Gelesen: Oktober 2024
Im Oktober gab es wieder einmal ein Hörbuch für mich: The Death of Mrs. Westaway von Ruth Ware.
Die junge Hal, mit vollem Namen Harriet, scheint vom Pech verfolgt zu sein. Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter durch einen Autounfall mit Fahrerflucht ist sie auf sich allein gestellt und kann nicht, wie eigentlich geplant, ein Studium beginnen. Stattdessen übernimmt sie einen Stand ihrer Mutter auf dem Pier in Brighton, wo sie wie vorher diese für Besucher Tarotkarten legt. Damit kommt sie finanziell eher schlecht als recht über die Runden, was dazu führt, dass sie auch noch bei einem Kredithai Schulden hat.
Doch sie bekommt überraschend die Einladung zu einer Testamentseröffnung in Cornwall - eine alte Frau mit demselben Namen wie sie ist gestorben, und obwohl Hal eigentlich zu wissen glaubt, dass es sich um keine Verwandte von ihr handeln kann, hofft sie auf eine kleine Erbschaft - und darauf, dass niemand allzu genau überprüft, ob alles mit rechten Dingen zugeht.
Vor Ort kommt es dann, wie es in solchen Geschichten kommen muss: Hal ist die Alleinerbin ihrer angeblichen Großmutter, die zwar kein Vermögen besaß, aber einen riesigen Landsitz, bei dessen Verkauf einige Millionen zu verdienen sind. Die anwesenden Verwandten der Verstorbenen sind erschüttert, aber auch sehr an Hal interessiert, die sie für die Tochter ihrer einst verschwundenen Schwester Maud halten.
Das Herrenhaus ist verwinkelt, zugig und ein wenig unheimlich, hinzu kommt eine ausgesprochen bösartige alte Haushälterin, das eine oder andere Geheimnis (irgendetwas muss ja damals mit Maud passiert sein) und Hals ständige Sorge, als Betrügerin entlarvt zu werden. Klingt ganz gut, oder?
Tatsächlich gefiel mit der Roman nicht wirklich. Die Autorin baut Hal ausführlich als eine Person auf, die dank ihres Tarot-Berufs, bei dem sie viel über ihre Kundschaft erraten muss, um glaubwürdig zu erscheinen, andere gut lesen kann und sich leicht darin tut, deren Gefühle und Sorgen zu erraten. Das funktioniert in der Realität dann allerdings so gut wie nie, ohne dass auch nur thematisiert würde, dass Hal selbst darüber enttäuscht wäre.
Schwerwiegender ist, dass sich eigentlich alle Figuren immer wieder unlogisch verhalten und so - und mangels Kommunikation - Missverständnisse entstehen, die in der Realität niemals passieren würden.
Dazu ging mit Hals innerer Monolog stellenweise ziemlich auf die Nerven, und ich hatte den Eindruck, dass mir Dinge und Gedanken doppelt und dreifach erklärt wurden - bis sich dann am Ende die Ereignisse überschlugen und ich eigentlich gerne ein bis zwei Erklärungen mehr gehabt hätte. Mit blieb es auch völlig rätselhaft, dass Hal anscheinend in einem England ohne jedes soziales Netz lebt. Sicherlich würde eine Schülerin, die ihre einzige Verwandte verliert, nicht komplett allein zurecht kommen müssen?
Spannend war der Roman letztlich schon, aber eben gleichzeitig auch komplett unglaubwürdig. Ein anderer Bestseller von Ruth Ware, The Woman in Cabin 10, wurde für Netflix verfilmt und ist demnächst dort zu sehen. Ich bin gespannt, ob mich diese Geschichte mehr überzeugen kann.
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