Über Liveauftritte von Ian Brown hatte ich schon einiges gehört: Seine frühere Band, die Stone Roses, gelten zwar für viele auch heute noch als Sternstunde der Popmusikgeschichte, doch ihre Livequalitäten waren dabei eher umstritten – was aber auch egal war, wenn Perlen wie „I Wanna Be Adored“ zum Besten gegeben wurden. Herr Brown ist mittlerweile bereits seit sechs Alben solo unterwegs, und auch seine Live-Auftritte waren nicht immer ein reines Vergnügen. Über sein Erscheinen beim Haldern-Festival 2002 kann man zum Beispiel lesen:
„Das was man [...] zu sehen bekam, ist einfach nur als verstörend zu bezeichnen. Ein schrecklich schief singender Ian Brown, der den Sound seiner toll aufspielenden Band mit dem Gesang geradezu störte. Sein Auftreten ist wohl tatsächlich cool und der Name scheinbar so groß, dass sich ein Teil der Zuschauer nichts aus den schiefen Gesangsversuchen machte. Es stellte sich einem gelegentlich die Frage, ob der ganze Rauch um das ehemalige Stone Roses Mitglied tatsächlich nur von der Nebelmaschine kam.“
Browns aktuelles Album „My Way“ gilt aber für viele als das bisher beste seiner Solokarriere, also entschlossen wir uns, seinen Auftritt in der Mannheimer Feuerwache zu besuchen. Angesichts der alten Geschichten war ich sehr gespannt, in welcher Form sich der Sänger beim Konzert präsentieren würde.
Interessiert waren wohl auch viele andere „Altfans“, denn an den ergrauenden Haaren der zumeist männlichen Gäste, die zum Teil T-Shirts von „historischen“ Bands wie The Sultans of Ping FC oder der frühen Oasis zur Schau trugen (oder gleich als Liam Gallagher-Klon einliefen), erkannte man, dass sich das Publikum gut ins Thema Brown eingearbeitet hatte.
Und da stand er dann auch schon auf der Bühne, und anders als der echte Liam (der ebenfalls Ian Brown als Stilvorbild nennt) war er bestens gelaunt, kommunikativ und freundlich, sprach mit dem Publikum, wusste, dass er in Mannheim war (und das zum ersten Mal) und studierte mit den Fans kleine Tänze ein. Alles prima und alles andere als verstörend.
Zugegeben: Ein toller Sänger ist Ian Brown nicht, gerade das eigentlich sehr schöne Lied „Keep What Ya Got“ versemmelte er durch schiefe Töne und zu langsames Tempo ziemlich. Dennoch funktionierten die meisten Songs prächtig. Die Setliste war dabei eine Mixtur aus dem aktuellen Album und einem „Best of“. Mit „Crowning Of The Poor“, „Golden Gaze“ und „Time Is My Everything“ ging es gleich sehr gut los, wurde jedoch dann im weiteren Verlauf ein wenig mau, um nach vereinzelten Highlights wie „Love Like A Fountain“ mit dem finalen „F.E.A.R.“ richtig toll zu werden. Die Livedarbietung war dabei sehr drum-lastig, neben dem eigentlichen Schlagzeug betätigte sich ein als Mr. Goldfinger vorgestellter Perkussionist an weiteren Schlaginstrumenten.
Die eigentlichen Knaller waren, stellte sich heraus, für die Zugaben zurückgehalten worden: Vor „Stellify“ und „Just Like You“ bat Herr Brown um Musikwünsche, worauf sich das Publikum mit Titelvorschlägen die Kehlen aus dem Hals brüllte. Den Vorschlag „Supersonic“ setzte er dann aber verständlicherweise nicht um, sondern gab das auch auf der Setliste vermerkte „Fools Gold“ zum Besten, den einzigen Stone Roses-Song des Abends.
Die Fans von Manchester United singen angeblich bei Fußballspielen auf den Tribünen Stone Roses-Songs. Vielleicht haben sie es sich deshalb verdient, dass Ian Brown bei „ihrem“ Konzert im Dezember 2009 als zweiten alten Hit „I Wanna Be Adored“ gespielt hat. Aber das ist nur ein kleiner Wermutstropfen in einem an und für sich schönen Konzertabend.
Setlist:
Crowning Of The Poor
Golden Gaze
Time Is My Everything
All Ablaze
Keep What Ya Got
Save Us
Love Like A Fountain
Corpses In Their Mouths
Laugh Now
Vanity Kills
Own Brain
Longsight M13
Marathon Man
Sister Rose
F.E.A.R.
Zugaben:
Fools Gold
Stellify
Just Like You
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