Gesehen: März 2023
Der März brachte Abwechslung in den Streamingkonsum meines Haushalts, denn wir haben aktuell wieder einmal Zugang zu Apple TV+. Einige Aushängeschilder des Streamingkanals (White Lotus, Severance, Ted Lasso) kannten wir bereits, aber natürlich hat er noch einiges anderes zu bieten. Komplett neu war mir dabei die Serie Slow Horses, die auf einer Romanserie von Mick Herron basiert. Mittlerweile gibt es zwei Staffeln, zwei weitere werden noch folgen.
Die Serie dreht sich um eine Sondereinheit des britischen MI5, die eigentlich nach ihrem Standort "Slough House" heißt, aber den titelgebenden Spitznamen trägt. In Slough House landen Agenten, die aus irgendeinem Grund in Ungnade gefallen sind, sei es durch Spielsucht, Wutanfälle, dumme Fehler oder einfach eine schwer zu ertragende Persönlichkeit. Unter der Leitung des schlecht gelaunten Alkoholikers Jackson Lamb (Gary Oldman) erledigen die Mitarbeiter stumpfsinnige Strafaufgaben, die den erfolgreicheren Kollegen zu langweilig wären - und die durchaus dazu gedacht sind, sie zur Kündigung zu motivieren. Alles in dem Büro wirkt baufällig, die Verstoßenen sind auch einander nicht zugetan, und wenn sich doch einmal gute Stimmung oder Hoffnung entwickeln sollten, werden alle von Jackson Lamb erfolgreich zusammengestaucht.
Das Grundszenario klingt erst einmal insofern langweilig, als demotivierte, unfreundliche und suchtkranke Ermittler in Geheimdienst- oder Polizeigeschichten ja eher die Regel als die Ausnahme sind. Jackson Lamb bietet hier allerdings ein wohl kaum zu übertreffendes Extrem, zu dem Gary Oldman selbst sagt, “He is slovenly. He’s a chain smoker, alcoholic, I would imagine he probably smells a bit like an ashtray. Sticky, sweaty, greasy hair. Yeah, playing Jackson Lamb’s like easing yourself into dirty bath water.” Und so beschweren sich viele von Lambs Kontakten im Gespräch darüber, dass er furchtbare Gerüche ausdünstet - was diesen, der ja selbst nicht mit Beleidigungen spart, auch gar nicht stört.
Als Reaktion auf die ersten paar Folgen musste ich mich dann auch erst im Internet versichern, wie der echte Gary Oldman eigentlich aktuell aussieht - und konnte zu meiner Beruhigung feststellen, dass er zumindest um einiges gesünder wirkt als Jackson Lamb.
Die Serie dreht sich viel um die Wechselwirkungen zwischen der Strafabteilung des MI5 und der eigentlichen Behörde - denn diese tendiert dazu, dann Aufgaben abzugeben, wenn diese bereits aus dem Lot gelaufen sind und man selbst nicht zur Verantwortung gezogen werden möchte. So haben die verstoßenen Agenten dann gleich zwei Aufgaben: Ihre eigentliche Aufgabe zu lösen und zu vermeiden, in die von den erfolgreicheren Kollegen gestellten Fallen zu tappen. Gut, dass Jackson Lamb unter all dem Alkoholgeruch und Zynismus ein erfahrener Agent ist, der noch dazu in unerwarteten Momenten über einen erstaunlichen Loyalitätssinn verfügt.
Die Geschichten an sich - in der ersten Staffel geht es um einen von Neonazis entführten Studenten, der eng mit einem pakistanischen Politiker verwandt ist, in der zweiten um russische Schläferagenten und einen potenziellen Anschlag auf ein Londoner Hochhaus - sind spannend aufgebaut und schwer zu durchschauen. Zu erwähnen ist noch, dass es - wie schon im Trailer zu erkennen ist - trotz des ernsten Grundtons auch nicht komplett an lustigen Szenen fehlt. Ich möchte die zukünftigen beiden Staffeln auch gerne sehen!
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