Im Januar entfloh ich dem regnerischen Winterwetter, der jahreszeittypischen Dunkelheit und den stetig steigenden Corona-Inzidenzen mit einer Reise nach Hawaii - noch dazu in einer Ferienanlage für Superreiche.

Klingt gut? Ist es nur bedingt. Die Miniserie The White Lotus, die in eben jenem Resort spielt, sorgt sehr umsichtig dafür, dass man die Protagonisten kaum beneiden kann, und selbst die Hawaii-Sehnsucht versaut sie einem, weil alle Außenszenen einen seltsam trüben Filter haben. Wir sind schließlich nicht beim Traumschiff.

Allerdings ist der Aufbau ähnlich zum deutschen Eskapismus-Klassiker, denn die Serie zeigt zum einen die Bediensteten der Anlage - vor allem den Geschäftsführer Armond und die Spa-Leiterin Belinda - und zum anderen die separaten, aber manchmal auch verwobenen Geschichten der Urlauber. Das wären etwa die Hochzeitsreisenden Shane und Rachel, die durch ein Versehen nicht die eigentlich für sie gebuchte Suite bekommen haben, und die unter anderem im Umgang mit diesem Missgeschick erkennen müssen, dass sie vielleicht gar nicht zueinander passen. Oder die Familie Mossbacher - Vater, Mutter, Sohn, Tochter und Freundin der Tochter - bei denen im Urlaub die vorher bereits vorhandenen Probleme - die Mutter sieht sich als Hauptversorgerin, der wenig Dankbarkeit gezeigt wird, der Vater fühlt sich überflüssig, die Tochter will sich politisch abgrenzen, aber dennoch die Vorteile ihrer gesellschaftlichen Stellung genießen und der Sohn fühlt sich unbeachtet und ausgegrenzt - auf Hawaii zu endlosen Konflikten führen. Oder die psychisch labile Tanya, die Hawaii besucht hat, um die Asche ihrer Mutter zu verstreuen, und dabei viel Beistand von Belinda erhält.

Richtig sympathisch ist fast niemand unter den Protagonisten, selbst der unter den Mätzchen seiner Gäste leidende Armand trägt durch diverse schlechte Entscheidungen immer wieder selbst dazu bei, dass Situationen eskalieren und ihm weitere Probleme bereiten.

Ein weiteres Spannungselement der Serie ist, dass die Zuschauer von Anfang an wissen, dass einer der Akteure die Ferienwoche nicht überleben wird - die Handlung wird nämlich als eine einzige lange Rückblende erzählt, deren Ende in diesem Punkt feststeht. Aber wer könnte warum zu Tode gekommen sein?

Wikipedia nennt The White Lotus ein satirisches Comedy-Drama, ich hätte die Serie eher als Tragikomödie mit zahlreichen Fremdschäm-Momenten klassifiziert. Und nach dem Ansehen ist man dann durchaus zufrieden mit dem Umstand, sich nicht unter Superreichen auf Hawaii tummeln zu müssen...