Neulich nicht im Roundhouse: The Veils im Kölner Artheater


Vor knapp zwei Wochen erzählte ich noch, dass wir vor unserem Besuch bei Hamish Hawk ewig nicht im Kölner Artheater gewesen waren - und nun waren wir schon wieder dort! Anlass war am Samstagabend ein weiteres Weihnachtsgeschenk, dieses Mal für ein Konzert der neuseeländisch-englischen Band The Veils.

Anders als vorletztes Wochenende waren wir dieses Mal vor dem Einlass da - im Artheater bedeutet das in der Praxis, dass sich alle Besucher im kleinen Barbereich drängeln, während sie darauf warten, dass die Tür zum dahinter gelegenen Konzertsaal geöffnet wird. Ich nutzte die Zeit, um mir den Merchandise-Stand anzusehen, und entdeckte, dass heute unsere bisherige Serie von Vorband-losen Auftritten ein Ende finden würde: Neben The Veils-Artikeln konnte man auch welche von einem Joshua Murphy kaufen.



Dank unserer frühen Ankunft konnten wir, als die Tür dann geöffnet wurde, Plätze direkt vor der Bühne ergattern - und hatten somit eine deutlich bessere Sicht als bei Hamish Hawk. Der Raum füllte sich nach und nach und wurde richtig voll, um uns herum, wir hörten Englisch und Niederländisch. Mein Freund hatte beim Hereingehen erspäht, dass als Musikuntermalung die Spotify-Playliste "The Veils Radio" erklang, die unter anderem Songs von Grant Lee Buffalo, Fink und Other Lives enthielt. Die Liste kam gut an, um uns herum wurde viel shazam-t. Mein Freund erzählte mir, dass der Vater von Finn Andrews Mitglied einer Band namens Shriekback sei und fragte sich, ob diese es wohl auch in die Liste geschafft habe. Eine musikalische Antwort erhielten wir nicht.

Joshua Murphy entpuppte sich als junger Mann, der sich mit Lederjacke, wirrem Haar und Bart ganz dem Rockerlook verschrieben hatte. Bereits vor der festgelegten Anfangszeit war er um die Bühne herumgetigert, aber offensichtlich war ein früherer Beginn nicht vorgesehen gewesen. Der in Berlin lebende Australier sang mit ähnlich tiefer Stimme wie sein Landsmann Nick Cave, und die Lieder, zu denen er sich selbst an der Gitarre begleitete, weckten bei mir auch Erinnerungen an Caves "Murder Ballads". In seinen 30 Minuten spielte Murphy ganze vier Lieder, und immer dachte ich am Anfang "Oh, das gefällt mir", um dann nach kürzester Zeit das Interesse zu verlieren.



Die langsamen, düsteren und bedeutungsschwangeren Melodien hätten allerdings gut zu einem David Lynch-Film gepasst, man konnte sich regelrecht Szene wie den Mittelstreifen bei einer langen, nächtlichen Autofahrt oder einen tanzenden Kleinwüchsigen, vorstellen - oder einen Auftritt in der Twin Peaks-Kneipe Roundhouse.

Setliste:

The Fault was lain there too
Littered with ghosts 
The Killing Floor 
A Town with no Fear



In der Umbaupause folgten für eine halbe Stunde undefinierte Drone-Geräusche. Als "Einlaufmusik" hatte sich die Band einen kuriosen Schlager aus den 1960er Jahren ausgesucht, "Oh Sinner Man" von Nina & Frederik.

Zeit für den Hauptact! Finn Andrews Begleitband bestand aus vier Männern an Geige/Keyboard, Gitarre/Pedal-Steel-Gitarre, Schlagzeug und Bass. Finn Andrews war in schwarz gekleidet, trug ein oben aufgeknöpftes Hemd und den obligatorischen Hut, sein Markenzeichen. Er setzte sich ans E-Piano und gab hier zu Beginn vier Lieder zum Besten, die sich alle auf dem aktuellen Album "Asphodels" befinden.  

Anschließend begann ein etwas rockigerer Teil, für den Andrews aufstand und zur Gitarre griff. Zu "A Birthday Present" kehrte er dann wieder zurück ans E-Piano und stellte fest, dass er sitzernd für die hinteren Reihen des Publikums kaum zu sehen war - er entschuldigte sich dafür und erklärte, dass die Bühne eben sehr niedrig sei.



Das Set umfasste neben dem Schwerpunkt "Asphodels" (sechs Lieder) eine Auswahl älterer und neuerer Songs, darunter weniger die zu erwartenden Singles wie "No Limit of Stars", sondern vor allem Album-Tracks. Das Publikum setzte sich spürbar hauptsächlich aus Fans zusammen. Andrews erwähnte, die Band habe vor einigen Jahren "um die Ecke" gespielt (er meinte die Bar Bumann & SOHN), auf seine Frage, ob jemand der Anwesenden dort gewesen war, meldeten sich viele. In seiner Danksagung gegen Ende kam Andrews später nochmals auf das frühere Konzert zurück und meinte, zwei ausverkaufte Konzerte in der gleichen Stadt vor so begeisterten Zuschauern zu geben, sei wirklich toll für die Band. The Veils mögen also augenscheinlich Köln - und Köln The Veils ebenfalls.

Das Set endete mit "Jesus for the Jugular", die Bandmitglieder gingen ab - doch Finn Andrews blieb an Ort und Stelle, weil er bereits wusste, dass es keinen praktischen Rückzugsort für die Musiker gab (der Konzertsaal hat offensichtlich nur den einen Zugang, den auch das Publikum benutzt, eine Band, die die Bühne verlässt, muss also einmal durchs komplette Publikum gehen und erreicht dann die Bar). Er fragte also gleich, ob wir vielleicht Zugaben wollten, und meinte dann angesichts der abwesenden Band "I might just do one on my own".



Es folgten Soloversionen von "Under the Folding Branches" und "Sun Gangs", und die Band kehrte nochmals für den endgültig letzten Song zurück, "Axolotl". Hier waren wir auch wieder beim Thema David Lynch angekommen, denn in dessen Fortsetzung von Twin Peaks von 2017 wurden in der bereits erwähnten fiktiven Bar Roundhouse einige Auftritte realer Bands gezeigt - und The Veils boten dort dieses Lied dar.

Das Publikum wäre nach 75 Minuten auch noch mit weiteren Zugaben einverstanden gewesen, aber nun war Schluss - auch mein Freund war ein wenig traurig über das Ende, denn er hatte sich besonders auf Songs vom ersten Album "The Runaway Found", das als einziges nicht berücksichtigt wurde, gefreut, die bei vorherigen Auftritten ihren Weg in den Zugabenteil gefunden hatten - heute aber leider nicht.




Setliste:

Mortal Wound
The Dream of Life
The Ladder
O Fortune Teller
Swimming With the Crocodiles
Birds
Not Yet
Here Come the Dead
A Birthday Present
Asphodels
Rings of Saturn
Concrete After Rain
No Limit of Stars
Sit Down by the Fire
Jesus for the Jugular

Under the Folding Branches
Sun Gangs
Axoltl

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