Neulich beim Wohnzimmerkonzert: Pelle Carlberg in Montabaur
Am frühen Abend holte mein Freund wie verabredet Pelle Carlberg in seinem Hotel ab. Dieser hatte sich bereits im Laufe des Tages per SMS gemeldet, also wussten wir bereits, dass er unsere Kleinstadt gut gefunden hatte. Bei uns daheim lauteten dann die ersten Programmpunkte Soundcheck und Abendessen. Ersterer schien ganz gut zu funktionieren, letzteres ... nun, man sollte, wenn man Arrabiata kocht, und im Supermarkt keine regulären Chilis bekommt, diese nur sehr, sehr vorsichtig durch Habaneros ersetzen. Mein Sauce war unglaublich scharf und mir ziemlich peinlich, immerhin scheinen aber alle Beteiligten ihren Genuss überlebt zu haben. Nach dem Essen waren wir schon relativ spät dran, es musste schnell noch das Buffet für die Gäste aufgebaut werden, dann trafen bereits die ersten Konzertbesucher ein.
Wie bereits in der Vorberichterstattung erwähnt, hatte mein Freund einen Plan: Pelle Carlberg hat ein Lied namens "Pelle Carlsberg", in dem er von einer Asientour erzählt, bei dem sich der Sponsor Tiger Beer verbat, Pelles Nachnamen, der für sie zu sehr nach dem Brauerei-Konkurrenten Carlsberg klang, auf die Plakate zu drucken. Pelle hieß plötzlich nur noch Pelle. Also ging mein Freund vor dem Auftritt mit je einer Flasche beider Sorten Bier zu dem Sänger und fragte ihn, welche von beiden er beim Konzert trinken wollte. Pelle verstand fast sofort, worum es ging, erklärte aber, dass er diesen Song überhaupt noch nie live gespielt habe und auch eigentlich gar nicht mehr wisse, wie er geht. Als netter Künstler war er aber bereit, dem Wunsch nachzukommen, und verschwand erst einmal mit seiner Gitarre in meinem Zimmer, wo er sich den besagten Song in iTunes anhören und üben konnte.
Inzwischen waren erfreulich viele weitere Gäste eingetroffen, die nun auch langsam und vorfreudig ihre Plätze einnahmen. Ein mit meinem Freund befreundetes Pärchen überreichte Pelle sogar ein Schokoladenpräsent und erklärte ihm, dass sie das Baby, das sie gerade erwarten, auch Pelle nennen möchten. Freundlicher kann man von einem Publikum ja eigentlich kaum empfangen werden ...
Das Konzert konnte nun beginnen. Pelle spielte zum Großteil dieselbe Setliste wie am Vorabend, ich hatte sie ihm nämlich persönlich aus Christophs Bericht ausgedruckt. Wie bereits in Köln hatte Pelle zu seinen Liedern viel zu erzählen. Teils, etwa bei "Replaceable", war die Geschichte in etwa dieselbe wie am Vortag. Andere kamen neu hinzu, so erfuhren wir zu "Fly me to the Moon", dass der im Song beschriebene Ryanair-Flug nach einem Auftritt in Barcelona stattfand, der den spanischen Gewohnheiten entsprechend erst gegen 1 Uhr früh begonnen hatte - entsprechend müde und frustriert reagierte die Band, als sie horrende Zusatzgebühren für den Transport eines Tamburins bezahlen sollte.
Auch zu "1983" gab es an diesem Abend eine längere Geschichte darüber, wie der junge Pelle mit seinem besten Freund Nachtspaziergänge in Uppsala unternahm und dabei aus Angst, ausgeraubt zu werden, einem Fremden Geld schenkte. Zu "I love you, you imbecile" gab es zwar keine Geschichte, aber immerhin die deutsche Übersetzung des Titels: "Ich liebe dich, du Schwachkopf". Als letztes Lied vor der Pause kündigte Pelle schließlich den gerade erst geübten Bier-Song an. Dem restlichen Publikum erklärte er, dass Dirk ein "peculiar guy" sei, und wie er ihm die Bierflaschen gezeigt hatte. "Pelle Carlsberg" hatte einst Pelles Plattenfirma nicht gefallen, weshalb der Sänger es seit der Aufnahme 2008 überhaupt nicht mehr gespielt hatte. Statt auf einem Album war der Song nur als Bonus-Download erschienen, angeblich mit einem extra unleserlichen Passwort. Der eben noch geprobte Song klappte dann, nach einer Textpanne ganz am Anfang, sehr gut. Montabaur hatte eine Live-Premiere erlebt.
Es folgte eine Pause für alle Beteiligten, während der Pelle etwas nervös meinen Freund fragte, ob er glaube, dass den Gästen das Konzert gefalle - was dieser bejahte. Anschließend führte er noch ein Gespräch mit Christoph über deutsche und schwedische Bands und Lieder in Originalsprache - was wohl Spuren hinterließ, denn nach der Pause hörten wir als erstes ein schwedischsprachiges Lied, das Pelle Carlberg mit seinen Kindern aufgenommen hat - mit diesen betreibt er nämlich eine Band, die anscheinend anders als er allein bei einem Major Label unter Vertrag ist.
Kurz danach folgte "Metal to metal", zu dem Pelle wieder dieselbe Geschichte von der Autopanne in Berlin erzählte, dieses Mal mit einer besonders liebevollen Beschreibung des Automechanikers und Imitation von dessen deutschem Akzent.
Zu "Riverbank" erzählte uns Pelle, dass es in dem Song darum ginge, sein ganzes Geld einfach in den Fluss zu werfen, also Konsumkritik. Als Beispiel nannte er die zahlreichen Cremes und Tonics sowie einen Porenverkleinerer, die sich alle in seinem Kulturbeutel befänden, was für deutsche Männer sicherlich befremdlich sei - der arme Christoph wurde gefragt, ob er er denn überhaupt wisse, was Tonic ist: "You don't mix it with gin!"
Nach dem weiterhin großartigen "Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls" war zunächst Schluss. Im Vorfeld hatten wir überlegt, wohin Pelle wohl nach dem letzten Lied abgehen würde. Er entschied sich dafür, ein bisschen auf der Treppe im Flur zu sitzen. Mein Freund, der die Ansage von "Pamplona" mit der Erwähnung der Band I'm from Barcelona ja bereits vom Vortag kannte, hatte die Vinylplatte gut sichtbar bereit gelegt, so dass Pelle bei seiner Erklärung darauf Bezug nehmen konnte. Bei "Pamplone" sangen auch viele, zumindest mehr als in Köln, mit.
Bei der einen Zugabe blieb es dann auch, Pelle wollte anschließend gerne die bereitgelegte Platte hören und konnte schnell alle seine mitgebrachten CDs verkaufen und sich noch mit einigen Konzertbesuchern unterhalten. Als anschließend noch, ebenfalls auf Wunsch des Künstlers, die Stone Roses aufgelegt wurden, wurde es langsam Zeit, den sehr schönen Abend zu beenden, denn am nächsten Morgen war ja für die meisten ein normaler Arbeitstag. Vorher überreichte ihm Christoph allerdings noch Fotografien der Lego-Versionen aller seiner Albumcover, was Pelle zu der Frage "Oh, you are the Lego Man?" veranlasste. Eines der Cover war ihm nämlich bereits via Facebook bekannt gewesen, er hatte aber nicht gewusst, dass er den Schöpfer kannte.
Ich war relativ überrascht darüber, wie gut mir unser Wohnzimmerkonzert gefallen hat. Ich hatte eigentlich gar nicht damit gerechnet, den Abend selbst genießen zu können, aber alles lief so entspannt ab, dass es wenig Anlass zur Sorge gab, nicht einmal für mich. Leider fängt mein Freund aber auch bereits an, darüber zu reden, dass er noch ein Konzert machen möchte.
Setliste:
Oh no! It's happening again
Musikbyrån makes me wanna smoke crack
1983 (Pelle & Sebastian)
Loser of the century
Fly me to the moon
I love you, you imbecile
Replaceable?
Pelle Carlsberg
Varannan vecka (Tvillingarna, Truls & Jag)
Because I'm worth it
How I broke my foot and met Jesus
Metal to metal
Salt
Go to hell, Miss Rydell
Riverbank
Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls
Pamplona
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