Neulich ohne Disziplin: xPropaganda im Frankfurter Bett


Ich weile aktuell in der bayerischen Oberpfalz, während mein Freund am Dienstagabend die Gelegenheit hatte, xPropaganda live zu sehen. xPropaganda? Ja, das ist der Bandname der beiden Original-Sängerinnen der deutschen 80er Jahre Synth-Pop-Band Propaganda, Claudia Brücken und Susanne Freytag, die 2018 wieder zusammenfanden und 2022 ein neues Album namens "The Heart Is Strange" veröffentlichten. Hinterher hatte ich natürlich Fragen an ihn.


Du hattest ja lange damit gehadert, dass die Eintrittskarten für diesen Abend sehr teuer waren. Was hat dich letztlich zur Kaufentscheidung gebracht?

Der reguläre Ticketpreis von über 50 € ließ mich lange zögern, ob ich das Konzert von xPropaganda besuchen sollte, aber vielleicht würde die Gelegenheit, „Dr. Mabuse“ und „P:Machinery“ live zu hören so schnell nicht mehr wiederkehren. Oder gar nicht mehr. 

So kaufte ich erst kurz vor Konzertbeginn mein Ticket online und sah, dass es preislich noch in ganz andere Regionen hätte gehen können: Für über 70 € hätte es einen früheren Einlass, einen VIP Pass und ein Tourposter gegeben, für mehr als 120 € zusätzlich noch eine Unterschrift auf das Plakat und ein Meet & Greet vor der Show.




War der Abend auch vielen anderen Konzertgästen den stolzen Preis wert - war es also voll?

Tatsächlich standen in der ersten Reihe mehrere Zuschauer, die den VIP Pass um den Hals hängen hatten. Aber auch mit meiner Ankunft 20 Minuten vor Konzertbeginn schaffte ich es noch in die dritte Reihe der erstaunlich gut gefüllten Konzertlocation. Da hatte ich wohl noch eines der letzten Tickets gekauft!

Das Publikum bestand aus vielen älteren Menschen, die vermutlich seit den 80er Jahren Synth-Pop hören und T-Shirts von u.a. Holly Johnson oder The Human League trugen. Bei den Herren dominierten graue Haare, keine Haare oder Zöpfe. Besonders faszinierend war der Mann in der ersten Reihe, der 13 Songs lang sein Kopf mit langem grauen Haar bangte, so dass ich befürchtete, er müsste sich am Ende des Konzertes bei den Kahlköpfen einreihen.



Wer genau stand da nun genau auf der Bühne?

Claudia Brücken und Susanne Freytag sind zwei Fünftel und die Stimmen von Propaganda, die 1985 das ikonische „A Secret Wish“ mit Hits wie „Dr. Mabuse“, „Duel“ und „P:Machinery“ veröffentlichten. Es sollte deren einziges Album mit Brücken und Freytag bleiben. Vor einigen Jahren taten sich die beiden ehemaligen Sängerinnen von Propaganda unter dem treffenden Namen xPropaganda wieder zusammen und nahmen tatsächlich mit dem „A Secret Wish“-Produzenten Stephen Lipson das soundmäßig ähnlich gestaltete „The Heart Is Strange“ auf, das passender Weise ebenfalls über ZTT Records veröffentlicht wurde.


Dominierten auf der Setliste der neuen alten Band die alten Hits oder das neue Album?

Es war also nur konsequent, dass xPropaganda Songs aus „A Secret Wish“ und „The Heart Is Strange“ darboten. Recht pünktlich um 20 Uhr ging es los, es wurde gut 90 Minuten gespielt und zu einer für uns ältere Menschen guten Uhrzeit war das Konzert (ohne Vorband) wieder beendet.

Zunächst kamen auf die über keine Gimmicks verfügende schlichte Bühne die drei männlichen Musiker, in Schwarz gekleidet und ebenfalls ohne Haupthaar. Das lange instrumentale Intro von „The Night“ ermöglichte es Claudia Brücken, erst später die Bühne zu betreten. Erst zum folgenden „Chasing Utopia“ kam auch Susanne Freytag hinzu. Beide Damen trugen schwarze Blazer und während Claudia Brücken den Gesang übernahm, griff Susanne Freytag, die für den Sprechgesang zuständig war, auch häufig zu Drumsticks. 




Wie kam das beim Publikum an?

Selbstverständlich wurden die Lieder von „A Secret Wish“ mit noch mehr Applaus und Begeisterung bedacht als die von „The Heart Is Strange“, obwohl „The Night“ oder „Only Human“ durchaus mit diesen mithalten konnten. Claudia Brücken strahlte sehr oft und bedankte sich sehr häufig beim Publikum. Selbst über das Gesicht von Susanne Freytag huschte gelegentlich ein Lächeln. Gesprochen wurde ansonsten leider gar nicht, dabei hätte es bestimmt viel über Propaganda und xPropaganda zu erzählen gegeben. 


Welche Lieder bekamen die beste Resonanz?

Die Lieder, auf die alle gewartet hatten, sparten sich xPropaganda bis zum letzten Drittel auf. Zunächst kam „Dr. Mabuse“ und es war so großartig wie erhofft. Leider unterlagen viele Frankfurter dem Irrtum, dass es eine gute Idee sei, mitzuklatschen. Gegen Endes des Liedes hört man Freytag, wie sie die englische Textzeile "Why does it hurt when my heart misses the beat?“ auf deutsch singt - und zwar rückwärts. Als sie das auch live vortrug, musste Brücken dabei schmunzeln. Am Ende des Liedes stellten sie sich in der Mitte der Bühne zusammen und Brücken schlug Freytag leise vor, nach vorne zu treten. Am Bühnenrand genossen sie den besonders lauten Applaus. Ähnlich toll war natürlich auch „P:Machinery“.

Das Konzert endete mit dem Ambient-artigen „Ribbons Of Steel“, dem ersten Song, bei dem der erwähnte Fan aus der ersten Reihe nicht headbangen konnte. 



Aber es gab sicher auch eine Zugabe, oder?

Schnell kehrten drei Fünftel von xPropaganda zur lautstark eingeforderten Zugabe auf die Bühne zurück. Da Claudia Brücken beim ersten Song diese allein gehört hatte, war nun Susanne Freytag an der Reihe. Sie bot „Disziplin“ dar, eine Coverversion von „Discipline“, das im Original Throbbing Gristle 1981 herausbrachten und das Propaganda in ihren Anfangsjahren spielten, aber so nie veröffentlichten. Im Text taucht übrigens das Wörtchen „Propaganda“ auf, und es beginnt mit „Was dir fehlt ist Disziplin, nur ein wenig Disziplin“. Dies galt an diesem Abend auch für mich, denn es hingen an allen Monitorboxen die Hinweise, dass man bitte nicht filmen und fotografieren solle. Leider konnte ich diese von meinem Standort aus sehen und versuchte auch, mich daran zu halten…

Zum Schluss boten xPropaganda noch „Duel“ dar, Freytag setzte dazu einen verspiegelte Sonnenbrille auf und begab sich an einen Synthesizer, und Brücken nahm das Mikro in die Hand, ging über die Bühne und brach die, bis auf wenige tänzelnde Bewegungen der Sängerinnen, sehr statische Bühnenshow etwas auf. Die Band verneigte sich abschließend gemeinsam am Bühnenrand und es wurde sich noch einmal zu begeistertem Applaus bedankt und das ausdrücklich Publikum gelobt. 



Was ist Dein Fazit zu dem Abend?

Letztendlich waren der Ticketkauf und die Fahrt nach Frankfurt eine gute Entscheidung, auch wenn das Konzert zu diesem Preis auch etwas mehr an Show und Ansagen hätte bieten können.


Setliste:

The Night 
Chasing Utopia 
The Murder of Love 
Sorry for Laughing (Josef K Cover) 
Don't (You Mess With Me) 
Frozen Faces 
Beauty Is Truth 
Dream Within A Dream 
The Chase 
Only Human 
Dr. Mabuse 
The Wolves Are Returning 
p:Machinery 
Ribbons Of Steel

Disziplin  (Throbbing Gristle Cover) 
Duel


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