Neulich als es wieder Konzerte gab: Nick & June im Wetzlarer Franzis

by - Juni 20, 2021


Erst kürzlich berichtete ich hier über den Stapel Konzertkarten, der bei mir zu Hause auf Einsatz wartet - teils seit weit über einem Jahr. In letzter Zeit scheint aber, wie auch dort erwähnt, wieder mehr zu gehen, und so überlegten mein Freund und ich, ob wir eines der Konzerte, die das Franzis in Wetzlar aktuell draußen veranstaltet, besuchen sollten - nämlich das von Nick & June. Im Vorverkauf wollte ich lieber keine Tickets erwerben, weil am Tag zuvor meine zweite Corona-Impfung anstand und ich ein wenig damit rechnete, unter Impfreaktionen zu leiden. Als diese sich nicht einstellten, mailte mein Freund am Morgen des Veranstaltungstags ans Franzis: Der Vorverkauf war nun nämlich beendet, und wir wollten doch wissen, ob es noch Tickets gab, bevor wir uns auf die einstündige Anfahrt begaben. Es waren dann auch noch Tickets verfügbar, und es wurden sogar welche für uns zurück gelegt.



Unbedingt nötig wäre das wohl nicht gewesen, denn als wir am Franzis, in dem wir in den letzten Jahren bereits vier Konzerte besucht hatten, ankamen und uns dem Einlass näherten, stellte sich nicht nur heraus, dass nur wir Tickets reserviert hatten, sondern auch, dass wir beinahe die ersten Gäste waren. Stolz benutzten wir zum ersten Mal unsere Luca-Apps, um kontaktlos einzuchecken.

Das "Open Air" fand nicht, wie wir vorab ein wenig befürchtet hatten, auf dem großen Parkplatz vor dem Kulturzentrum statt. Stattdessen hatte man einen kleinen Bereich direkt nebenan abgezäunt, der teils ans Franzis und teils an einen verwilderten Hang grenzte. Es waren vor einem ebenerdigen "Bühnenbereich" 15 Stuhlpaare aufgestellt worden, die offenbar aus diversen Haushalten stammten, was der Veranstaltung einen etwas spontanen, aber auch persönlichen Eindruck verlieh. An einem "Kiosk" konnte man sich Getränke besorgen.



Nick & June aus Nürnberg bestand bei der Gründung nur aus Dominik Wolf, kurze Zeit später kam Julia Kalass als weiteres Kernmitglied dazu, heute tritt man live eigentlich mit vier bis fünf Personen auf, aber der Größe des Veranstaltungsraums angepasst waren Dominik und Suzie-Lou Kraft (die mittlerweile Julia Kalass ersetzt hat), an diesem Abend nur zu zweit - und, so berichteten sie, extra aus Nürnberg mit einem alten Auto ohne Klimaanlage angereist. Die heißen Temperaturen hatten den Instrumenten zugesetzt, so dass zwischendurch einige Stimmpausen erforderlich wurden.

Man ist es aber offenbar gewohnt, möglichst viel allein zu schaffen: Dominik sang, spielte dazu Gitarre, bediente mit einem Fuß eine Bassdrum und hatte am anderen eine Art Schellenkranz für die Percussion, hinzu kam noch ein "Percussion-Ring", den er manchmal am Finger trug und mit dem man beim Gitarrenzupfen Rasselgeräusche machen konnte. Suzie-Lou spielte bei den meisten Songs Keyboard und sang, griff aber manchmal auch zum Glockenspiel, zur Mundharmonika, zum Bass und einmal zur Melodika,.



Nick & June hatten mangels prophetischer Fähigkeiten ausgerechnet 2019 eine lange kreative Pause eingelegt, um dann Anfang 2020 live wieder groß durchzustarten - was natürlich in großen Teilen der Pandemie zum Opfer gefallen war. Um so glücklicher sind sie, dass nun langsam wieder Livevents stattfinden können. Ihr letztes Album, die Konzeptplatte "My November My" stammt von 2017 - so war es nicht verwunderlich, dass viele der vorgetragenen Songs neu und unveröffentlicht waren. Außerdem spielt das Duo, so erzählte Dominik, bei jedem Konzert ein A-Capella-Cover - an diesem Abend hörten wir, abseits der "Bühne" und näher am Zuschauerraum, "Blue Moon", das unter anderem durch eine Version von Frank Sinatra bekannt wurde.



Mir war vorab nicht bekannt gewesen, dass die Band aus Nürnberg stammt (ich hatte mit Berlin gerechnet, denn dort wohnen ja irgendwie alle Musiker), fand es dann aber sehr passend - manche Songs und die "Stimmenverteilung" bei Nick & June erinnerten mich nämlich an die ebenfalls aus Nürnberg stammenden Throw That Beat In The Garbagecan!, allerdings ohne deren naiv-kindliche Elemente.

Schnell war der Konzertabend quasi vorbei und die Musiker kündigten ihr letztes Lied an, allerdings mit dem Hinweis, dass man sie mit Applaus zu einer Zugabe bewegen könnte. Hier zeigte sich der Nachteil einer stark beschränkten Zuschauerzahl: Mit den anwesenden etwa 20 Personen ließ sich einfach kein überwältigendes Klatsch- und Jubelkonzert erreichen. Zum Glück bekamen wir trotzdem zwei Extralieder und die Aufforderung, im Anschluss noch mit der Band ein Bier zu trinken und gerne auch Merchandise aus einem antik aussehenden Koffer zu erwerben. Der zweiten Bitte kam mein Freund bereitwillig nach und kaufte sich das letzte Album auf Vinyl.



Es ist schon toll, dass man wieder auf Konzerte gehen kann! Nur am Draußensein war nicht alles schön, denn der Hocker, auf dem wir unsere Limoflaschen abgestellt hatten, verwandelte sich im Laufe des Konzerts in einen Ameisenhaufen. Aber auch das war zu verschmerzen.

Setliste:

London City Boy, It's Killing Me
Tiger
You're the Voice
Homesick Blues
Solve My Mystery
Blue Moon
When Mischa Left The O.C.
November Boy
Anything But Time
Manic Pixie Dream Girl
I & Love &
Rain In June
Once In A Life
Home Is Where The Heart Hurts
Little Things

2017
Annie Hall


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