Nicht viel aber wenig: Pelle Carlberg im Kölner Odonien

by - August 27, 2018


Hier war es ein bisschen ruhig in letzter Zeit - ich weilte im Irland-Urlaub, zu dem ich zumindest bislang nichts geschrieben habe, und an Konzerten war vorher auch nichts passiert. Bei meiner Heimkehr letzte Woche erinnerte mich mein Freund allerdings daran, dass am Samstag kein geringerer als Pelle Carlberg, der erste Künstler, der je zusagte, in unserem Wohnzimmer aufzutreten, nach Köln kommen würde. Anlass war das Indie Cologne Fest an einem Ort namens Odonien, der uns nichts sagte.


Odonien entpuppte sich als ein Gelände zwischen diversen Bahngleisen und Kölns größtem Bordell, dem Pascha. Hier hat der Künstler Odo Rumpf einen faszinierenden Bereich aus Natur-Wildwuchs und verrückten Metallskulpturen erschaffen. Irgendwo scheint es auch Räume zu geben, wir sahen nur den Außenbereich, der normalerweise als Biergarten fungiert und auch des öfteren Veranstaltungsgelände ist, wie eben für dieses Festival.

Bei unserem Eintreffen waren wir zunächst überrascht, weil ein hinter uns am Einlass anstehender Besucher, der einen Anzug trug, gefragt wurde, ob er "zu der Hochzeit" wolle. Eine Hochzeit? Beim Indie Cologne Fest, zwischen den Schrottskulpturen? Tatsächlich fand parallel eine Hochzeitsfeier statt, aber in einem separaten Bereich.


Nach unserem Eintreffen erforschten wir zunächst Odonien, denn zu sehen gab es hier einiges: Eine Art Rakete, die in den Boden grammt zu sein schien, einen vergitterten Toilettenenwagen, dessen Eingnagsbereich mit Walzen aus einer Autowaschanlage dekoriert war, eine über den Köpfen der Besuchern verlaufende Schiene mit einem Sofa darauf.... es gab einiges zu bestaunen, und die verwunschene Atmosphäre gefiel mir ausgesprochen gut.

Das Indie Cologne Fest fand hier bereits zum fünften Mal an einem Freitag und Samstag statt, Headliner waren Fortuna Ehrenfeld und Die Regierung, die anderen Bands sagten mir vom Namen her nichts und stammten vermutlich größtenteils aus dem Kölner Raum. Pelle Carlberg schien der einzige internationale Künstler zu sein - um so weniger verständlich war es für uns, dass sein Slot am Samstag schon für 17 Uhr angesetzt war und auch nur 40 Minuten dauern sollte.


Pelle selbst war übrigens für insgesamt drei Konzerte in Deutschland von Schweden aus mit dem Bus angereist, was 22 Stunden gedauert hatte und wenig erfreulich gewesen war - ein bisschen rechne ich demnächst mit einer Neuauflage seines Ryanair-Liedes "Fly Me to the Moon" in einer Fernbusversion.

Das Festival hatte zwei "Bühnen" zu bieten, die abwechselnd bespielt wurden, wobei die, auf der Pelle auftrat, eher eine Ecke mit einem Pavillon als Schutz gegen den an diesem Tag immer wieder kurz fallenden Regen war. 


Sicherlich wegen des kurzen Slots war Pelle vergleichsweise sparsam mit Wortbeiträgen, erwähnte aber, dass er bis vor Kurzem ein Modegeschäft in Stockholm betrieben hat (in dem ich sogar schon einmal war), dieses aber nun aufgegeben habe, weil Retail aktuell keine lukrative Branche sei. Nun zieht es ihn also wieder zurück zur Musik, wobei sich (dachten wir uns zumindest) natürlich die Frage stellt, wie lukrativ diese denn wohl aktuell ist.

Tatsächlich hat Pelle auch schon einige neue Lieder, die demnächst auf einem Album erscheinen sollen - manche davon kannten wir allerdings schon von früheren Auftritten. So auch "Skinnarviksberget", das er eigentlich auf Anfrage seines Plattenlabels Labrador für die junge Sängerin Amanda Mair geschrieben hat und für dessen Text er versucht hat, eine entsprechend junge Perspektive einzunehmen.


Ein weiteres neues Lied, das wir noch nicht kannten, heißt "1999", dreht sich aber tatsächlich um das Jahr 1998 (weil sich auf "nine" mehr reimt als "eight"), eine Frankreichreise zur Fußballweltmeisterschaft und das Scheitern. Bei "Pamplona", Pelles Antwort auf "We're From Barcelona", war dann nur noch Zeit für eine gekürzte Version, das Set schloss mit dem wie immer wunderbaren "Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls". Für "Pelle Carlsberg", das er einst in unserem Wohnzimmer spielte und das er uns vorab per Mail angekündigt hatte, war leider keine Zeit mehr.


Zwischendurch war es warm geworden und Pelle, der das wechselhafte Wetter dieses Augusttages mit einem typischen Sommertag in Schweden verglichen hatte, hatte während des Sets mehrere Jackenschichten ablegen müssen. Nun unterhielt er sich noch mit den Zuschauern, von denen er viele persönlich kannte.

Die nächste Band, die auf der "richtigen" Bühne spielen sollte, begann ihr Set dann etwa 15 Minuten zu spät, was es noch trauriger machte, dass Pelle Carlberg nur so einen kurzen Slot gehabt hatte - er hätte ihn problemlos überziehen können, ohne irgendetwas durcheinander zu bringen.


Bleibt zu hoffen, dass wir den Nun-wieder-Vollzeitmusiker in näherer Zukunft wieder einmal live sehen können.


Setliste:

Oh no! It’s happening again
1983 (Pelle & Sebastian)
Musikbyrån makes me wanna smoke crack
I Love you, you Imbecile
1999
When will I grow up?
Pamplona
Skinnarviksberget
Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls

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