Gelesen: Mai 2016
Der vielfach prämierte britische Schriftsteller Kazuo Ishiguro hat zwei Romane geschrieben, die ich großartig finde, nämlich Never Let Me Go und A Pale View Of Hills. Seine restlichen Bücher kenne ich überhaupt nicht, dennoch nahm ich erfreut die Tatsache zur Kenntnis, dass es letztes Jahr nach zehnjähriger Pause etwas Neues von ihm gab, The Buried Giant (Der begrabene Riese).
Ich wusste vor dem Lesen nichts über das Buch außer der Tatsache, dass seine Qualität umstritten ist. Das kann ich nun nachvollziehen, denn Ishiguro schildert das Leben in einem fiktiven, spätantiken England, in dem es Elfen, Ungeheuer und Drachen gibt - und in dem die Menschen von einem seltsamen, kollektiven Erinnerungsverlust heimgesucht werden. Die Themen, die der Autor dabei umkreist, sind dabei durchaus spannend und relevant: Ist es besser, erlittenes Unrecht zu vergessen, wenn man dadurch zufrieden und ohne Konflikte leben kann? Oder hat jeder Mensch ein Recht auf die Wahrheit, auch wenn diese gegebenenfalls schmerzhaft ist und einen erreichten Friedenszustand zerstört?
Die Machart des Romans allerdings machte die Lektüre für mich sehr anstrengend. Alle philosophieren in einer solchen Ausführlichkeit und Langsamkeit vor sich hin, dass die Geschichte kaum voran kommt. Und wenn dann doch einmal etwas passiert, scheinen die Ereignisse gleichnishaft zu sein, aber zumindest ich habe oftmals nicht entschlüsseln können, was diese Stellen aussagen sollten.
Insgesamt fand ich den Roman also eher enttäuschend, aber ich habe nun Lust, Ishiguros andere Werke zu lesen, in der Hoffnung, dass ich darunter etwas finde, das eher meinem Geschmack entspricht.
Enttäuschend war auch mein Hörbuch des Monats, Storm Front von Jim Butcher. Das Buch ist der Auftakt zu einer Romanreihe um einen Magier und Privatdetektiv namens Harry Dresden in Chicago, und die englischsprachigen Hörbücher werden von James Marsters (Spike aus Buffy) vorgelesen.
Die Romanreihe war in irgendeinem Kontext mit den Midnight Mayor-Büchern von Kate Griffin verglichen worden, die ich sehr schätze, und in denen es ebenfalls um Magie in der Großstadt geht. Insofern hatte ich hohe Erwartungen, aber letztendlich muss ich sagen, dass man das Niveau der beiden Romanserien nicht einmal ansatzweise vergleichen kann. Storm Front ist aus meiner Sicht schlecht ausgedacht. Normalerweise bin ich stets bereit, der Logik einer Geschichte zu folgen, aber in diesem Roman fiel selbst mir auf, dass sich die Protagonisten meist ohne erkennbaren Grund idiotisch verhielten und damit den Verlauf der Geschichte erst ermöglichten. Der Magier Harry Dresden schafft es, als Figur gleichzeitig papierdünn und dabei noch unsympathisch zu sein, und die Sprache des Romans ist auch nicht gut: Gerade in der Hörbuchversion wird es doch sehr auffällig, wenn in einem Kapitel jeder zweite Satz "Victor snarled" enthält.
Als wäre das alles nicht schon doof genug, entpuppte sich auch das Vorlesetalent von James Marsters als durchaus begrenzt - häufig wurden Sätze falsch betont, als hätte er sie erst beim Lesen verstanden - und als wäre für eine neue Aufnahme keine Zeit gewesen. Aber sehen wir's positiv: Hier haben wir eine Buchreihe, in die ich zukünftig definitv keine Zeit investieren muss.
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