Knappe zehn Jahre wohnte ich in Frankfurt nur einen Steinwurf von der Traditionshalle Batschkapp entfernt. Nun lebe ich seit zweieinhalb Jahren nicht einmal im selben Bundesland, und als wäre das nicht genug, ist auch noch die Batschkapp umgezogen - von Eschersheim ins Niemandsland bei Seckbach. Das ist nun auch schon fast zwei Jahre her, aber ich hatte seit den Umzügen dort kein Konzert mehr besucht.
Bis zum letzten Donnerstag, als die Kanadier von Metric sich angekündigt hatten. Die Website ticket.de hatte mit einem komplett unbenutzbaren Onlineshop ihr Möglichstes getan, um den Kartenverkauf zu verhindern, aber wir ließen uns nicht entmutigen und nutzten die Abendkasse, an der es (vielleicht ja auch wegen der Website) noch einen ganzen Packen Tickets zu kaufen gab. Dort, an der Abendkasse, hing auch ein Schild, dass darauf hinwies, dass beim heutigen Konzert mit viel Strobolicht zu rechnen und es deshalb für Epileptiker ungeeignet sei. Na toll - ich habe zwar keine Epilepsie, komme aber mit blinkenden Lichtern trotzdem sehr schlecht zurecht.
Metric kannte ich im Vorfeld eher schlecht. Als mein Freund vorgeschlagen hatte, das Konzert zu besuchen, hatte er mir auch einige Lieder vorgespielt, die ich zugegebenermaßen beim Hören erkannte. Sie gefielen mir, außerdem beklage ich mich häufig, dass wir immer nur dieselben Bands sehen... also ging ich mit. Mein Freund hatte mir noch erklärt, dass die Band aktuell immer dieselbe Setliste spiele, also fiel für mich auch das Mitschreiben für diesen Bericht weg... prima.
Nachdem uns die österreichische Vorband Leyya eher wenig beeindruckt hatte, legten Metric gleich zu Beginn einen denkwürdigen Auftritt hin, denn die Band betrat die dunkle Bühne mit Pferdemasken und Taschenlampen. Sängerin Emily Haines sah nach dem Abnehmen der Maske immer noch kurios aus. Sie trug einen sehr kurzen Federrock mit Korsagentop und einer Lederjacke und einer Art Springseil mit Plüschgriffen um den Hals, fürs erste Lied schnallte sie sich zusätzlich eine Art schwarzes Pfauenrad, das mit Lampen besetzt war, auf den Rücken - sofort war also klar, dass sie verkleidungstechnisch in einer Liga mit CocoRosie oder Róisín Murphy spielte.
Auch die Bühnendeko war bemerkenswert: Es gab insgesamt vier bewegliche Tische für die unterschiedlichen Instrumente, die jeweils mit Silberfolie und Fell beklebt waren. Auf einem befand sich sogar ein Theremin, der später beim Lied "Youth Without Youth" zum Einsatz kommen sollte. Dafür wirkten die restlichen Bandmitglieder relativ unauffällig.
Tatsächlich wechselte Frau Haines relativ häufig mit einfachen Mitteln das Outfit - nachdem das Pfauenrad nur fürs erste Lied "Lie Lie Lie" zum Einsatz gekommen war, trug sie später für "Cascades" ein gelbes Tuch als Umhang, das von Windmaschinen dramatisch angehoben wurde. Da fiel es kaum auf, dass die restlichen Bandmitglieder im Schwarzlicht leuchtende Brillen angezogen hatten. Es folgten später auch weitere, meist weniger spektakuläre Kostümwechsel, bei denen sich Haines neue Jacken oder Umhänge überwarf - was den Vorteil hatte, dass sie nicht, wie Róisín Murphy, minutenlang von der Bühne verschwinden musste.
Metrics Europatournee steht unterm dem Motto "Pagans across the pond", eine Anspielung auf den Titel des aktuellen Albums "Pagans in Vegas". Insofern überraschte es nicht, dass insgesamt acht Titel des Albums gespielt wurden, ebenso viele hörten wir von "Synthetica" und "Fantasies", den beiden vorherigen Platten, zusammen. Es gab nur zwei noch ältere Lieder, "Empty" und "Monster Hospital", zur Trauer meines Freundes spielten sie "Poster Of A Girl" jedoch nicht. Der ungewöhnlichste Song des Abends war "Black Sheep", der sich nur auf dem Soundtrack von Scott Pilgrim vs. the World befindet.
Was die befürchtete Strobo-Lichtshow angeht, fiel diese übrigens nicht heftiger aus als bei anderen Konzerten. Gelegentlich musste ich bei Lichtblitzen den Blick senken, aber so geht es mir etwa bei der Hälfte der Konzerte, die ich so sehe. Alles halb so wild.
James Shaw, neben Haines das andere Gründungsmitglied von Metric, sang bei "Other Side" einen Teil des Songs und posierte während des Auftritts mehrfach mit seiner Gitarre am Bühnenrand - ansonsten überließ er das Rampenlicht weitestgehend seiner Kollegin.
Vor "Synthetica" hielt Emily zusätzlich eine kleine Ansprache auf der Nebel umwobenen Bühne, indem sie alle aufforderte, ihre Ideen und die eigene Individualität auszuleben - so wie sie das mit Metric seit 15 Jahren täte. Das war auch gleich ein Anlass, die Bandmitglieder - neben Shaw auch Joshua Winstead (Schlagzeug) und Joules Scott-Key (Bass, Keyboards) vorzustellen.
Nach "The Shade" ging die Band zunächst ab, kehrte aber für einen mit vier Liedern recht üppigen Zugabenteil zurück. Emily hatte sich selbstverständlich wieder umgezogen und trug nun Jeans-Hot Pants und ein T-Shirt mit einem Hemd darüber - beinahe Freizeitlook also. "Gimme Sympathy" wurde zu zweit von Haines und Shaw nur zur Gitarre dargeboten.
Beim letzten Lied "Breathing Underwater" wurden wir zum Mitsingen aufgefordert, so dass das Konzert mit den wieder und wieder gesungenen Songzeilen "Is this my life? Ahhh Am I breathing underwater?" ausklang. Zurück blieben im Publikum viele glückliche Gesichter, und selbst die beiden Publikumsnachbarinnen, die miteinander mehrere Lieder verquatscht hatten, waren sich einig, dass dies ein toller Auftritt gewesen sei.
Setliste:
Lie Lie Lie
Fortunes
Youth Without Youth
Help I'm Alive
Too Bad, So Sad
Cascades
Black Sheep
Satellite Mind
Collect Call
Other Side
Monster Hospital
Synthetica
Gold Guns Girls
The Shade
Nothing But Time
Celebrate
Gimme Sympathy
Breathing Underwater
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