Gelesen: Januar 2023
Wer hätte es gedacht: So ein Jobwechsel in eine Firma mit 15.000 Mitarbeitern mit gefühlt ebenso vielen Abteilungen ist ganz schön anstrengend. In vielen früheren Jahren habe ich trotz der ganzen traditionellen Jahresrückblicke dennoch auch für Dezember einen Monatsrückblick verfasst - dieses Jahr sah es selbst für den Januar zwischenzeitlich eher düster aus. Aber juhu, hier bin ich!
Immerhin hat die Verzögerung dazu geführt, dass ich mittlerweile zumindest ein Buch (mehr oder weniger) fertig angehört habe: Richard Osmans The Thursday Murder Club. Der Krimi von 2020 ist ein Bestseller, geschrieben von einem britischen Fernsehmoderator. Mittlerweile gibt es bereits zwei Fortsetzungen, und in Großbritannien wurde das Buch auch schon als Hörspiel vertont, ein Kinofilm ist ebenfalls geplant. Ein Riesenerfolg also, in einer Zeit, in der es immer schwieriger wird, einen Bestseller zu landen.
Worum geht es also? Die Bewohner einer exklusiven Seniorenresidenz in Kent führen ein schönes Leben: Sie leben weitgehend autonom in ihren Appartements, genießen eine exzellente Küche, Sportkurse, Ausflüge und eine ausgesprochen attraktive Umgebung, denn die Anlage wurde in einem ehemaligen Kloster realisiert und ist von wunderschöner Natur umgeben.
Vier Bewohner vermissen aber ein wenig Aufregung in ihrem Leben und haben unter einem Deckmantel den Thursday Murder Club ins Leben gerufen, der bis zu Beginn der Handlung alte Fallakten aufarbeitet, die eines der Mitglieder, eine ehemalige Polizistin, beschafft. Dann passiert jedoch ein echter Mord in der direkten Umgebung, und die Senioren lassen es sich natürlich nicht nehmen, diesen zu untersuchen.
Als ich den Roman begann, zog ich durchaus in Betracht, dass er mir überhaupt nicht gefallen könnte, denn eine Geschichte um findige Senioren kann in meinen Augen schnell klischeehaft, kitschig und nervig werden. Tatsächlich hat es der Autor aber gut geschafft, die Protagonisten weder als zu skurril noch als zu perfekt darzustellen. Natürlich sind viele Handlungselemente lustig gemeint - etwa, wenn Joyce, aus deren Perspektive ein Großteil der Handlung erzählt wird, ausführlich darlegt, was Skype oder Tinder ist. Andererseits setzen die Rentner ihr Image als möglicherweise senile, weltfremde Personen auch durchaus bewusst ein, um andere psychologisch auszutricksen - etwa wenn der sonst durchaus weltgewandte Ron so tut, als sei er zu alt und zu verwirrt, um mit dem untersuchenden Kommissar zu sprechen, und dadurch das Hinzuziehen einer seinem Club sympathischen Polizistin erzwingt - selbige Polizistin steht anschließend in der Schuld des Clubs und schleust diesem Informationen zu.
Osmond lässt dabei auch nicht außer acht, dass alt sein - auch unter den beschriebenen luxuriösen Umständen - eben kein reines Vergnügen ist. So ist auch viel die Rede von verstorbenen und betrauerten Ehepartnern, und das Club-Gründungsmitglied Penny liegt bereits zu Beginn der Handlung auf der Pflegestation, wo niemand sagen kann, ob sie noch irgendetwas von ihrer Umgebung mitbekommt.
Dennoch ist der Grundton der Geschichte natürlich tendenziell heiter. Die Ermittlungserfolge des Club sind vielleicht nicht alle vollkommen realistisch, und bei einem der letztlich zwei untersuchten Morde finde ich auch das Motiv eher fragwürdig. Dennoch ein unterhaltsamer und spannender Krimi, dessen Fortsetzungen ich mir sicher auch anhören werde.
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