Die Bands, die ich am häufigsten live gesehen habe, sind mit jeweils vier Konzerten die Editors und Get Well Soon. Mein Freund muss da etwas länger zählen, unser Erdmöbel-Konzert am Samstag war nämlich sein dreizehntes! Gleichzeitig war es immerhin mein zweites nach dem letztjährigen Auftritt im Schauspiel Frankfurt. Wenn ich weiterhin immer mitkomme, wird Erdmöbel wohl über kurz oder lang auch meine live meistgesehene Band werden ... zumal wir dieses Mal Gästelistenplätze erhalten hatten.
Andere Frankfurter waren wohl nicht ganz so erpicht auf diesen Konzertbesuch, die Band wurde nämlich von dem Schicksal ereilt, das diejenigen trifft, die bei einem Batschkapp-Konzert im Vorverkauf nicht ausreichend Karten absetzen: einer Verlegung ins viel kleinere Nachtleben. Wir hatten von der Änderung im Internet gelesen, fanden aber auch bei unserer Ankunft im Nachtleben vor Ort diesen Aushang vor:
Ich hoffe doch sehr, dass dieser Zettel nicht ausschließlich am neuen Konzertort aufgehängt worden war ...
Die Verlegung des Konzertabends hatte neben der Verkleinerung noch eine Konsequenz: Im Nachtleben fand am Samstagabend ab 23 Uhr der Clubabend „Britpop strikes again“ statt, und die Betreiber hatten gegenüber der Band (wie wir hinterher erfuhren) nachdrücklich erklärt, dass nicht nur das Konzert, sondern auch das Abbauen bis zu dieser Uhrzeit erledigt zu sein hätte. Das führte dazu, dass die Ein-Mann-Vorband Friedemann Weise bereits kurz nach dem Einlass die Bühne betrat und somit früh anfing und schnell fertig war – meinen Freund freute es, denn ihn hatte der Sänger schon in Hachenburg leicht genervt. Ich fand seine Lieder eigentlich ganz witzig, was aber auch an der Kürze des Auftritts gelegen haben kann.
Etwa fünf Minuten nach Friedemanns Abschied standen dann noch weit vor 21 Uhr – und damit vor der angekündigten Anfangszeit - bereits Erdmöbel (plus Henning Beckmann an der Posaune) auf der Bühne. Wohl wegen des Zeitmangels hatte Ekki nicht einmal wie sonst seine Schuhe ausgezogen – wenn man es eilig hat, kommt eben keine Gemütlichkeit auf.
Die aktuelle Tournee blickt unter dem Titel „Retrospektive“ auf 17 Jahre Erdmöbel zurück, entsprechend bot die Setliste einen Blick auf die größten Hits aus dem Gesamtwerk. Auch im Alter der Zuschauer spiegelten sich diese 17 Jahre: Wie schon neulich bei PeterLicht sah man viel weißes Haar, aber auch die jüngsten Zuschauer Stella und Linus, die wohl nicht einmal gemeinsam auf 17 Jahre kamen. Ein Konzertabend für die ganze Familie, sozusagen.
Erdmöbel betraten die Bühne in der Art Anzüge, wie man sie in englischen Wohltätigkeitsläden kaufen kann, während hinter ihnen ein Poster die riesigen Köpfe der vier Bandmitglieder zeigte. Der Auftritt begann mit zwei Liedern vom ersten Album („Dreierbahn“, „Lang schon tot“), und wir erfuhren, dass Katja Epstein das darauf folgende Lied „Au Pair Girl“ nicht habe singen wollen, weil darin niemand stirbt. Wenig später folgte ein aus vier Liedern bestehendes „Akustikset“ auf selbst mitgebrachten Stühlen. Eines der darin enthaltenen Lieder, „Busfahrt“, war laut Markus bereits bei zwei vorherigen Nachtleben-Auftritten laut eingefordert worden und wurde nun endlich einmal gespielt. Manchmal muss man im Leben einfach Geduld haben.
Anschließend kam, wieder ohne Stühle, eine Reihe Lieder vom letzten Album „Krokus“, das verglichen mit „Altes Gasthaus Love“ und „No. 1 Hits“ stark repräsentiert war. Von letzterer Platte behauptete Ekki, man habe eigentlich „Up & Down“ (Cover der Vengaboys!) spielen wollen, da Christian Wübben aber nur Opamusik möge, habe man stattdessen auf „Wieder allein, natürlich“ von Gilbert O’Sullivan umdisponiert. Tatsächlich war die Setliste wohl spontan variabel, denn „Snoopy T-Shirt“ wurde dem Anschein nach einfach von Wolfgang Proppe am Keyboard angespielt, der Rest machte dann eben bereitwillig mit, Ekki initiierte anscheinend spontan „Nah bei dir“, und vor der allerletzten Zugabe „Die Devise der Sterne“ sagte Markus zu Ekki „Ich hoffe, Du spielst jetzt dasselbe wie ich“. Nur der Schlagzeuger war in diesen Plan noch nicht eingeweiht und musste sein Handwerkszeug wechseln.
Insgesamt wurde eine Maximalzahl von Liedern in den begrenzten Zeitraum gequetscht, aber auch die Kommunikation mit dem Publikum kam nicht zu kurz. So behauptete Markus Berges, er habe 1000 Mark (!) darauf gewettet, dass es in Frankfurt nicht, wie in so vielen anderen Städten, einen Oktoberfest-Klon gebe. Wir hätten doch „Apfelwein und Heinz Schenk“. Stimmt, aber auch ein Oktoberfest ... Die Band war übrigens vor ihrem Auftritt in einer Apfelweinkneipe gewesen, was möglicherweise die gegen Ende des Konzerts recht reibeisenartig werdende Stimme von Markus erklärt.
Wenn man unbedingt meckern wollte, könnte man sagen, dass die doch recht langwierige Bandvorstellung am Ende des Hauptteils – für jedes Bandmitglied wurde das Licht ausgemacht und musste im Rahmen des Songs „In den Schuhen von Audrey Hepburn“ mit der Textzeile „Das Licht geht an...“ dann vom Publikum wieder „angesungen“ werden – durchaus ein wenig Potenzial zum Sparen der knappen Konzertzeit geboten hätte. Aber man muss auch zugeben, dass die Zuschauer, die zumindest das kleine Nachtleben prall füllen konnten, begeistert mitklatschten und –sangen.
Nach dem blitzschnellen Abbauen stand die Band dann noch am Merchandisestand für Unterschriften und Gespräche zur Verfügung, wodurch wir auch vom engen Zeitplan erfuhren. Mein Freund wurde als alter Bekannter in Empfang genommen und freut sich nun sicherlich auf sein vierzehntes Erdmöbel-Konzert, das aber im Rahmen der aktuellen Tournee nicht mehr stattfinden wird – diese endet nämlich diesen Freitag in Köln. Außer natürlich, er fährt hin und hat es bislang verschwiegen.
Setliste:
01: Dreierbahn
02: Lang schon tot
03: Au Pair Girl
04: Wurzelseliger
05: Der blaue Himmel (akustisch)
06: Lied über gar nichts (akustisch)
07: Busfahrt (akustisch)
08: Dawai Dawai (akustisch)
09: Ausstellung über das Glück
10: Wort ist das falsche Wort
11: Wieder allein, natürlich
12: Für die nicht wissen wie
13: Fremdes
14: Erster Erster
15: Snoopy T-Shirt
16: Das Leben ist schön
17: In den Schuhen von Audrey Hepburn
18: Anfangs Schwester heißt Ende
19: Wette unter Models
20: Nah bei Dir
21: Die Devise der Sterne
0 comments