Wer hat's erfunden? We Invented Paris im Wiesbadener Schlachthof

by - April 27, 2014


We Invented Paris ist eine Band, deren Bekanntheit und Erfolg ich nicht so recht einschätzen kann. Ich sah die jungen Schweizer erstmalig beim Maifeld Deby 2012, mittlerweile ist schon ein zweites Album erschienen. Der Schlachthof hatte ihnen als Konzertsaal die kleine "Räucherkammer" zugedacht, was nicht dafür sprach, dass mit gewaltigem Andrang gerechnet wurde. Der kleine Saal füllte sich dann immerhin bis zum Auftritt der Vorband Abel & Cain recht ordentlich. Zu besagter Vorband habe ich wenig zu sagen, ihre Musik erschien mir belanglos und das Publikum geradezu übertrieben freundlich gesinnt - obwohl von Begeisterung wenig zu spüren war, kam man den Jubelaufforderungen des Sängers höflich nach und posierte bereitwillig mit dem Tourmaskottchen, einem Weinkühler.


Als dann - leider erst gegen 22 Uhr - We Invented Paris die Bühne betraten, stieg die allgemeine Begeisterung deutlich an, und gerade in den ersten Reihen fanden sich zahlreiche textsichere junge Mädchen, die offensichtlich Sänger Flavian Graber ziemlich gerne mochten. Man kann also festhalten: We Invented Paris haben eine deutsche Fanbasis.

Was dann folgte, war neben einem Konzert auch so eine Art Medley aller Extras, die man in einem Konzert als Band auf einmal bringen kann: Nach "Sleeptalker", zu dem Gitarrist Bruce Klöti und Bassist Fabian Langer den Rhythmus auf Holzkisten schlugen, erzählte Sänger Flavian Gerber zu den folgenden Liedern einfach ein bisschen, etwa, über den schweizerischen Wissenschaftler Auguste Piccard aus dem gleichnamigen Lied, oder (vor "Mont Blanc") darüber, dass man als Promotion für das zweite Album "Rocket Spaceship Thing" in Karlsruhe Luftballons mit Postkarten aufsteigen ließ, deren Finder das Album umsonst bekommen sollten - und die sich sogar aus Schweden und Italien meldeten.


Zu "Bubbletrees" bekamen wir dann selbst Ballons, die massenhaft Richtung Publikum geworfen wurden und während des Songs in der Luft gehalten werden sollten, was auch sehr eifrig beherzigt wurde. In einem derart kleinen Raum führte das zu echtem Stress und einer Art Massentanz.

Nachdem uns vor "Bohème", dessen französischer Refrain mir seltsamerweise noch heute, drei Tage später, im positiven Sinne durchs Gehirn spukt - vielleicht, weil er so oft wiederholt und besonders eifrig mitgesungen wurde - erzählt worden war, dass We Invented Paris ihre Musik zu Beginn im Rahmen von Wohnzimmerkonzerten bekannt gemacht hatten, wurde es nach dem ebenfalls augelassenen "Philosopher" Zeit für eine weitere Abwechslung: Die Band verließ die Bühne, und Flavian gab in der Mitte des Raums und alleine, an einem Akkordeon, das er sich angeblich vor acht Jahren geliehen hatte, "Requiem" zum besten. Dafür hatten sich nahezu alle Zuschauer auf den Boden gesetzt.


Danach ging es zurück auf die Bühne, wo mit "Treeless", "Polar Bears", "Farmer" und "Iceberg" noch vier weitere Songs vorgetragen wurden, dann war aber natürlich noch nicht Schluss.

Mit "Zeppelins" kehrte die Band nochmals zurück auf die Bühne und spielte mit "Nothing to say" und "More" noch zwei weitere Songs, wobei das Quartett zu "More" zunächst gemeinsam das Schlagzeug bearbeitete und Flavian selbst im Publikum mittanzte. "More" wollte anschließend auch das Publikum und erklatschte einen weiteren Song, den We Invented Paris gemeinsam wieder in der Mitte des Raums a capella vortrugen, nämlich "Silence" - auch hier war der Name Programm, denn anschließend war endgültig Schluss - nicht ohne die Aufforderung, das neue Album am Merchandisestand zu kaufen, an dem es auch "so Hipsterkram" zu kaufen gebe, und herzlichen Dank an Soundmann, Vorband, Management und Publikum.

Insgesamt ein schöner Konzertabend mit einer freundlichen Band, der nur vielleicht allzuviel Abwechslung zwischen schnellem Abrocken auf der Bühne und a capella-Stücken aufwies.


Setliste:

Sleeptalker
A View That Almost Kills
Auguste Piccard
Everyone Knows
Dance On Water
Mont Blanc
Bubbletrees
Bohème
Philosopher
Requiem
Treeless
Polar Bears
Farmer
Iceberg

Zeppelins
Nothing To Say
More

Silence

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