ego FM moderiert. Ihr Debütalbum ist bei Bandcamp zu finden. Für den Auftritt hatte sie zwei Mitmusiker an Keyboard und Schlagzeug dabei, wir bekamen noch einiges vom Soundcheck mit.
Nicht nur der Bandname stand in großem Kontrast zu den Temperaturverhältnissen, auch die musikalischen Inhalte waren es. Die Künstlerin hat nämlich einen Teil ihres Albums auf einer arktischen Insel aufgenommen. Nach dem dritten Song "Circles", der zu dieser Auswahl gehört, erklärte sie optimistisch, es sei durch dessen Performance nun bereits kühler geworden. Sie erwähnte außerdem, ein Großteil ihrer Lieder handele von Wasser, sie vergesse aber dennoch auf der Bühne regelmäßig das Trinken.
Zu "If Everybody Listened" erläuterte sie, das Lied sei das erste des Albums, das sie geschrieben habe, inhaltlich sei es eine Entschuldigung bei den Walen für das, was ihnen die Menschen antun. Das Set endete mit "Is It Over Now?", laut Beschreibung der Künstlerin einem melancholischen Tanzsong.
Sie hatte am Ende ihr komplettes Album bis auf ein Lied gespielt, in einem Set, das gar nicht so ruhig ausfiel, wie das Programmheft angekündigt hatte.
Setliste:
While We Were Sleeping
The Other Side
Circles
Same Water
Run
The Ocean
If Everybody Listened
We Got This
Is It Over Now?
Im Anschluss kam erst einmal der Stage Manager auf die Bühne und berichtete von der Gewitterwarnung. Er erklärte, das Bühnenprogramm würde nun erst einmal bis 19 Uhr unterbrochen, wir wurden gebeten, auf der Sitztribüne zu bleiben und abzuwarten. Wir machten uns Sorgen, inwieweit das weitere musikalische Programm überhaupt würde stattfinden können.
Links von der Bühne fuhren gelegentlich Autos vor, die das Equipment anderer Künstler brachten. Hier lief bereits Tara Nome Doyle herum, die den übernächsten Slot auf derselben Bühne hatte und sich offenbar allein um ihr Equipment kümmerte, und auch Alex Mayr ging vorbei.
Nach relativ kurzer Zeit gab es Entwarnung: In Übereinstimmung mit unseren eigenen Wetter-Apps erklärte der Stage Manager, das Gewitter sei noch nicht da, es ginge erst einmal weiter. Wir machten uns auf zum Palastzelt, wo unser zweiter Act des Tages Sophia Kennedy war. Die US-stämmige Musikerin aus Hamburg hatten wir bereits 2021 beim Maifeld Derby gesehen. Dieses Mal war sie sehr kurzfristig für Sylvie Kreusch eingesprungen, die ihren Auftritt abgesagt hatte.
Bei unserem Eintreffen lief noch der Soundcheck, bei dem noch recht grundlegende Absprachen getroffen wurden - sicherlich war das der Spontaneität des Auftritts geschuldet. Kennedy aktuelles Album "Squeeze Me" war auch erst eine Woche zuvor erschienen. Ihr Produzent, Mense Reents von den Goldenen Zitronen, war wie schon 2021 Teil ihrer Liveband und spielte Gitarre und Keyboard, zusätzlich war ein Schlagzeuger mit von der Partie.
Wieder war Kennedys Outfit bemerkenswert: Sie trug kürzere Culottes, dazu ein verkürztes Herrenhemd, eine Krawatte und hochhackige Sandalen mit Socken, dazu einen knallroten Lippenstift.
Viele der Lieder enthielten schrille Schreie. Einmal verwirrte Kennedy ihre Mitmusiker, als sie zunächst einen alten Song ankündigte, um sich dann zu verbessern - es sei das neueste Lied überhaupt (Imaginary Friend). Sie erwähnte außerdem, dass sie sich Sorgen mache, da sie morgens noch ihr Hemd gebügelt habe und nun unsicher sei, ob das Bügeleisen noch angeschaltet sei. Sie habe aber beschlossen, dass sie gerade deshalb ein gutes Konzert geben müsse - die Kombination "Bügeleisen an" mit "Konzert schlecht" sei schließlich die schlechteste von allen möglichen. Zu "Hot Match" kam die Künstlerin nochmals zum Bügeleisen-Thema zurück - der Text erwähnt nämlich vor der Tür stehende Feuerwehrleute.
Im Anschluss an den Song kam Festival-Chef Timo Kumpf auf die Bühne. Zu unserer Überraschung erzählte er, das Unwetter sei nun schon weitgehend vorbei - wir hatten dank Palastzelt und Musik nichts davon mitbekommen. Er bat die Band, noch einen Extrasong zum geplanten Programm zu spielen - und uns, vorerst im Zelt zu bleiben. Die Gastronomie sei ohnehin aktuell geschlossen, und es würden auch anderswo keine neuen Programmpunkte gestartet.
Sophia Kennedy spielte sogar noch insgesamt drei Lieder, dann hieß es warten - nun konnte man auch das Regenprasseln auf dem Zelt hören.
Setliste:
Relativ bald gab es die neue Ansage, wer unbedingt wollte, könne nun auf eigene Verantwortung das Zelt verlassen. Wir taten das und liefen zurück zum Parcours d'Amour, wo ebenfalls viele Zuschauer festsaßen (die Durchsage, dass man ihn verlassen durfte, kam hier erst etwas später). Unterwegs sahen wir, dass alle Plakate, die vorher die Gitter-Absperrungen des Geländes geziert hatten, auf dem Boden lagen (wohl absichtlich, um die Absperrungen winddurchlässig zu machen). Die Hindernisse auf dem Reitplatz waren in Mitleidenschaft gezogen worden.
Auf der Bühne liefen Vorbereitungen für das Set der norwegisch-irischen Singer-Songwriterin Tara Nome Doyle. Die Bühne an sich war überdacht, allerdings hatten sich an ihrem vorderen Rand einige Pfützen gebildet, die sich auch kontinuierlich weiter ausbreiteten. Die auf dem Boden liegenden elektrischen Komponenten wurden vorsorglich weiter nach hinten geschoben, dennoch machte ich mir ein wenig Sorgen.
Tara Nome Doyle trug ein auffälliges rotes Kleid, in dem wir sie schon während des Sets von Polar Noir gesehen hatten. Nun begann mit etwa 30 Minuten Verspätung ihr Auftritt. Zur Unterstützung hatte sie einen Keyboarder dabei, der auch Geige spielte, sie selbst spielte ebenfalls Keyboard und auch Gitarre.
Die Künstlerin erwähnte, es handele sich um ihren ersten Festival-Auftritt, und wir hätten ihr für diese Premiere bessere Bedingungen gewünscht: Die Zuschauertribüne war zwar sehr voll, aber mit vielen Personen, die sich hier vor dem Regen schützten oder noch überlegten, was sie als nächstes tun wollten. Das führte zu viel Kommen und Gehen und einem generell hohen Geräuschpegel - was so gar nicht mit den sehr ruhigen und emotionalen Klängen auf der Bühne harmonierte.
Die Musikerin gab einige Erklärungen zu ihren Songs: Zu "The Overgrown Path" erfuhren wir, dass es ganz am Anfang ihres neuen Albums "Ekko" gestanden hätte und dessen Energie verkörpert. "Bad Days" hat mentale Gesundheit zum Thema - Tara Nome Doyle ist dankbar für ihren Partner, der sie akzeptiert, wie sie ist, ohne etwas ändern oder auch nur helfen zu wollen. Gleichzeitig erklärte sie etwas zum Song-Schreibeprozess: Da sie am Klavier mittlerweile in gewohnte Muster verfalle, benutze sie mittlerweile bevorzugt die Gitarre zum intuitiven Komponieren.
"Du Träumst", ein deutschsprachiges Lied, wurde für den Soundtrack des Films München – Im Angesicht des Krieges von 2021 geschrieben und soll die Stimmung des Films einfangen. "Lighthouse" wiederum wurde für eine Freundin komponiert, die sich in den Augen der Musikerin zu sehr für andere verbog.
Den Abschluss der Setliste bildete "The Moments We Keep", ein Lied von der EP, die Doyle gemeinsam mit Federico Albanese veröffentlicht hat - mein Freund erinnerte sich an dessen 2022 von uns besuchtes Konzert, bei dem wir auch mit Doyle gerechnet hatten, sie aber letztlich nicht dabei war.
Ein schöner und emotionaler Auftritt, dem wir eine ruhigere Atmosphäre gegönnt hätten.
Setliste:
Nun wäre es eigentlich für uns Zeit gewesen, uns ein Abendessen zu besorgen. Leider hatten viele andere Festivalbesucher dieselbe Idee. Die Tatsache, dass die Stände vorher eine ganze Weile lang geschlossen gewesen waren, trug sicherlich dazu bei, dass sich nun überall lange Schlangen bildeten. Als sich nach einigen Minuten in der Schlange eines Pizza-Standes herauskristallisierte, dass die Wartezeit wohl eine Stunde dauern würde, brachen wir ab und begaben uns zur Open Air-Bühne, wo gerade der Auftritt von Die höchste Eisenbahn begann. Ich nutzte die ersten paar Songs, um uns in Nachbarschaft der Bühne in der vergleichsweise kürzesten Schlange zumindest Pommes Frites zu besorgen.
Die Band um Francesco Wilking und Moritz Krämer hatte ich in der Vergangenheit schon einmal beim A Summer's Tale gesehen - mein Freund sogar zweimal. In den letzten Jahren hatte ich nichts von der Band mitbekommen und hatte da anscheinend auch wenig verpasst - man hatte nämlich vier Jahre lang pausiert.
Im Herbst steht nun ein neues Album an, die enthaltenen Songs werden immer dann veröffentlicht, wenn sie fertig sind, einige davon hatten es auch in die Setliste geschafft, beispielsweise "Bürotage". Wilking kündigte scherzhaft an, bis zum Herbst sei man darin geübt, die Lieder zu spielen, und könne damit auf Tour gehen - und werde auch in der Mannheimer Feuerwache auftreten.
Bezüglich des Maifeld Derbys meinte man, man sei bereits vor zehn Jahren einmal "auf der Trabrennbahn" aufgetreten und glaube noch nicht so recht an das endgültige Ende des Festivals.
Kein Wunder, das man sich entschlossen hatte, die Band nochmals zu buchen, denn sie war sehr unterhaltsam und kam im Publikum sowohl bei Fans als auch bei Zufallsgästen hervorragend an. "Isi" bot, wie es wohl bei jedem Auftritt praktiziert wird, Anlass für eine lange improvisierte Passage, die sich im konkreten Fall natürlich um das Maifeld Derby drehte.
Das Set endete mit "Was machst du dann?" und der Ankündigung, uns im nächsten Jahr am selben Ort wiederzusehen.
Setliste:
Die Zeitplan-Situation nach dem Gewitter sah nun so aus, dass im Parcour d'Amour weiterhin alles etwa 30 Minuten später begann, während die anderen Bühnen wieder im Takt lagen. Für uns eine schlechte Nachricht, denn es führte zu mehr Überschneidungen als wir ursprünglich erwartet hatten. Im Palastzelt waren nun The Notwist an der Reihe, nachdem wir diese Band dieses Jahr aber schon gesehen hatten und auch im Juni nochmals in ihren Genuss kommen werden, eilten wir stattdessen zurück zum Parcours d'Amour, wo soeben das Set von Alex Mayr begonnen hatte.
Nicht nur sie selbst hatte sich umgezogen und trug nun ein Kleid mit Blumenmuster - auch ihre Mitmusiker trugen geblümte Hemden. Neben Bandmitglied Konrad und dem Bassisten stand auch Konstantin Gropper mit auf der Bühne, ebenso der Keyboarder von Get Well Soon. Die Bühne war ebenfalls mit Blumen und Palmen dekoriert. Trotz des parallelen Slots zu The Notwist war es auch hier im Publikum richtig voll.
Mayr wirkte eigentlich bestens gelaunt, erwähnte aber mehrmals, dass sie das Set wohl nicht überstehen werde, ohne zu weinen, weil ihr der Abschied vom Maifeld Derby so weh täte. Hinzu kam, dass sie zunächst ältere Songs vor allem von ihrem Album "Park" spielte und erklärte, die neueren Lieder, die später kämen, seien alle traurig.
Vielfach erwähnte sie, wie viel ihr das Derby persönlich bedeutete, und auch, dass sie dadurch viele Lieblingsbands kennen gelernt hätte - auch Die höchste Eisenbahn, die blöderweise parallel spiele.
Zu "Deine Schuhe" schlug sie vor, man sollte ruhig vor der Bühne tanzen, die späteren Lieder seien dazu nicht mehr geeignet. Viele kamen der Aufforderung nach. Nach dem vierten Lied "Ausgang" verließen die Get Well-Soon-Mitglieder die Bühne, stattdessen kam eine Keyboarderin dazu - natürlich ebenfalls im geblümten Outfit.
"Japan" wurde für einen kindlichen Fan kurz angespielt, dessen Familie im Publikum das jubelnd aufnahm, danach wurde es tatsächlich thematisch trauriger. Mayr spielte ein Lied, das sie ursprünglich für einen Film geschrieben hatte, bei dem es dann aber keinen Einsatz fand. Es folgte "Für dich", das sich textlich um ein nie geborenes Kind dreht ("...und hier bei uns bleibt für immer ein Platz für dich frei").
Richtig emotional wurde es dann am Ende, denn Mayr trug allein ein extra für den Anlass geschriebenes Abschiedslied über das Maifeld Derby vor, in dem sie viele schöne Erinnerungen an das Festival aufzählte, etwa die Anreise per Fahrrad, Sonnenuntergang im Parcours d'Amour und das früher nach Pferdedung riechende Palastzelt.
Setliste:
Der nächste Programmpunkt nannte sich "Konstantin Gropper & Friends" und wir waren gespannt, was es damit auf sich haben würde. Gleichzeitig machten wir uns Sorgen, wegen der Verzögerungen den Beginn von Franz Ferdinand im Palastzelt zu verpassen. Immerhin gab es zwischen Gropper und Mayr einen quasi fließenden Übergang (die eingesetzten Musiker waren in vielen Fällen ja auch dieselben), so dass keine zeitaufwändige Umbaupause notwendig war.
Gropper ist das einzige dauerhafte Mitglied von Get Well Soon und hat ebenfalls schon oft beim Maifeld Derby gespielt - dadurch, dass Festival-Organisator Timo Kumpf viele Jahre lang Bassist der Band war, gab es eine besondere Verbindung. Wir waren neugierig, was nun passieren würde, und auch, ob Kumpf einer der "Friends" sein würde und zum Abschied auf die Bühne zurückkehren würde.
Das Set begann mit einer Panflötenversion von "My way" vom Band, Gropper hatte sich umgezogen und war nun ganz in schwarz. Mit ihm kamen zunächst Alex Mayrs Bandmitglieder auf die Bühne, und auch seine Schwester Verena. Man spielte zusammen "Prologue", danach witzelte Gropper, er habe eigentlich nie unter seinem eigenen Namen auftreten wollen, und die Leute fragten sich nun angesichts der Ankündigung, ob er eigentlich Freunde hätte. In diesem Moment verließen zwei der Bandmitglieder planmäßig die Bühne, was er mit "Oh, zwei gehen schon" kommentierte.
Es folgten drei weitere Get Well Soon-Songs ("Red Nose Day" wurde dabei den Festival-Helfern gewidmet, die so hart arbeiteten) , und gerade, als ich mich fragte, warum man nicht einfach unter dem Bandnamen aufgetreten war, gab es einen Wechsel. Ein mir unbekannter Mann betrat die Bühne und wurde als Ziggy Has Ardeur vorgestellt. Gropper erzählte, die beiden hätten sich bei einem Maifeld Derby kennen gelernt und gemeinsam das Studio Kollektiv gegründet, das seitdem bestehe. Zusammen trug man den Song "This City needs you" und ein weiteres vor, stilistisch deutlich elektronischer als Get Well Soon-Lieder. Die beiden komponieren auch gemeinsam Filmmusik.
Im Publikum hatten wir schon lange Timo Kumpf entdeckt, der Gropper vor Auftrittsbeginn auch umarmt hatte. Doch nun kehrte zunächst der bisherige Bassist des Abends auf die Bühne zurück... aber nur, um es spannend zu machen, denn auch Timo betrat nun die Bühne und bekam den Bass überreicht. Als vielleicht erster Bassist bekam er seitens des Publikums stehenden Applaus und "Tomo! Timo!"-Sprechchöre. Auch mit Kumpf am Bass wurden zwei Lieder gespielt, unter weiterhin riesigem Applaus sprach er ein paar Worte und verließ anschließend die Bühne.
Den nächsten Gast kannten wir ebenfalls: Alex Mayr hatte sich ein weiteres Mal umgezogen und war nun in Schwarzweiß. Mayr hat mit Gropper den Soundtrack zum Film "Wir können nicht anders" komponiert, aus dem sie nun "We Don't Really Care" vortrug. Es folgte das Titellied der Talksendung "Neo Ragazzi", das ebenfalls von den beiden stammt.
Für uns endete der Auftritt hier, denn es war höchste Zeit, zum Palastzelt aufzubrechen - wir wissen also nicht, ob vielleicht noch weitere Gäste erschienen sind.
Setliste:
Im Palastzelt war es nun schon sehr voll, es war Zeit für den Tages-Headliner Franz Ferdinand. Die Band hat kürzlich ihr neues Album "The Human Fear" veröffentlicht und spielte zum ersten und damit einzigem Mal beim Maifeld Derby. Weitere Festivalauftritte in Deutschland sind für dieses Jahr ebenfalls nicht geplant.
Die Bühne war in Betonoptik gestaltet, als Dekoration diente ein riesiger, schiefer Rahmen. Außerdem waren zwei weiße Podeste aufgebaut worden. Auf einem thronte das aus unserer Perspektive von rechtsaußen kaum sichtbare Schlagzeug, das andere blieb leer und würde später Alex Kapranos als Turngerät dienen.
Während wir auf den Beginn warteten, überlegte ich, wie oft ich die Band schon live gesehen hatte - und wann zuletzt. Mein Blog legt nahe, dass die letzte Begegnung 2018 gewesen sein muss, also vor einer ganzen Weile. Außer einem weiteren Konzert 2014 finde ich keine Berichte, aber mehr als zweimal habe ich die Schotten vermutlich schon gesehen, wenn auch wohl deutlich seltener, als ich gedacht hätte.
Außerdem ging mir durch den Kopf, dass Franz Ferdinands Karriere nun bereits seit 2004 andauert. Für die jüngeren Festivalgäste war das hier ganz klar ein Retro-Act, oder, wie einst ein frustrierter A Summer's Tale-Gast zum damaligen Lineup kommentierte: der heiße Scheiß von vor 20 Jahren. Aber langjähriger Erfolg hat ja häufig gute Gründe, und das gut gefüllte Zelt sprach dafür, dass viele die Band einfach sehen wollten. Und da kam sie auch schon.
Das Geschehen auf der Bühne und die Aufmerksamkeit konzentrierte sich weitestgehend auf Alex Kapranos, während Bassist Bob Hardie und Gitarrist Dino Bardot sehr zurückhaltend agierten. Nur Julian Corrie am Keyboard animierte ein wenig mit. Die Schlagzeugerin Audrey Tait konnte ich wie erwähnt aus unserer Position gar nicht sehen.
Schwarz war hier wie schon bei Konstantin Groppers Freunden der Dresscode, wobei Kapranos dazu gut sichtbare rote Socken trug. Er war sich seiner zentralen Rolle voll bewusst und im Rampensau-Modus: Es wurde sehr intensiv geposed und gesprungen. Besonders gerne machte er Sprünge vom Podest, die zum Rhythmus des Schlagzeugs abgestimmt waren. Zu "Black Eyelashes" spielte er eine griechische Mandoline, eine Bouzouki.
Trotz Festival-Slot spielte man kein Greatest Hits-Set, sondern berücksichtigte "The Human Fear" mit dem Großteil der gespielten Lieder, genauer gesagt sieben. Direkt danach folgten mengenmäßig allerdings das Debütalbum mit insgesamt fünf gespielten Songs, dazu kamen vier vom Nachfolger.
Organisatorisch hatte man sich dazu entschieden, die neuen Songs über das ganze Set zu verteilen, was sicherlich schlauer war, als einen kompletten Block voll mit weniger bekannten Liedern zu haben. Die Singles "Nicht and Day" und "Audacious" schienen mir dabei ebenso gut anzukommen wir die älteren Lieder, bei anderen schien die Resonanz immer wieder kurz abzufallen, bevor ein weiterer Gassenhauer angestimmt wurde. Die Publikumslieblinge waren - nicht ganz überraschend - "Darts of Pleasure" und "Take Me Out", die beiden ersten Singles überhaupt von Franz Ferdinand. Letzteres begann damit, dass vier Bandmitglieder sich vorne am Bühnenrand aufstellten.
An einem Punkt sprach Alex Kapranos über das Maifeld Derby und bedauerte, dass dies das letzte Mal sei - kurz schoss mir durch den Kopf, dass Timo Kumpf vielleicht auch hier bei einem Lied Bass spielen dürfen würde...? Dazu kam es aber natürlich nicht. Die Band verließ nach 17 Liedern die Bühne und kehrte für drei weitere nochmals zurück. Den Abschluss bildete eine sehr lange Version von "This Fire", während der es auch eine Bandvorstellung gab.
Setliste:
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