Kriegsbemalung statt Kostümierung: Warpaint in Amsterdam

by - Juni 20, 2011

Ich melde mich immer noch aus Amsterdam.... Als wir gestern Abend wie gebucht die Band The Mummers im Club Paradiso besuchen wollten, wurden wir enttäuscht: Der Auftritt war wegen Krankheit abgesagt. Das war besonders ärgerlich, weil wir zusätzlich zu den Konzertkarten auch eine Monatsmitgliedschaft im Paradiso hatten erwerben müssen (nur Mitglieder dürfen rein), und diese war nun nicht nur überflüssig, sondern auch nicht erstattbar.

Nachdem mein Freund aber so gerne auf Konzerte geht und nach den Irrepressibles vom Freitag keineswegs gesättigt war, wurde plötzlich die Band Warpaint und ihr heutiger Auftritt im Paradiso eine Alternativmöglichkeit: So würde die Mitgliedschaft immerhin noch sinnvoll genutzt werden.

Ich kannte Warpaint, eine amerikanische Frauenband, im Vorfeld überhaupt nicht, war mir aber bewusst, dass die Band zurzeit in aller Munde (und wohl auch Ohren) ist und von Konzerttagebuch Christoph in höchsten Tönen gelobt wurde ("Aber zur Zeit sind Warpaint für mich die Band schlechthin."). Wer sich für Indiemusik interessiert, liebt dieses Gruppe momentan. Schnell wurde noch das Album als Stream auf der Homepage gehört, und ich kam zu dem Schluss, dass mir ein eher ruhig-plätschernder, aber keineswegs unangenehmer Abend bevor stand.


Im Paradiso wurden wir zunächst mit der "Vorband" Marques Toliver, einem amerikanischen Straßenmusiker (nehme ich an) konfrontiert, der seine inbrünstigen Songs alleine zu Glockenspiel, Zither und Geige vortrug und es dabei schaffte, alle diese an sich leisen Instrumente als Percussion zu nutzen. Ein durchaus sympathischer Musiker, dessen Stilrichtung mit Anleihen bei Beyoncé ("Single Ladies (Put A Ring On It)") und TLC ("Scrubs") nicht ganz die meine war. Dennoch ein interessanter Auftritt.



Dann kamen die vier Damen von Warpaint auf die Bühne, richtig gut sehen konnte ich von unserer Balkonposition aus leider nur die "Hauptsängerin" Emily Kokai, die die hässlichste Latzhose trug, die ich je gesehen habe. Und dennoch hätte man dazu nicht unbedingt Cowboystiefel anziehen müssen.



Die Lieder hatten live, wie mein Freund hinterher sagte, "mehr Druck" als auf dem Album "The Fool", sprich, sie waren lauter, mit mehr Schlagzeug und in meinen Augen vor allem unwahrscheinlich lang (Wie kann man mit 11 Titeln eindreiviertel Stunden füllen?). Und dabei blieb es aus meiner Sicht auch. Ewig langes Schrammellied reihte sich an weitgehend identisches ewig langes Schrammellied. Ich musste daran denken, wie ich mir Krautrock vorstelle, und ansonsten kam mir ein abgewandeltes Zitat aus Buffy in den Sinn: "I was bored to tears even before the song that wouldn't end!"



Als wir nämlich endlich den Zugabenteil erreicht hatten (aus der gut sichtbaren Setliste wusste ich, dass noch zwei Lieder gespielt werden würden) folgte auf das erfreulich andere, von Emily allein mit Gitarre vorgetragene "Baby", wiederum gefühlt stundenlanges Gewabere, und ich bin mir keineswegs sicher, dass nur noch ein Song vorgetragen wurde. Ich zumindest fühlte mich hinterher um Jahre älter ...



Das Publikum sah das übrigens völlig anders als ich: Die dicht gefüllte Halle war bis auf die zweite Balkonreihe mit begeisterten Zuschauern gefüllt, die sicher auch über eine weitere Zugabe höchst erfreut gewesen wären. Aber Warpaint und ich werden sicherlich keine Freundinnen mehr werden.



Setliste:

Stars
Warpaint
Bees
Burgundy
Composure
Undertow
Set your arms down
Majesty
Elephants
____

Baby
Beetles

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