Gelesen: Januar 2022

by - Februar 06, 2022


Der Januar hat bei mir als Lesemonat irgendwie nicht gut funktioniert, und so muss ich für den "Gelesen"-Beitrag glatt auf den Dezember zurückgreifen. Claire Norths The Pursuit of William Abbey hatte ich bereits in meinen Jahrescharts erwähnt. North sucht sich für ihre Bücher ja stets als Mittelpunkt Menschen mit außergewöhnlichen (Phantasie-)Eigenschaften, und in diesem Fall ist alles ziemlich unschön: Die Titelfigur William Abbey reist als englischer Arzt ins kolonialisierte Afrika des späten 19. Jahrhunderts, wo die eigentlichen Einwohner nicht viel zu sagen haben. Er sieht tatenlos dabei zu, als ein afrikanischer Junge wegen einer Nichtigkeit gelyncht wird und wird von dessen Mutter daraufhin mit einem Fluch belegt. Was es damit auf sich hat, erkennt er erst nach und nach: Ihm folgt überallhin der "Schatten" des ermordeten Jungen, und in dessen Nähe bekommt er nach und nach die Fähigkeit, die Gedanken der ihn umgebenden Menschen zu lesen und bekommt mit fortschreitender Zeit auch den Zwang, diese auszusprechen. Erreicht der Schatten William, stirbt eine Person, die er liebt. Die einzige Möglichkeit, diesem Schicksal zu entfliehen, besteht darin, nie lange an einem Ort zu bleiben.

Diese Art des Fluchs ist dem britischen Geheimdienst bekannt, und er nimmt William mit Freuden in seine Dienste auf, schickt ihn an Orte, wo er Gedanken ausspionieren kann und entfernt ihn, bevor der Schatten zu nahe kommt. Letztlich wird William damit zum Sklaven Englands, und er beginnt schon bald, aus Gründen der Moral Erkenntnisse zu unterschlagen oder zu verdrehen. 

Erzählt wird das Ganze im Rückblick, denn in der Gegenwart des Romans, der Zeit des Ersten Weltkriegs,  erzählt Abbey seine Geschichte einer Frontkrankenschwester in Frankreich - ohne, dass sie oder die Leser zunächst wissen, was ihn ausgerechnet an diesen Ort getrieben hat.

Viel an der Geschichte ist furchtbar - der Lynchmord, das Verhalten der Kolonialherren, das Verhalten der Geheimdienste und natürlich auch die Beschreibungen der schwer verwundeten Soldaten an der Front. Tatsächlich scheint die Handlung mit einer ziemlichen Wut auf zumindest das historische British Empire geschrieben worden zu sein. Ich fand den Roman dennoch phantasievoll und spannend, aber gleichzeitig stellenweise auch sehr deprimierend.

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