Gelesen: Februar 2021
Manchmal passiert es mir, dass ich ein Buch auf meiner "Warteliste" habe (die übrigens ausschließlich Hörbücher umfasst, da ich mir wegen riesiger noch zu lesender Vorräte nur äußerst selten selbst ein gedrucktes Buch kaufe) und ich nicht mehr weiß, wie es überhaupt dorthin gekommen ist. Vermutlich habe ich irgendeinen Artikel oder Blogbeitrag gelesen (in diesem Fall vielleicht diesen beim Spiegel?), in dem es erwähnt wurde, oder es wurde mir persönlich empfohlen?
Ich weiß also nicht mehr, warum ich mir Parker Bilals The Divinities anhören wollte. Nachdem es sich aber um einen Krimi handelt, der im heutigen London spielt, ging ich jedoch davon aus, dass meine mittlerweile vergessene Entscheidung ihre Richtigkeit gehabt haben musste, und erwarb den Roman via Audible. Parker Bilal ist das Pseudonym von Jamal Mahjoub, einem in London geborenen Autor, dessen Eltern aus Großbritannien und dem Sudan stammen. Er hat mehrere Romane unter seinem echten Namen veröffentlicht, als Parker Bilal schreibt er Krimis, bislang vor allem eine sechsteilige Reihe um einen sudanesischen Detektiv in Kairo. The Divinities ist der erste Band einer neuen, London-basierten Krimireihe, der Untertitel verrät bereits, dass die Protagonisten Drake und Crane heißen.
Aus Lesersicht lernt man zuerst Calil Drake kennen: Der Londoner Polizist ist nach einem schlecht gelaufenen Undercover-Einsatz unter dem Verdacht der Korruption degradiert worden, er stößt eher zufällig auf zwei Leichen auf der Baustelle eines Luxus-Wohnungsprojekts am südlichen Themseufer und schafft es, seinen Vorgesetzten dazu zu überreden, ihm zumindest kurzzeitig die Ermittlungen zu überlassen. Selbiger Vorgesetzter legt ihm auch die Zusammenarbeit mit der Psychologin Rayhana Crane ans Herz - was Drake zunächst egal ist. Er will erfolgreich ermitteln und seine Karriere retten.
Drake und Crane haben beide Migrationshintergrund und fühlen sich als Außenseiter der britischen Gesellschaft. Die beiden haben außerdem die Gemeinsamkeit, dass sie am Irakkrieg teilgenommen haben - Drake als Soldat und Crane im Rahmen einer psychologischen Evaluierung von Soldaten.
The Divinites zeigt durchaus überzeugend verschiedene Milieus von London - vor allem die von Menschen, die es nicht leicht haben, etwa in Freetown, einem (fiktiven) Armutsviertel in der Nähe der Luxusbaustelle, das von der Gentrifizierung bedroht ist. Hier wird insgesamt ein London präsentiert, in dem die hellhäutigen Briten die absolute Minderheit darstellen, es geht stattdessen um die Heimat vieler Menschen, die eben auch hier leben, teilsweise seit ihrer Geburt.
Vieles an dem Roman gefiel mir gut, allerdings nicht alles: Zum einen war die Kriminalgeschichte an sich für mich gar nicht einmal so spannend, zum anderen ging mir die Schilderung von Crane als Superheldinnen-Psychologin mit Motorrad ein wenig auf die Nerven. Dass Drakes Kollegin sie ironisch "Catwoman" nennt, zeigt wohl, dass sich Bilal selbst der klischeebeladenen Beschreibung bewusst zu sein scheint, geändert hat er dennoch nichts. Auch Drakes Lebensgeschichte ist sehr vielfältig, aber eben um einiges realistischer.
Dennoch ein spannender Krimi, und ich glaube, ich werde demnächst auch einmal ein Buch aus der anderen Krimireihe von Parker Bilal ausprobieren.
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