Alte Bekannte: Get Well Soon und Dear Reader im Düsseldorfer Robert Schumann-Saal
Dear Reader, die südafrikanische Band, die mittlerweile als einziges festes Mitglied Cherilyn MacNeil aufzuweisen hat, hatte ich zuletzt gleich zweimal hintereinander beim Maifeld Derby gesehen, wobei ein Auftritt ein Acoustic-Set darstellte. Beim New Fall Festival-Auftritt am Donnerstag rechnete ich mit einem ähnlichen Lineup, also der Sängerin plus weiblicher Unterstützung sowie den beiden männlichen Mitgliedern von The Marching Band an weiteren Instrumenten, aber es kam anders. Dear Reader nimmt nämlich gerade ihr drittes Album auf und ist folglich auch nicht auf Tournee, für den Einzelauftritt hatte sie keine Band dabei, sondern einen einzelnen Herrn aus Kanada (der wie sie in Berlin wohnt). Er unterstütze sie sowohl an der Geige als auch stimmlich, indem er häufig die zweite Stimme übernahm und in einem Lied sogar zum Duettpartner wurde.
Das neun Lieder umfassende Set wurde am Flügel mit „Monkey“ eröffnet, wobei diese Tastenuntermalung um einiges schöner klang als das sonst von der Sängerin bevorzugte Keyboard, für manche Lieder wie das darauf folgende „Dearheart“ wechselte sie auch zur Gitarre. Insgesamt gefielen mir die reduzierten Arrangements dieses Abends sehr gut.
Auch vom neuen, noch unveröffentlichten Album, das sich thematisch um die Geschichte Südafrikas drehen soll, bekamen wir zwei Lieder zu hören. Die Titel verriet sie uns nicht, wohl aber, dass es im ersten Song um gestrandete Seeleute ging, die in Südafrika an die Küste gespült werden und im anderen um einen Pionier und dessen Liebe.
Cherilyn erzählte uns, dass sie Get Well Soon bereits seit 2009 von einer gemeinsamen Tour kennt und seitdem mit der Band befreundet ist, man ist auch beim selben Label. Außerdem erfuhren wir, dass sie auch viele andere Bands des New Fall Festivals schätzt und bedauerte, am Vorabend The Notwist verpasst zu haben. Und so räumte das „Titelmädchen“ des diesjährigen Festivalprogramms gut gelaunt die Bühne für den Hauptact des Abends.
Setliste:
Monkey (You Can Go Home Now)
Dearheart
Heavy
Camel (Not Black Or White But Camel)
Came From the Sea (neu)
Earthworm (All Hail Our Ailing Mother)
Whale (Boohoo)
Already are (neu)
What We Wanted
(Danke an Gudrun für die Ergänzung der beiden neuen Lieder!)
Auch Get Well Soon hatte ich schon das eine andere Mal live gesehen, wenn ich nachrechne komme ich auf vier Konzerte vor dem in Düsseldorf. Im Vorfeld des neuen Albums hatte die Band so getan, als habe sie sich einer seltsamen Sekte angeschlossen und entsprechend verstörendeVideos auf ihrer Homepage veröffentlicht. Auch wenn darauf im Rahmen des Konzerts nicht Bezug genommen wurde, war das "Sektensymbol" sowohl in leuchtend rot als auch als Glitzerskulptur allgegenwärtig. Der restliche Bühnenaufbau erinnerte mit seinen roten Stoffbehängen an das aktuelle Albumcover.
Get Well Soon erschienen zunächst als ihr eigenen Roadies auf der Bühne, insbesondere Konstantin Gropper baute lange diverse Instrumente auf. Mit „Prologue“ begann dann das eigentliche Set, wobei die dafür offenbar eingeplante Gitarre dann trotz der vielen Vorarbeit nicht funktionierte und schnell auf eine andere gewechselt werden musste. Schließlich musste nach „The Last Days Of Rome“ und „5 Steps/7 Swords“, das Gitarrenproblem gelöst werden, was zu einer längeren technischen Pause zwecks Problemlösung führte.
Diesem Vorsatz wurde er aber schon nach „A Voice In The Louvre“ gebrochen, als Gropper (dem vorher aus dem Publikum eine Frage zu seinem kürzlichen Roche & Böhmermann-Auftritt zugerufen worden war) erklärte, künftig könne er die Frage nach seinem peinlichsten Karriereerlebnis mit „Damals in Düsseldorf“ beantworten.
Vor „Disney“ erfolgte wieder eine kurze Pause, in der eine für die Untermalung des Songs notwendige Schallplatte aufgelegt wurde. Gropper kommentierte das im Hinblick auf die vorangegangene Unterbrechung mit „Das hätte mir früher einfallen sollen!“
Vor dem letzten Titel, dem sehr lauten und rockig dargebotenen „You Cannot Cast Out The Demons (You Might As Well Dance)“ forderte Gropper das Publikum zum Tanzen auf, was bei Sitzkonzerten nicht so schlimm sei, weil er sich dann nicht ärgern müsse, wenn dann doch keiner tanzt. Aber vereinzelt wurde doch am Rande der Stuhlreihen getanzt und die Band bereits jetzt mit stehenden Ovationen verabschiedet. Und tatsächlich waren bei diesem offiziellen Konzertende auch wieder Seifenblasen versprüht worden, es handelt sich also wohl um ein regelmäßiges Feature des New Fall Festivals - auch, wenn der Hauptteil des Seifenblasenbudgets offenbar bereits am Vorabend verbraucht worden war.
Zu Beginn des obligatorischen Zugabenteils wurde das zum Teil immer noch stehende Publikum von Grupper zunächst aufgefordert, sich nun wieder zu setzen („Das ist wie in der Kirche hier!“). Danach wurde „Werner Herzog gets shot“ gespielt, bevor mit „I Sold My Hands For Food So Please Feed Me“ ein fulminantes Finale folgte. Die Band wurde vom Publikum wiederum sofort auf die Bühne zurückbeordert und erklärte nun, man habe eigentlich noch etwas Schnelles spielen wollen, aber festgestellt, dass man nichts (mehr) habe, also gab es stattdessen noch „Lost In The Mountains (Of The Heart)“, das immerhin mit gewaltigem Crescendo dargeboten wurde.
Dann war endgültig Schluss, aber im Hinblick auf den tollen Sound, das absolut aufmerksame Publikum (was wir bei derselben Band anlässlich des „eigenen“ Maifeld Festivals schon anders erlebt hatten) und die aufwendige Lightshow verließ man zufrieden und glücklich den Saal.
Setliste:
Prologue
The Last Days Of Rome
5 Steps/7 Swords
A Voice In The Louvre
Just Like Henry Darger
Roland, I Feel You
Listen! Those Lost At Sea Sing A Song On Christmas Day
Good Friday
Disney
A Gallows
Courage, Tiger!
Oh My! Good Heart
Angry Young Man
You Cannot Cast Out The Demons (You Might As Well Dance)
Werner Herzog Gets Shot
I Sold My Hands For Food So Please Feed Me
Lost In The Mountains (Of The Heart)
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