Der schwedische Musiker Bedroom Eyes hat Twin Peaks offenbar deutlich besser im Gedächtnis als ich und wichtige Handlungselemente "geschwedet" - und dabei der Einfachheit halber selbst sämtliche Rollen übernommen. Selbst das bekannte Foto von Laura Palmer sieht irgendwie anders aus...
Im Kielwasser des Erfolgs von "Serial" sind mittlerweile noch viele andere Podcasts produziert worden, die ähnlich wie ihr Vorbild das flexible Format dafür nutzen, eine etwas längere wahre Geschichte zu erzählen. Häufig drehen sich die Formate um Verbrechen, gerne auch um ungeklärte. So ist das auch bei "Untold - the Daniel Morgan Murder".
Daniel Morgan war ein Privatdetektiv aus dem südlichen London, der bereits 1987 unter mysteriösen Umständen auf dem Parkplatz eines Pubs mit einer Axt erschlagen wurde. Die Umstände des Verbrechens an sich waren seltsam, so war beispielsweise die Uhr des Opfers gestohlen worden, nicht aber seine Geldbörse. Dafür fehlten Notizen, die Morgan hätte bei sich haben müssen.
Dass das Verbrechen nach wie vor ungelöst ist, erweist sich bei diesem Podcast als weniger entscheidend als die Tatsache, dass die Metropolitan Police sich offenbar nicht im geringsten bemühte, etwas zur Aufklärung zu unternehmen und im Gegenteil offenbar großes Interesse daran hatte, den Mord zu verschleiern. Im Laufe von zwanzig Jahren gab es fünf offizielle Untersuchungen des Verbrechens, die allesamt scheiterten. Ohne das große Engagement der Familie des Ermordeten - sein Bruder kommt im Podcast häufig zu Wort - wäre der Mord mittlerweile sicherlich längst vergessen.
Im Grunde ist klar, dass Morgan entweder von seinem Partner oder dessen guten Freund (der praktischerweise bei der Polizei war und im Rahmen der Ermittlungen genug Gelegenheit hatte, Indizien zu manipulieren) ermordet wurde, zumal der Freund später bei der Polizei ausstieg und stattdessen neuer Teilhaber der Detektei wurde. Beweisen wird man das aber wohl nie können.
Was die Geschichte noch brisanter macht, ist, dass sie ein frühes Licht auf die Verflechtungen zwischen korrupten Polizisten und einer ebensolchen Presse wirft. Als Großbritannien 2011 vom "Phone Hacking Scandal" geschüttelt wurde, bei dem herauskam, dass insbesondere die Zeitung "News of the World" im großen Stil die Telefone Prominenter illegal abgehört hatte, kam unter anderem heraus, dass Jonathan Rees, besagter Geschäftspartner von Daniel Morgan, von der Zeitung 150.000 Pfund pro Jahr erhalten hatte, weil er ihr illegal über korrupte Polizisten Informationen beschaffte.
Tatsächlich wird einem beim Anhören des Podcasts des öfteren übel angesichts der Erkenntnis, in welchem Ausmaß Korruption und Vetternwirtschaft in einem "zivilisierten" Land wie Großbritannien offenbar vorherrschen. Nicht umsonst ist einer der Spender, mit deren Unterstützung der Podcast umgesetzt werden konnte, der Schauspieler Hugh Grant - der selbst bereits Artikel zum Phone Hacking Skandal veröffentlicht hat und ein öffentlicher Fürsprecher ist, wenn es darum geht, die Verantwortlichen strenger zu bestrafen.
Aber wie sieht es eigentlich in Deutschland aus? Auch hier gibt es doch sicherlich Menschen, die in der Lage wären, einen spannenden Podcast im Stil von "Serial" zu machen?
Das dachte sich offenbar auch der NDR und schickte letztes Jahr "Der talentierte Mr. Vossen" ins Rennen. Auch die Geschichte von Felix Vossen ist zweifellos eine gute Podcast-Vorlage: Der Nachfahre der deutschen Handtuch-Hersteller ließ sich als Aktienhändler in London nieder und schaffte es mit großer Geschwindigkeit und ohne nennenswerte Beweise seiner Handelserfolge, Freundschaften zu betuchten Briten zu schließen - die ihm dann schnell ihr Vertrauen schenkten und ihm kurz darauf große Teile ihrer Vermögen zur Anlage anvertrauten. Tatsächlich wurde aber kein Geld investiert: Vossen lebte in großem Stil von den Ersparnissen seiner Freunde, führte ein Doppelleben in der Drogenszene und setzte sich schließlich, nachdem er in 15 Jahren 60 Millionen Euro erhalten hatte und viele Anleger ihr Geld zurück wollten, über Nacht ab. Mittlerweile sitzt er im Gefängnis.
Die Geschichte an sich wirft auch viele Fragen auf: Wollte Vossen von Anfang an seine Freunde betrügen, oder ergab sich das nach und nach? War seine vielfach wahrgenommene nette und bescheidene Persönlichkeit komplett gespielt? Gab es Menschen in seinem Umfeld, die seine Geheimnisse kannten?
Dennoch ist der Podcast für mich eine Enttäuschung. Obwohl er als "Spurensuche" gestaltet ist und der recherchierende Journalist unter anderem nach London, Hamburg und Zürich reist, hatte ich nicht den Eindruck, dass im Rahmen dieser Reisen irgendwelche neuen Erkenntnisse gewonnen wurden. Letztlich weiß man nach dem Anhören der sieben Podcast-Folgen genauso viel, als hätte man einen längeren Artikel zu dem Thema gelesen. Während man als Zuhörer bei "Serial" und auch "Untold" gelegentlich den Eindruck erhält, quasi live dabei zu sein, wenn eine neue Information enthüllt wird - teils werden auch Informationen zu früheren Folgen nachgereicht, die mittlerweile eingegangen sind - erscheint der NDR-Podcast von Anfang an durchgeplant, ohne Raum für spannende Entdeckungen - die es dann auch nicht gibt. Die Geschichte an sich ist faszinierend, aber der Podcast dringt nicht unter ihre Oberfläche.
Schon vor einigen Jahren nutzte ich einen meiner Monatsrückblicke, um begeistert über den Podcast "Serial" zu berichten: Darin erzählt die Jounalistin Sarah Koenig über zwölf Folgen hinweg die wahre Geschichte eines Mordes in Baltimore. Die Ereignisse selbst sind höchst spannend und der exzellente Bericht darüber löste eine Welle ähnlicher Podcasts aus, die wie "Serial" das Medium nutzen, um einen durchaus spannenden Sachverhalt darzustellen, der sonst vermutlich keine öffentliche Plattform erhalten würde. Die Hörer können von Folge zu Folge mitfiebern, und nicht selten steht bei der Veröffentlichung der ersten Folgen noch gar nicht fest, worauf genau die "Handlung", es handelt sich ja immerhin um die Realität, hinausläuft.
Während die erste Staffel von "Serial" relativ ratlos endete - die Journalistin fasst die Erkenntnisse der früheren Folgen zum Ablauf des Mordes zusammen und kam zu der Erkenntnis, dass die Geschichte überaus rätselhaft, aber nach wie vor ziemlich unklar sei - gab es im Februar 2016 noch drei Zusatzfolgen, in denen berichtet wurde, wie der mutmaßliche und verurteilte Mörder Adnan Syed erneut vor Gericht befragt wurde - basierend auf den Erkenntissen des Podcasts. Mittlerweile wurde ein neue Prozess aufgesetzt, Syed ist aktuell auf Kaution frei.
"Serial" selbst befasste sich in einer zweiten Staffel letztes Jahr mit einem völlig anderen Thema, nämlich der Geschichte des in Afghanistan desertierten US-Soldaten Bowe Bergdahl, der fünf Jahre von den Taliban gefangen gehalten und schließlich von der US-Regierung über einen Gefangenenaustausch frei gekauft wurde - um dann zuhause als Deserteur angeklagt zu werden. Zugegebenermaßen hätte ich diesen Podcast vermutlich niemals angehört, wenn er nicht die zweite Staffel von "Serial" gewesen wäre, denn die Thematik interessierte mich ursprünglich weniger. Tatsächlich konnte ich mich dann aber doch für das Thema "US-Militär in Afghanistan" erwärmen - vielleicht gerade, weil ich praktisch nichts darüber wusste.
Für Bergdahl schaffte es der Podcasts allerdings nicht, seine Situation maßgeblich zu verbessern. In den USA gab es eine erbitterte öffentliche Debatte zu der Frage, ob es richtig gewesen war, den Deserteur, der an seiner Entführung ja quasi selbst schuld gewesen war, frei zu kaufen - und einer, der zu diesem Thema besonders viel Kritik auf Lager hatte, war Donald Trump, der Bergdahl im Rahmen seines Wahlkampfes Dutzende Male als "dirty rotten traitor" diffamierte. Tatsächlich argumentieren Bergdahls Anwälte mittlerweile, dass ein fairer Prozess unter Präsident Trump für ihren Mandanten unmöglich sei - bislang aber vergebens.
Vor einigen Wochen wurde nun der dritte Streich des "Serial"-Teams veröffentlicht, allerdings nicht als offizielle dritte Staffel. Es handelt sich um "S Town", die Geschichte der Bekanntschaft des Redakteurs Brian Reed mit einem hochintelligenten, depressiven Uhrenfanatiker aus Alabama namens John. Anders als bei "Serial" entfaltet sich die eigentliche Geschichte erst nach und nach. Reed reist zunächst nach Alabama, um der Behauptung Johns nachzugehen, in seiner Heimatstadt sei ein Mord geschehen, an dem die Polizei kein Interesse habe. Die Behauptung erweist sich als falsch, dafür ist Reed vom skurrilen, widersprüchlichen John und dessen Umfeld fasziniert - insbesondere, als dieser sich das Leben nimmt und einen Berg Rätsel hinterlässt.
Auch "S Town" habe ich mittlerweile komplett angehört und verstehe mittlerweile, dass es nicht als dritte Staffel von "Serial" veröffentlicht wurde: Das Tempo der Geschichte ist doch ein sehr anderes. "S Town" ist eine Art Sittengemälde mit philosophischen Anwandlungen. Johns Geschichte weist zwar ebenfalls Rätsel auf, und ebenso wie in der ersten Staffel von "Serial" kann man als Zuhörer auch nicht anders, als mit zu spekulieren, was nun beispielsweise mit Johns angeblichem Goldschatz passiert sein könnte... aber letztlich gibt es hier eine völlig andere, viel langsamere Art von Spannung.
Ich muss sagen, dass mich "S Town" weniger packen konnte als die beiden anderen Podcasts, weil es sich letztlich um eine sehr viel privatere Geschichte handelt - und weil ich so gar keinen Bezug zum amerikanischen Süden habe, was sicherlich hilfreich gewesen wäre, auch beim Verstehen mancher O-Töne. Dennoch erhält auch dieser Podcast begeisterte Kritiken, er ist also möglicherweise nur einfach nicht das, was ich erwartet hatte. Ich freue mich jedenfalls auf eine neue "Serial"-Staffel.
Jens Lekman hat ein neues Album, das er aktuell auch live vorstellt - was ihn nach neunjähriger Pause am letzten Mittwoch auch nach Köln brachte. Ich hatte bei meiner Anreise aus Frankfurt mit einer Vollsperrung der S-Bahn-Strecke bei Ehrenfeld zu kämpfen, weshalb ich mich verspätete. Dennoch war das ARTheater bei meiner Ankunft noch deutlich lockerer gefüllt als bei Spaceman Spiff im Januar, es war überhaupt kein Problem, einfach nach vorne durchzugehen. Dennoch füllte der Raum sich vor Konzertbeginn durchaus - wenn das Konzert auch sicherlich nicht ausverkauft war, erwies sich die Besucherzahl aus Zuschauersicht als durchaus angenehm.
Lekmans Vorband war ein deutscher Sänger, Joe Scholes, der sich als "all the way from Köln Nippes" vorstellte. Wie Jens Lekman erzählt Scholes in seinen Liedern, die er allein zu seiner Gitarre vortrug, kleine Geschichten - etwa über einen Traum, in dem er seine Exfreundin in einem Eric Prydz-Aerobic-Musikvideo entdeckte. Zwei seiner Songs waren Smokey Robinson-Cover, gelegentlich spielte er zur Erweiterung des Instrumentespektrums auch Mundtrompete. Durch seinen so und auch durch seine Zwischenansagen bewiesenen Humor kam der Sänger beim Publikum gut an.
Auch Jens Lekman betrat die Bühne zunächst allein mit Gitarre und sang als erstes "To Know Your Mission" von seinem neuen Album "Life Will see You Now". Dessen Zeilen "But in a world of mouths / I want to be an ear / If there's a purpose to all this / Then that's why God put me here" kann man wohl als eine Art Lekman-Motto verstehen - wenn auch ein im Konzert-Kontext seltsames, angesichts der Tatsache, dass er ja aktuell vortrug und nicht zuhörte.
Ich hatte Jens Lekman bereits dreimal live gesehen, jedes Mal hatte er dabei andere Musiker dabei. Dieses Mal begleiteten ihn drei Frauen an Schlagzeug, Keyboard und Bass. Wie häufig bei Lekman gab es einen Dresscode: alle auf der Bühne trugen weiße Adidas Stan Smith-Sneaker.
Ein Großteil der live gespielten Lieder kam vom neuen Album, so auch das nun folgende "Evening Prayer", bei dem sich zeigte, dass die drei Damen auf der Bühne zwar mit Mikrophonen zum Mitsingen ausgestattet waren, das aber vielfach nicht taten - das weibliche Gesangssample für diesen Song kam vom Band und nur die Schlagzeugerin sang ein bisschen mit. Anschließend kam "Hotwire The Ferris Wheel", hier sangen dann alle drei Frauen mit. Der Song dreht sich wie viele andere um eine Episode aus Lekmans Leben: Er lief vor dreizehn Jahren mit einer Freundin durch Malmö, die trautig war, weil ihr Freund sie betrogen hatte. Zur Aufmunterung schlug Lekman ihr im Scherz vor, das Riesenrad, an dem sie gerade vorbei kamen, kurzzuschließen. Und die Freundin meinte, sie wisse, dass er eines Tages ein Lied über diesen Moment schreiben werde, und bat ihn, dass es nicht traurig sein solle.
"Postcard #17" stammt aus einer Phase, in der Lekman wöchentlich neue Lieder schrieb und veröffentlichte, die allesamt "Postcard" hießen - nur diese hier hat es aufs neue Album geschafft. Für "Wedding In Finistère" verwies er auf das im Stil des Albumcovers gemalte Bild einer Frau mit Sonnenbrille auf der Bassdrum - anscheinend ist das Lied über sie. Mit dem danach folgenden "I Know What Love Isn’t" kam zum einen das erste Lied, das nicht auf der aktuellen Platte zu finden ist - zum anderen begann der "Discoteil" des Abends. Die zwei winzigen Discokugeln des ARTheaters drehten sich begeistert, während das Lied ohne Pause in "How We Met, The Long Version" überging. Es folgte ein weiterer "Doppelpack" aus der Single "What’s That Perfume That You Wear?" (Lekman hat aus den im Song genannten Zutaten übrigens ein echtes Parfum kreieren lassen, das sich Fans am Merchandisestand kaufen können) und "Sipping On The Sweet Nectar". Am Ende vom letztgenannten Song wurde ein Tamburin in die erste Reihe gereicht, wo ihn ein Zuschauer folgsam schüttelte.
Dann war es wieder Zeit für etwas ruhigere Töne. Als Einleitung zu "Black Cab" erklärte Lekman, der nun folgende Song sei sicherlich vielen bekannt und man dürfe auch gerne mitsingen, aber bitte "gently, like in a church". Das funktionierte gut, es wurde gleichermaßen enthusiastisch wie leise mitgesungen. Nun folgte schon das letzte Lied des Hauptteils, wiederum vom neuen Album: "Dandelion Seed". Das Lied endete mit einer einstudierten Pose: Die Musikerinnen verließen nach und nach ihre Instrumente und hockten beziehungsweise knieten regungslos und auf Jens ausgerichtet, dieser verharrte zum Schluss mit geschlossenen Augen, erhobenem Kopf und an die Brust gedrückter Kappe.
Nach viel und lautem Applaus bekamen wir auch eine Zugabe, nämich erst eine etwas zu ruhige Version von "The Opposite Of Hallelujah", die auch das gewohnte "Luftglockenspiel" vermissen ließ, dann "A Postcard to Nina" (die darin enthaltene, bislang bei jedem Jens Lekman gesehene Geste, bei der er passend zur Textzeile seinen Namen in die Luft schrieb, blieb immerhin bestehen).
Nun verließ die Band ein weiteres Mal die Bühne, aber Lekman blieb, sichtlich vom Applaus erfreut und noch in Spiellaune, einfach da. Nun allein spielte er uns noch "A Man Walks Into A Bar", das er nach eigenen Angaben lange nicht vorgetragen hatte, vor, griff dann den aus dem Publikum gerufenen Wunsch nach "Shirin" auf und spielte zum Schluss noch das großartige "Pocketful Of Money", bei dem es einen schönen Wechselgesang mit dem Publikum zu "I'll come running with a heart on fire" gab. Herr Lekman sprach beim endgültigen Abschied von einem "perfect evening".
Ein weiteres Mal zeigte sich, dass die von vielen Musikern geäußerte Vorliebe für Konzerte in Köln durchaus ihre Gründe hat: Hier findet man fast immer ein ausgesprochen dankbares Publikum, das im Gegenzug das Beste aus den Musikern herausholt (oder -klatscht). In diesem Fall führte das dazu, dass Köln ein bis zwei Lieder mehr zu hören bekam als andere aktuelle Tour-Orte.
Setliste:
To Know Your Mission (solo)
Evening Prayer
Hotwire The Ferris Wheel
Postcard #17
Wedding In Finistère
I Know What Love Isn’t
How We Met, The Long Version
What’s That Perfume That You Wear?
Sipping On The Sweet Nectar
Black Cab
Dandelion Seed
The Opposite Of Hallelujah
A Postcard To Nina
A Man Walks Into A Bar (solo)
Shirin (solo)
Pocketful Of Money (solo)
Bei "Das Kinø" denkt man vielleicht an eine dänische oder norwegische Band (oder eine deutsche, die gerne den Buchstaben "O" durchstreicht). Tatsächlich handelt es sich um Franzosen. Das Video wirkt sehr interessant - während ich schon öfter gesehen habe, dass Silhouetten mit Naturszenen ausgefüllt wurden, bewegt sich die Natur hier mit den Akteuren mit. Sehr fein gemacht.
Mittlerweile fahre ich recht routiniert von Frankfurt aus nach Arbeitsende per Bahn in mehr oder weniger nahe gelegene Städte, um dort Konzerte zu besuchen, überraschenderweise war Darmstadt bis Donnerstag aber noch nicht dabei gewesen. Die Anreise dorthin ist denkbar einfach, in nur 25 Minuten schafft man es vom Frankfurter Hauptbahnhof vor die Halle... wenn man sie denn findet. Da die Centralstation über ihr eigenes Parkhaus verfügt, hatte ich sie bei früheren Besuchen erst sehr selten von außen gesehen, und das Gebäude findet sich etwas verschachtelt zwischen anderen... so handelte ich zunächst nach der Dirk Gently-Methode, indem ich anderen potenziellen Konzertgängern (schwarz gekleidet und etwas älter) folgte, aber diese waren wohl ebenfalls nicht ortskundig und irrten in der Fußgängerzone herum... bis uns allen schließlich ein Wegweiser weiter half.
Obwohl The Jesus and Mary Chain aktuell ihre ersten deutschen Konzerte seit 1998 geben, war der Darmstädter Termin anders als die anderen in Deutschland nicht ausverkauft. Für mich selbst war es das zweite Konzert der Band, denn ich sah sie vor zwei Jahren beim Best Kept Secret Festival - damals wurde das Album "Psychocandy" komplett gespielt. Als junge Männer habe ich die Brüder Reid also nie gesehen... dabei mochte ich ihre Musik in den 90ern durchaus gerne. Stichwort 90er Jahre: Nicht nur die suchenden Gäste in der Umgebung der Halle hatten eher die ältere Generation repräsentiert, auch innen sah man viel weißes Haar zu dunkler Kleidung.
Als Vorband trat zunächst Laura Carbone (der Ansager (!) nannte sie "Laura Carbon") auf, eine italienischstämmige Mannheimerin samt Band, die mit ihrer Musik stark an düstere Bands aus den 80er Jahren erinnerte und somit stiltechnisch recht gut zum Hauptact passte. Vorband-typisch wünschte die Sängerin am Ende ihres Sets viel Spaß mit der Hauptband und erklärte, sich zu freuen, The Jesus and Mary Chain begleiten zu dürfen - in diesem Fall klang es aber wirklich begeistert und bewundernd.
In der Umbaupause wurde auf etlichen Lautsprechern der Schriftzug "Jesus" enthüllt, außerdem untersuchten die Roadies die Bühne intensiv auf Stolperfallen - allerdings nicht sorgfältig genug, wie sich später zeigen sollte. Bevor der Hauptact nun die Bühne betrat, wurde noch schnell die Nebelmaschine angeworfen, die alles, inklusive des hinter der Bühne aufgehängten Covers der aktuellen Platte "Damage and Joy", hinter ihren Ausdünstungen verschwinden ließ. Angeblich traten die Reids früher gerne mit dem Rücken zum Publikum auf - heute spielt man eben hinter einer dichten Nebelwand.
Während wir vor zwei Jahren in Holland etwas zu spät erschienen waren und deshalb wegen der anderen Zuschauer nicht allzu viel von der Band sahen, hätte unsere Sicht am Donnerstag aus der zweiten Reihe eigentlich perfekt sein können - wäre da nicht der Nebel gewesen. Den Schlagzeuger konnte ich so gut wie überhaupt nicht erspähen, während der weißhaarige Bassist Mark Crozer und der Gitarrist Scott von Ryper gelegentlich hinter den Schwaden hervortraten. Ganz rechts und somit weit von uns entfernt konnte man schemenhaft zumindest die ergraute Wattebauschfrisur von William Reid ausmachen, während Jim Reid ganz vorne vergleichsweise gut sichtbar war - zumindest, wenn der Nebel sich gelegentlich kurz lichtete.
Mit dem Eintreten der Band flippten einige Superfans in unserer Umgebung völlig aus und schrien ihre Begeisterung nach jedem Lied Richtung Bühne, während die Mehrheit der Zuschauer altersgerecht eher erfreut mitwippte. Das Konzert begann stark mit vier Singles aus unterschiedlichen Alben: "Amputation", "April Skies", "Head On" und "Far Gone And Out". Nach dem zuletzt gesehenen "Psychocandy"-Set wurden dieses Mal bis auf "Stoned & Dethroned" und "Munki" alle Alben berücksichtigt.
Im Mittelteil der Setliste befanden sich viele Albumtracks, das Geschrei und Gehopse vor der Bühne wurde weniger. Jim Reid entpuppte sich als ausgesprochen freundlich und höflich, wenn auch nicht als sonderlich gesprächig. Wir hörten viele "Thank You"s und Ankündigungen der neueren und älteren Lieder - wobei die älteren besser ankamen.
Die für einige der Songs benötigte weibliche Gesangspartnerin, über deren Identität wir vorab bereits spekuliert hatten, war wider Erwarten nicht Laura Carbone, die aber vielleicht die bessere Wahl gewesen wäre - die von Jim Reid leider für mich nicht verständlich vorgestellte Sängerin (sehen konnte man von ihr auch nicht viel) sang schief und war kaum zu hören. Sie sang bei "Always Sad" mit und kehrte später für "Just Like Honey" nochmals zurück.
Der Nebel wurde nun teilweise so dicht, das selbst Jim Reid nicht mehr zu sehen war. Musikalisch galt die Maxime: Immer, wenn man dachte, noisiger geht es nicht mehr (wobei die Lautstärke zwar laut aber nicht ohrenbetäubend war), kam es doch anders und kulminierte schließlich im letzten Song "Reverence". Das Feedback überbrückte die Wartezeit auf den bereits mit dem letzten Lied vorab angekündigten Zugabenteil - sinngemäß hatte Jim Reid gesagt, nun komme zwar das letzte Lied, es werde aber überaus einfach sein, die Band für eine Zugabe zurückzuholen.
Die Nebelmaschinen hatten im Hauptteil alles gegeben, nun, im Zugabenteil, lichteten sich die Wolken erstmalig. Es gab satte sechs fest eingeplante Zusatz-Songs. Nach dem ruhigeren "Nine Million Rainy Days" kamen dann auch alle "Psychocandy"-Fans auf ihre Kosten, denn von diesem Album wurden vier Lieder gespielt. "Taste Of Cindy" geriet dabei sehr noisig. Ging noch mehr? Ja, beim Schlussteil von "War On Peace" holte William Reid noch einmal alles aus den Gitarren heraus. Vielleicht fiel Jim nun auch ein, dass es bei The Jesus and Mary Chain-Konzerten früher manchmal weniger harmonisch zuging und er dem Publikum noch ein paar Flüche schuldete. Jedenfalls stolperte er nach der Ankündigung des nun wirklich allerletzten Songs und rief, nachdem das Mikrophon geräuschvoll auf den Boden geknallt war, aus: "How many times have I tripped over that fucking mic tonight? Fucking bastard!" Da hatten die Bühnentechniker dann wohl doch nicht aufmerksam genug nach potenziellen Stolperstellen gesucht.
Insgesamt ein schönes Konzert einer Band, die nicht wie andere einfach nur dem aktuellen Wiedervereinigungs-Trend folgt, sondern auch neue Musik zu bieten hat. Nur schade, dass man von den Musikern so wenig sehen konnte...
Setliste:
Amputation
April Skies
Head On
Far Gone And Out
Between Planets
Blues From A Gun
Always Sad
Mood Rider
Teenage Lust
Cherry Came Too
The Hardest Walk
All Things Must Pass
Some Candy Talking
Halfway To Crazy
Reverence
Nine Million Rainy days
Just Like Honey
You Trip Me Up
The Living End
Taste Of Cindy
War On Peace
Alle Bilder sind von beliebigen Escape Rooms aus dem Internet. Während des Spiels darf man nicht fotografieren und hätte auch keine Zeit dafür. |
In dem von mir besuchten Escape Room - ich sage nicht, welcher es war, weil man sonst vermutlich noch weniger zum konkreten Spiel sagen dürfte - wurde sehr gut in die fiktive Situation eingeführt, indem die Geschichte mit echten lokalen Gegebenheiten verknüpft wurde. Die zu lösenden Rätsel hatten aber, anders als von mir erwartet, meist wenig mit der Realität zu tun. Beispielsweise mussten immer wieder Zahlenschlösser geöffnet oder für andere Schlösser die Schlüssel ergattert werden - die hierfür zu lösenden Aufgaben bestanden aber beispielsweise darin, in einem Kochrezept vorkommende Gewürznamen erst nach Geruch den Gewürzen und dann auf deren Behältern stehenden Zahlen zuzuordnen - was im Rahmen der Geschichte wenig Sinn ergab, aber eben ein nettes Rätsel darstellte.
Insgesamt spielten Codes eine große Rolle und wurden immer wieder neu präsentiert, etwa als Morsecodes, Symbole auf Alltagsgegenständen, unsichtbare Buchstaben auf Schriftstücken oder auch Geräusche - im Grunde musste man immer auf alles achten. Auch Teamwork war enorm wichtig: In unserer Vierergruppe klappte die Kommunikation noch recht gut, ich könnte mir aber vorstellen, dass es mit mehr Personen zunehmend zur Herausforderung wird, auch die Handlungen und Erkenntnisse der Mitspieler stets mitzubekommen - denn es bringt natürlich niemand weiter, wenn einer den Code gefunden hat, aber nicht lösen kann, während der Rest noch ziellos weiter sucht.
Normalerweise haben die Besucher eine Stunde Zeit, sämtliche Rätsel zu lösen und beispielsweise die Gefängniszelle zu öffnen oder den Mörder zu enttarnen. Schafft man es in dieser Zeit nicht, erfährt man, zumindest bei dem von uns gewählten Anbieter, am Ende auch nicht die richtige Lösung - man müsste gegebenenfalls also nochmals zurückkehren, um einen weiteren Versuch zu wagen.
Bei meinem eigenen Escape Room-Besuch ging uns die Zeit nur ganz knapp aus: In den letzten Sekunden entfaltete sich die Geschichte komplett, und wir wussten auch, was als allerletztes zu tun gewesen wäre - nur reichte die Zeit nicht mehr dafür. Insofern hatte man am Ende zwar nicht das befriedigende Gefühl, erfolgreich gewesen zu sein, aber immerhin war der "Fall" gelöst.
Dennoch hat das Spielen Spaß gemacht, und tatsächlich beschlossen wir nach dem Ende, demnächst auch das andere vom selben Veranstalter angebotene Live Escape Game auszuprobieren. Das Konzept der Live Escape Games stammt übrigens aus Japan und wurde via Budapest nach Europa importiert. Die Kosten bei "meinem" Anbieter schwankten je nach Teilnehmerzahl zwischen 23 und 33 Euro pro Person (bei mehr Teilnehmern pro Gruppe zahlt der einzelne weniger). Eine Terminabsprache ist zwingend erforderlich.
Ostern. Das Wetter ist eher so mittel und etwas kühl. Zeit also, vor dem Fernseher alte Filmschinken anzusehen. Vielleicht hat das Ásgeir bei einer früheren Gelegenheit gemacht, denn das Video zu "Stardust" lässt an Filme mit Tanz- und Schwimmeinlagen á la Esther Williams denken. Mich erinnert es allerdings in erster Linie an "Hail Caesar", den Film der Coen-Brüder, in dem diese quasi jedes Filmgenre des frühen Hollywood auf einmal persiflieren - sehr sehenswert übrigens. Dieses Video ist aber auch schön.
Immer wieder dasselbe Wechselbad der Gefühle bei diesen Wohnzimmerkonzerten: Erst die nagende Sorge, dass man einen schlechten Termin gewählt hat, so dass man dann allein mit dem Künstler dasitzen könnte. Dann, am Veranstaltungstag selbst, zunächst hektische Vorbereitungen wie kochen, backen, Stühle tragen, putzen. Kaum ist das halbwegs erledigt, fragt man sich, wo eigentlich der Künstler bleibt - und sobald dieser angekommen ist, wird es entweder hektisch, weil man noch schnell den Musiker verköstigt, während schon die ersten Gäste eintreffen. Oder aber, man hat viel Zeit und kann sich wieder Sorgen machen, ob überhaupt Publikum erscheint.
Bei all diesen Gedanken fragt man sich dann wiederholt, warum man sich diesen Stress überhaupt antut - um dann, wenn alles geklappt hat, Publikum wie Künstler anwesend sind und das Konzert beginnt, zu beschließen, dass doch eigentlich alles halb so wild war.
So passierte alles auch am Samstag bei Konzert Nummer 9: Nachdem wir The Lake Poets bereits am Montag in Köln gesehen hatten, wussten wir immerhin, dass man sich grundsätzlich des Auftritts in Montabaur bewusst war. Mündlich hatten wir vereinbart, dass Marty und James gegen 16 Uhr bei uns eintreffen würden. Im Vorab-Plan, den sowohl wir als auch die Band von Booker bekommen hatten, war von 17 Uhr die Rede. Ab 16 Uhr herrschte also leichte Ungeduld, ab 17 Uhr dann Panik, inklusive des Notfallplans "Wir haben das ganze Essen fertig, die Gäste müssen also trotzdem kommen, und wenn sie Bayern gegen Dortmund schauen". Kurz nach 18 Uhr tauchten dann die Musiker auf und diverse Steine fielen von unseren Herzen. Zügig begann der Aufbau und Soundcheck, und wir hatten, da es für das geplante gemeinsame Abendessen nun zu spät war, schlagartig überhaupt nichts mehr zu tun, außer Stuhlreihen aufzustellen.
Immerhin die Gäste kamen pünktlich und zahlreich, so dass der Konzertabend, wenn auch ohne Künstler-Abendessen vorab, wie geplant beginnen konnte. Ganz unerwartet bekamen wir sogar sowohl Blumen als auch einen spektakulären Kuchen mitgebracht.
Marty und sein Mitmusiker James hatten bereits vorab unser Haus und unser Bühnenarrangement ausführlich gelobt, und so kann man hoffen, dass sie mit den musikalischen Verhältnissen tatsächlich zufrieden waren. Marty spielte im Rahmen seines Sets viele Lieder, die wir bereits am Montag gehört hatten, aber auch einige andere. Im Gespräch vorab hatten wir erfahren, dass er über sein existierendes Album hinaus mittlerweile 25 neue Lieder fertig hat und am liebsten als nächstes ein Doppelalbum veröffentlichen würde. Während er die erste Konzerthälfte komplett akustisch darbot, kam in der zweiten dann auch der Verstärker - und später James als Schlagzeuger - zum Einsatz.
Viele der Lied-Erklärungen hatten wir bereits einige Tage vorher gehört, andere aber auch nicht - so erzählte Marty etwa, dass er vom ersten Stock unseres Hauses aus den Sonnenuntergang bewundert hätte - es war ein strahlend sonniger Tag gewesen - um dann mit dem Hinweis "und so ist das Wetter bei mir daheim" auf "Rain" überzuleiten. Zu "Northview" gesellte sich wiederum James zu Marty und spielte dieses Mal vier Lieder lang Schlagzeug. Nachdem wir für "Dead Horses" auch an diesem Abend das Summen hatten einüben müssen (das meinem Eindruck nach beim Wohnzimmerkonzertpublikum besser mitgemacht wurde als in Köln), hörten wir anschließend das mir unbekannte "In The Way", das Marty gemeinsam mit zwei Freunden aus London geschrieben hat, und in dem es um die Erkenntnis von einem der beiden geht, an den eigenen Beziehungsproblemen selbst schuld zu sein.
Marty frühere Freundin und jetzige Frau wurde wieder vielfach erwähnt - verständlich, wenn sie gleich drei Lieder der Setliste ("Your face", "See you tonight" und "How do you love me") inspiriert hat. Am Tag nach dem Konzert bei uns daheim machten sich die Musiker zunächst auf nach Düsseldorf, um dort Martys Frau abzuholen, die den Rest der Tour mitreist. Wie es wohl für sie sein mag, all diese Lieder und Erwähnungen bei weiteren Auftritten zu hören?
Marty frühere Freundin und jetzige Frau wurde wieder vielfach erwähnt - verständlich, wenn sie gleich drei Lieder der Setliste ("Your face", "See you tonight" und "How do you love me") inspiriert hat. Am Tag nach dem Konzert bei uns daheim machten sich die Musiker zunächst auf nach Düsseldorf, um dort Martys Frau abzuholen, die den Rest der Tour mitreist. Wie es wohl für sie sein mag, all diese Lieder und Erwähnungen bei weiteren Auftritten zu hören?
Mit "See You Tonight" und der anschließenden Zugabe "How Do You Love Me" endete das Set leider bereits. Da es Samstagabend war, löste die Gästeschar sich im Anschluss erfreulich langsam auf, und nachdem die Band bei uns übernachtete, gab es am nächsten Morgen noch ein ausgiebiges gemeinsames Frühstück.
Auch Wohnzimmerkonzert Nummer 9 machte viel Spaß, und auch, wenn aktuell kein weiteres in Planung ist, hoffe ich, dass dieses Jahr noch mindestens ein weiteres bei uns stattfindet.
Auch Wohnzimmerkonzert Nummer 9 machte viel Spaß, und auch, wenn aktuell kein weiteres in Planung ist, hoffe ich, dass dieses Jahr noch mindestens ein weiteres bei uns stattfindet.
Setliste:
Windowsill
Lost in the city
Friends
Edinburgh
Rain
April
Your face
Runaway
Northview
Dead Horses
In the way
See you tonight
How do you love me
Bereits 2009 veröffentlichten Kasabin ihr Album "West Ryder Pauper Lunatic Asylum". Im neuen Video "You're In Love With A Psycho" wird dieser fiktive Ort wiederbelebt, mit der Band als Insassen. Vom Sound her ist der Song... irgendwie anders, was ich durchaus begrüße. Nichts gegen Kasabians bisheriges Songmaterial, aber man muss ja auch nicht immer dasselbe machen. "You're In Love With A Psycho" ist melodischer als man von der Band gewohnt ist. Ob das Lied typisch für das im Mai erscheinende neue Album "For Crying Out Loud" ist?
Ich bekomme viel zu viele Werbe-E-Mails von Onlineshops - eine ideale Methode, immer wieder zu unnötigen Anschaffungen verleitet zu werden. In einer solchen E-Mail entdeckte ich Anfang März eine Bomberjacke, in die ich mich spontan verliebte. Tatsächlich bin ich normalerweise kein großer Fan dieser Jackenform, aber diese hatte einfach etwas: ein schönes Blau, die seidenartige Oberfläche, die Ananasstickerei auf dem Rücken. Also dachte ich nicht groß nach und bestellte die Jacke.
Als ich sie nach dem Erhalt meinem Freund vorführte, war dieser aber mehr als skeptisch und stellte die rhetorisch gemeinte Frage, ob ich diese Jacke denn altersgemäß fände. Darüber hatte ich bis dahin gar nicht nachgedacht, kam aber nun ins Grübeln: Kenne ich irgendjemand in meinem Alter mit Bomberjacke? Ist es vielleicht doch albern, eine Ananas auf dem Rücken zu tragen? Und zu welcher Kleidung kann man eine derart auffällige Jacke eigentlich tragen?
Letztlich schickte ich die Jacke dann schweren Herzens zurück: Abgesehen von der schwierigen Frage, ob sie nun altersgemäß war oder nicht, gefiel ich mir selbst schlicht und ergreifend nicht darin. Ironischerweise sehe ich, seit ich die Jacke retourniert habe, auch bei gesetzteren Marken wie Esprit oder S.Oliver vermehrt diesen Jackentyp, auch wenn die dort gezeigten Modelle zugegebenermaßen deutlich unauffälliger sind.
Für mich habe ich nun stattdessen eine Jeansjacke gekauft. So etwas müsste doch für jede Altersgruppe passend sein, oder?
Als ich sie nach dem Erhalt meinem Freund vorführte, war dieser aber mehr als skeptisch und stellte die rhetorisch gemeinte Frage, ob ich diese Jacke denn altersgemäß fände. Darüber hatte ich bis dahin gar nicht nachgedacht, kam aber nun ins Grübeln: Kenne ich irgendjemand in meinem Alter mit Bomberjacke? Ist es vielleicht doch albern, eine Ananas auf dem Rücken zu tragen? Und zu welcher Kleidung kann man eine derart auffällige Jacke eigentlich tragen?
Letztlich schickte ich die Jacke dann schweren Herzens zurück: Abgesehen von der schwierigen Frage, ob sie nun altersgemäß war oder nicht, gefiel ich mir selbst schlicht und ergreifend nicht darin. Ironischerweise sehe ich, seit ich die Jacke retourniert habe, auch bei gesetzteren Marken wie Esprit oder S.Oliver vermehrt diesen Jackentyp, auch wenn die dort gezeigten Modelle zugegebenermaßen deutlich unauffälliger sind.
Für mich habe ich nun stattdessen eine Jeansjacke gekauft. So etwas müsste doch für jede Altersgruppe passend sein, oder?
Ich war im Kino! Gesehen habe ich Logan, den dritten und letzten Teil der X-Men Spin-Offs mit "Wolverine"-Darsteller Hugh Jackman.
Es ist der erste Wolverine-Film, den ich überhaupt im Kino gesehen habe - während die X-Men möglicherweise meine liebste Marvel-Filmreihe sind, schienen mir die Einzelabenteuer von Wolverine, über den es bereits zwei Filme gab, immer eher verzichtbar zu sein. Logan allerdings erhielt hervorragende Kritiken und erzählt nicht nur das letzte Abenteuer der Figur Wolverine, sondern auch das vom Anführer und Mentor der X-Men, Professor Xavier, hier zum letzten Mal verkörpert durch Patrick Stewart.
Sicherlich wird Jackman langsam zu alt für seine Rolle als Actionheld, zumal die Figur Wolverine mutationsbedingt eigentlich nicht altern sollte. Geschickte Lösung des Problems: Statt ihn für seinen letzten Auftritt als Wolverine auf jünger zu trimmen, machte man ihn einfach noch älter: Der Film spielt in einer wenig attraktiven Zukunft, in der so gut wie alle echten Mutanten ermordet worden sind, dafür werden neue, kontrollierbare in Laboren gezüchtet und als Waffen eingesetzt.
Man merkt es schon: Weder die Ausgangssituation als das dann stattfindende letzte Abenteuer der alten Helden macht sonderlich gute Laune. Dennoch ist der Film an sich gut gelungen und bildet einen befriedigenden Abschluss für Wolverines Geschichte.
Im März traf ich mit "What Alice Forgot" von Liane Moriarty eine für mich etwas ungewöhnliche Hörbuchentscheidung: Während ich - neben gelegentlichen Ausflügen ins Sachbuch-Genre - als leicht Unterhaltung meist Krimis und Thriller wähle, handelt es sich bei diesem Roman um einen, nun ja, typischen Frauenroman. Chick Lit, sozusagen. Solche Bücher gefallen mir häufig nicht - gegen ihre Themen will ich damit gar nichts sagen, aber häufig sind die Geschichten allzu vorhersagbar. "What Alice Forgot" wurde aber von einem Blog empfohlen, dessen Buchvorschläge ich normalerweise schätze, also gab ich dem Roman eine Chance.
Dessen Hauptfigur Alice ist 29, frisch verheiratet, seit kurzem schwanger und mit sich und der Welt ausgesprochen zufrieden. Das denkt sie zumindest, doch als sie aus nach einem Sturz auf den Kopf im Fitnessstudio erwacht, versichern ihr alle, dass sie mittlerweile 39 sei. Sie hat bereits drei Kinder, lässt sich gerade von ihrem Mann scheiden und ist alles andere als glücklich. Aus irgendeinem Grund hat sie sowohl den Kontakt zu ihrer Schwester als auch zu ihrer besten Freundin verloren, stattdessen scheint sie pausenlos Veranstaltungen für die Schule ihrer Kinde zu organisieren.
Alices Gedächtnisverlust bleibt zunächst bestehen, so dass sie ihr aktuelles Leben weiterführen muss, ohne sich an die letzten zehn Jahre erinnern zu können - was auch bedeutet, dass sie weder ihre Kinder noch ihren neuen Freund erkennt. Es bleibt ihr also nichts anderes übrig, als den Menschen in Ihrer Umgebung viele Fragen zu stellen: Warum will sie die Scheidung? Was ist zwischen ihrer Schwester und ihr vorgefallen? Wer ist diese Gina, über die niemand mit ihr sprechen möchte? Warum scheint die "neue Alice" so ganz anders zu sein als sie selbst? Daraus ergeben sich sehr ehrliche Gespräche, die durch andere Perspektiven in Form der Tagebucheinträge von Alices Schwester und des Blogs ihrer Großmutter ergänzt werden.
Mir gefiel gut, dass der Roman es meist erfolgreich vermeidet, Menschen oder ihre Entscheidungen als böse oder ablehnenswert darzustellen. Als Leser teilt man zwar Alices Meinung, dass sie selbst sich offenbar auf eine seltsame Art verändert hat, aber bis sie schließlich ihr Gedächtnis wiederbekommt, fehlt eben auch eine Innenperspektive der "neuen Alice" - die es dann letztlich schafft, auch ihre eigenen Veränderungen durchaus plausibel zu machen.
Insgesamt also ein interessantes Gedankenspiel zum Thema "Wie sich Menschen verändern und warum es sich lohnt, das eigene Leben und das, was einem wichtig erscheint, auch einmal aus größerem Abstand zu betrachten."
Übrigens nutzte ich bei diesem Hörbuch die Möglichkeit, mir zusätzlich auch die Kindle-Version zu kaufen - und das ausschließlich, weil beides zusammen billiger war als das Hörbuch allein. Mit dem Erwerb beider Versionen hatte ich dann die Möglichkeit, zwischen hören und lesen abzuwechseln, wobei sich die Audible-App und mein Kindle synchronisierten und ich auf beiden Geräten stets dort fortfahren konnte, wo ich aufgehört hatte. Ein ganz netter Gag, aber ich wäre nicht bereit, dafür zusätzlich zu bezahlen.
Am Samstag wird The Lake Poets bei mir Zuhause im Wohnzimmer auftreten. Warum also vorher extra noch an einem Montagabend für sein Konzert nach Köln düsen?
Nun, erstens war das eine gute Gelegenheit, den Künstler in Ruhe zu sehen, ohne nagende Gastgeber-Fragen im Hinterkopf wie "Ob wir doch mehr Wein hätten kaufen sollen?", "Ob wir unsere Nachbarn wohl sehr stören?" oder auch "Müsste ich die Leute da hinten eigentlich kennen?". Zweitens wussten wir nicht, mit wie vielen Personen der Künstler bei uns auftauchen würde - im Vorfeld war von bis zu drei Musikern die Rede gewesen. Und drittens konnte man sich bei der Gelegenheit gleich persönlich vorstellen und so den Künstlern hoffentlich ein besseres Gefühl dabei geben, am Samstag in diesen komischen, unbekannten Ort zwischen Köln und Frankfurt zu reisen.
Also ging es wieder einmal in die Hostel / Kneipe / Bühnenkombination der Wohngemeinschaft, wo ich beim Eintreffen den Eindruck hatte, es seien viel weniger Zuhörer da als bei vorherigen Besuchen. Tatsächlich füllte sich, als der Einlass begann, der kleine Konzertraum neben der Kneipe aber dann doch zügig mit etwa 40 Personen. Obwohl sich auf der kleinen Bühne zwei Gitarren sowie ein Schlagzeug befanden, begann Martin Longstaff seinen Auftritt allein, kündigte aber sofort an, sein Freund James werde sich später unterstützend zu ihm gesellen.
Die ersten beiden Lieder, "Windowsill" und "Friend", kannte ich bereits vom The Lake Poets Konzert vor einem Jahr in Wiesbaden. Zu "Friends" beschrieb Longstaff einen im Lied geschilderten langjährigen Bekannten als "Scheißekopf", wobei ich mir unsicher bin, ob es dieses Wort im Deutschen eigentlich gibt.
Anschließend kam ein (für uns) neues Lied: Martin erklärte, dass er Unterricht im kreativen Schreiben sowohl für Kinder als auch Erwachsene gibt, und dass der Lied von "Lost in the City" von einem 11jährigen Mädchen namens Rebecca stamme - offensichtlich einem sehr traurigen Kind.
Nach dem Hit "Edinburgh" folgten wiederum zwei unbekannte Lieder, zunächst "Airborne" und dann "Scratch", wobei sich letzteres um eine Person aus Longstaffs Bekanntenkreis dreht, die sich ritzt.
Von dem nun folgenden "Your Face" wussten wir bereits aus Wiesbaden, dass es erstens in Nashville geschrieben wurde und zweitens für Longstaffs damalige Freundin und heutige Frau geschrieben wurde. "Runaway" war uns dagegen wieder neu und handelt von der englischen "Traveller Community".
Nach "Northview", das sich um Longstaffs verstorbene Großmutter dreht, war es dann endlich Zeit für den vielfach angekündigten Auftritt des zweiten Musiker, James. Für das nun folgende "Dead Horses" war allerdings nicht nur der Schlagzeuger, der im Alltag ein Tonstudio betreibt, eingeplant, sondern auch das Publikum, das gebeten wurde, das Lied mit einem melodiösen Summen zu unterstützen.
Zu "See You Tonight" erfuhren wir zum einen, dass dieses Lied quasi der Heiratsantrag von Longstaff für seine Freundin war, zum anderen erklärte er, sein Begleiter James sei allerdings noch zu haben und habe bereits die Tinder-Profile sämtlicher anwesender Damen durchgearbeitet.
Das war es dann allerdings schon mit James, der bei sage und schreibe zwei Liedern mitgetrommelt hatte. Den Schlusssong "How to love me" bot Martin allein dar, verließ kurz die Bühne und kehrte dann noch für die akustische Zugabe "Shipyards" zurück, für die er sich vor der Bühne quasi ins Publikum stellte.
All die neuen Lieder lassen erwarten, dass nach zwei Jahren Pause ein zweites The Lake Poets Album bevorsteht - es bleibt abzuwarten, ob es am Samstag noch weiteres neues Material zu hören gibt. Jedenfalls ein schönes Konzert, dass die Vorfreude auf das nächste im heimischen Wohnzimmer verstärkt.
Setliste:
Windowsill
Friends
Lost in the city
Edinburgh
Airborne
Scratch
Your face
Runaway
North View
Dead Horses
See you tonight
How to love me
Shipyards
Wenn man ein Haustier hat und liebt, gehören Tierarztbesuche zu den unangenehmsten Alltagserfahrungen: Zur Sorge ums Tier gesellt sich die allgemeine Angst der anderen Patienten im Wartezimmer, mit der sie sich gegenseitig (und ihre Besitzer) immer verrückter machen, die Wartezeit, seltsame Geräusche und gegebenenfalls nach der Sprechstunde noch Medikamente, von denen man keine Ahnung hat, wie man sie dem wehrhaften Haustier daheim einflößen soll.
In einem Musikvideo macht der ganze Prozess minimal mehr Spaß - außerdem kann ich bestätigen, dass Wattestäbchen bei Katzen tatsächlich sehr beliebt sind.