Erdmöbel sind zwar mittlerweile eine Band, die im Feuilleton der FAZ (positive) Erwähnung findet, dennoch ist ein Konzert im Schauspielhaus Frankfurt für die Band aus Köln eine große Nummer – bei der letzten Tournee war man noch im winzigen Nachtleben aufgetreten, demgegenüber stellt das 680 Zuschauer fassende Schauspiel einen gewaltigen Sprung dar.
Doch nicht nur die Saalgröße ist bei diesem Konzert anders als gewohnt, auch die Gepflogenheiten des sonst auf ernstere Veranstaltungen spezialisierten Personals sind für uns versierte Popmusik-Konzertgänger überraschend: Nach kurzer Wartezeit auf die an der Kasse hinterlegten Karten erreichen wir den eigentlichen Saal gegen 19:35 und sind gespannt, ob die auf die Karten aufgedruckte Zeit „19:30“ nun den Einlass oder den Beginn meint. Tatsächlich wird uns mitgeteilt, dass das Konzert nun bereits angefangen habe, und die zahlreichen Zuspätkommer werden erst nach Aufforderung grüppchenweise in den Saal gelassen, noch dazu mit dem Hinweis, man solle es unterlassen, über sitzende Gäste zu steigen, sondern gegebenenfalls statt dem gebuchten einen anderen Platz wählen. Fotografieren darf man auch nicht, worauf man auch während des Konzertes freundlich hingewiesen wird.
So spielt die schick in Anzüge gekleidete Band auf der schlicht mit der Kamera von Plattencover dekorierten Bühne bei unserem Eintreten bereits „Arbeit“, und ein Blick ins Publikum um uns herum bestätigt uns, dass der Zuschauerraum nur etwa zu einem Drittel mit meist älteren Fans gefüllt ist. Die Stimmung ist trotzdem gut, und Sänger Markus Berges erklärt, dass es sich um das erste Konzert der soeben begonnenen Tournee zum neuen Album „Krokus“ handelt. Und so werden auch 12 der 13 Titel des Albums gespielt, als einziges altes Lied in der ersten Stunde bildet „Genau wie ich mir es wünsche“ mit „77ste Liebe“ einen Mini-Themenblock zum Thema Heiraten.
Bei „Wort ist das falsche Wort“ erklärt dann Ekki, es handele sich um sein Lieblingslied des neuen Albums, er verstehe es aber nicht. Markus, der den Text geschrieben hat, behauptet darauf, dass er ihn ebenfalls nicht verstehe.
Erst im letzten Drittel des Konzertes setzen Erdmöbel auf ältere Songs, so dass sich das begeisterte Publikum aus seinen Sitzen erhebt und die letzte halbe Stunde stehend, klatschend und mitsingend erlebt. Auch die Aussage von Markus, dass Äppler, den sie nach dem Konzert probieren wollen, ja nicht wirklich verträglich sei, verzeiht das Publikum der Band.
Zwischendurch gibt es auch einen kleinen Werbeblock für Markus‘ Roman „Ein langer Brief an September Nowak“, den man am Merchandise-Stand kaufen kann (und soll). Markus erklärt dazu, dass er auf der Buchmesse vor etwa 15 Leuten daraus gelesen habe, woraus Ekki meint, zwei davon seien jetzt anwesend. Markus hält das für eine Schätzung, Ekki erklärt aber „Doch, ich seh‘ sie!“ Für das Publikum bleibt unklar, ob Ekki bei der Lesung dabei war oder einfach gerne stalkt ...
Auch das Publikum wird schließlich in die Musik eingebunden: Jeder bekommt eine attraktive Streichholzschachtel im „Krokus“-Design (die außerdem an das Cover von "Altes Gasthaus Love" erinnern), und alle sollen damit als „Rhythmusmaschine Frankfurt“ zu „Sunrise“ mitrascheln. Dabei schwebt die Band in Lebensgefahr, denn die anwesende Feuerwehr hat angeblich angekündigt, beim Anzünden eines einzigen der „verdammten Streichhölzer“ sofort den für Brandkatastrophen vorgesehenen eisernen Vorhang der Bühne herunterrasseln zu lassen – egal, wer gerade darunter steht.
Offensichtlich rascheln wir ausreichend gut und singen bei „Nahe bei dir“ auch überzeugend genug mit, denn es gibt noch zwei Zugaben und als Allerletztes schließlich das bereits 1995 aufgenommene „Das Leben ist trivial“ – den Abschluss eines eher aus brandneuen Liedern zusammen gestellten Abends bildet also etwas richtig Altes.
Setliste:
Arbeiten
Ausstellung über das Glück
Fremdes
Emma
77ste Liebe
Genau wie ich es mir wünsche
Dawai, Dawai
Krokusse
Wort ist das falsche Wort
Brasilia
Erster Erster
Snoopy T-Shirt
Vergnügungslokal mit Weinzwang
Das Beste von Osten
In den Schuhen von Audrey Hepburn
Das Leben ist schön
Nah bei dir (Cover von "Close to You")
Dreierbahn
Sunrise
Das Leben ist trivial (2. Zugabe)
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