Die Deutschen halten bekanntlich nicht gerade viel von der britischen Küche, und dieses Gefühl beruht ebenso auf Gegenseitigkeit, wie es auch beidseitig völlig unbegründet ist: Es gibt gleichermaßen tolles englisches wie deutsches Essen, und in beiden Ländern trifft man als Besucher die "echte" Nationalküche so oder so nur sehr selten an.
Gegessen habe ich in London und Großbritannien schon immer gerne - neben den leckeren Fish & Chips gab es immer eine Vielzahl indischer Restaurants, lustige Chipssorten, fruchtige Kaubonbons (Starburst, ehemals Opal Fruits) und Klassiker wie Scones mit Marmelade. Selbst englisches Frühstück schmeckt mir gut, inklusive Porridge.
Was mich allerdings zunehmend nervt, ist die insbesondere in London stets zunehmende Dominanz von Essensketten aller Art. Tatsächlich bekommt man bei Wagamama (japanisch), Pizza Express (italienisch) oder auch Pret A Manger (Sandwiches, Sushi und vieles mehr) durchaus leckeres Essen, aber wenn man in jeder Straße immer wieder neue Niederlassungen dieser Restaurants sieht, und dazwischen noch eine endlos erscheinende Zahl weiterer Essketten (The Real Greek, Zizzi's, Gourmet Burger, EAT, Giraffe, Bella Italia etc. etc.), hat man irgendwann genug. Wer soll all diese Retortenessen konsumieren? Das muss doch furchtbar langweilig sein?
Nachdem ich letzte Woche ein paar Tage in London verbracht habe, interessierten mich dieses Mal deshalb zunehmend "individuelle" Restaurants, die noch etwas Besonderes bieten. Auch wenn sich etliche davon bei genauerem Hinsehen ironischerweise ebenfalls als (kleinere) Ketten entpuppten. Da hätten wir:
Monmouth Coffee
Der Stammladen befindet sich in der Monmouth Street in Covent Garden und ist leicht an seiner stets mit Kaffeetrinkern besetzten Außenbank zu erkennen. Laut Test der Time Out gibt es hier den besten Filterkaffee Londons, dieser schmeckt in der Tat hervorragend und wird tröpfchenweise mit einem für jeden Becher individuellen Filter zubereitet. Etwas (Warte-)Zeit sollte man also ebenso mitbringen wie die Bereitschaft, mehr als 2 GBP für eine Tasse Filterkaffee zu bezahlen ... Hier gibt es zusätzlich ebenfalls recht teure Kuchen und auch etliche Kaffeesorten zum Zuhause trinken.
Scoop
Quasi um die Ecke befindet sich an der Adresse 40 Shorts Gardens eine extrem attraktive Eisdiele: Traditionelle und experimentelle Eissorten aus ausschließlich natürlichen Zutaten. Gemeinerweise stehen die Nährwerte der Kalorienbömbchen direkt an der Wand hinter dem Personal - aber so kann zumindest niemand behaupten, nicht gewarnt worden zu sein ...
Rock & Sole Plaice
Stichwort Kalorienbombe, ebenfalls in Covent Garden (47 Endell Street) befindet sich ein schöner Ort, um vergleichsweise untouristisch das britische Nationalgericht Fish and Chips zu konsumieren. Seit ich einmal mit einer türkischstämmigen Freundin dort war, weiß ich, dass die aktuellen Betreiber in Wirklichkeit Türken sind, aber das Frittieren auf englische Art haben sie perfekt gelernt. Welche Fischsorte man bestellt, macht weder im Preis noch im Geschmack einen großen Unterschied. Alle sind sehr fettig und sehr lecker, ebenso die extradicken Chips.
Le Comptoir
Zur Abwechslung nicht in Covent Garden sondern nahe der U-Bahn-Station Bond Street befindet sich das libanesische Café Le Comptoir. In dem sehr schön bunt gestalteten Lokal gibt es libanesische Klassiker wie Falafel, Tabbulleh und Hummous, aber auch Originelleres wie Baklava mit Ingwer- oder Kokosgeschmack, und dazu verschiedene Sorten hausgemachte Limonaden. Und das Ganze zu für Londoner Verhältnisse sehr günstigen Preisen.
Hummus Bros
Und wo wir schon bei Hummus, dem leckeren Kichererbsenmus, sind: Das bekommt man auch bei den Hummus Bros auf der Wardour Street mitten in Soho, ebenfalls zu günstigen Preisen und mit vielen optionalen Beigaben wie Salat, Pilzen oder Falafel. Das Ambiente ist nicht ganz so schön wie bei Le Comptoir, dafür sind die Beilagenbrote inklusive und man kann ein T-Shirt mit der Aufschrift "Give Peas a Chance" erwerben. Und die einzige Sorte Baklava ist sehr lecker.
Amorino
Nach so vielen salzigen Sachen sollte man unbedingt einen weiteren Nachtisch genießen. Mitten auf der "Schwulenmeile" Old Compton Street, ebenfalls in Soho, befindet sich die Eisdiele Amorino, die in Paris etliche Filialen aufweist, in London aber nur diese eine. Neben den sehr leckeren Eissorten - allein beim Schokoladeneis kann man zum Beispiel zwischen "Grand Cru", Bitterschokolade und Sojaschokolade wählen - fällt hier insbesondere die Präsentation auf: Wer sein Eis in der Waffel bestellt, bekommt nicht etwa die herkömmlichen Kugeln, sondern eine Art Blume. Wunderschön, wenn auch eine sehr vergängliche Kunst.
(Die Überschriften sind übrigens jeweils Links zu den Restaurantwebsites.)
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