Herrje, bei all den Konzertberichten kommt man kaum zur Monatsrückschau! Im Mai hörte ich - neben diversen Konzerten - Woman on Fire von Sheila de Liz. Das Buch ist via Spotify als Hörbuch kostenlos zugänglich, und ich hatte vor etwa zwei Jahren schon einmal angefangen, es anzuhören, um dann etwa in der Mitte erst einmal wieder damit aufzuhören.
Thema des Buches sind die Wechseljahre: 100 Prozent der Frauen werden damit konfrontiert, die Mehrheit leidet unter unterschiedlich stark ausfallenden Beschwerden - dennoch ist die Informationslage desaströs, bevor man gezielt beginnt, zu suchen. Kein Wunder also, dass das 2020 erschienene Buch einer in Wiesbaden praktizierenden, US-stämmigen Gynäkologin ein Bestseller ist.
De Liz versucht dabei, ein Dilemma zu meistern: Beim Thema Wechseljahre geht es, wenn man die zugehörigen Vorgänge im Körper erklären möchte, um Hormone, und Erläuterungen dazu, welches wann ausgeschüttet wird, was es bewirkt und was passiert, wenn das nicht mehr passiert, sind gleichzeitig komplex und ein bisschen langweilig. Um die Leserinnen bei der Stange zu halten, greift de Liz zu Analogien zu Drei Engel für Charlie. Der Film, auf den sie sich bezieht, stammt aus dem Jahr 2000 - da dachte die Autorin sich wohl, dass er Leserinnen zwischen 45 und 55 gut abholt.
Auch sonst greift sie häufig zu einem betont flapsigen Tonfall, den die Leserinnen offensichtlich sympathisch finden sollen, der bei mir aber häufig das Gegenteil bewirkte. Deshalb habe ich das Buch im ersten Versuch auch nicht beendet.
Inhaltlich wird schnell deutlich, dass de Liz eine große Verfechterin der Hormon(ersatz)therapie ist, bei der Frauen nicht mehr vom Körper produzierte Hormone von außen zuführen. Das war vor einigen Jahrzehnten mehr oder weniger üblich (vor allem in den USA), wurde nach einer Studie, die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko feststellte, aber mehr oder weniger abgeschafft. In den letzten Jahren gab es hier eine erneute Wende, da mittlerweile auch neue und bessere Produkte verfügbar sind.
De Liz geht hier deutlich weiter als zum Beispiel die Deutsche Menopause-Gesellschaft und beschreibt die Hormontherapie nicht nur als Lösung für akute Probleme, sondern auch als effektive präventive Behandlung von Krankheiten wie Osteoporose, Demenz, Diabetes etc. Ihrer Meinung nach braucht es also gar keine speziellen Gründe für Frauen, um mit der Hormoneinnahme zu beginnen, weil sie in jedem Fall davon profitieren. Die aktuell vorherrschende medizinische Meinung ist jedoch, dass man Hormone nur zuführen sollte, wenn konkrete Beschwerden bestehen - weil die bewiesenen Vorteile mit geringen, aber vorhandenen Risiken verbunden sind.
Inhaltlich versorgt einen das Buch durchaus mit wichtigen und umfassenden Informationen, es erforderte bei mir aber, ironischerweise gerade wegen der Versuche, das Thema weniger trocken zu gestalten, ziemliche Geduld. Zum Ende hin driftet es dann noch in generelle Lebensweisheiten ab, die ich gerne überschlagen hätte (was bei gedruckten Büchern einfacher ist als bei Hörbüchern, wo man nie genau weiß, was eventuell noch kommt).
Auf der Buch-Bewertungsplattform Goodreads fand ich diese schöne Bewertung durch die Autorin Kathrin Passig, der ich mich nur anschließen kann:
"Keine Sternebewertung, das geht hier nicht. Fast alles an diesem Buch hat mich maximal genervt, der Stil ist wie hunderte Seiten lang Horoskope lesen, alle vorkommenden Frauenärzte und Statistiker sind selbstverständlich Männer und alles wird mit rosa geblümten Metaphern erklärt. Aber der Inhalt war gut, ich wusste nichts davon und bin froh, dass ich es empfohlen bekommen habe und inzwischen auch in der Lage bin, Rosageblümtes zu lesen."
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